07/02/25 bis 21/02/25
Das Sehnsuchtskino des Wong Kar Wai
Wabernde Farben, sehnsüchtige Musik, zwielichtige Gestalten und herzzerreißender Liebeskummer: Die Filme von Wong Kar Wai entwickeln eine magische Sogwirkung und lassen den Zuschauer in einen emotionalen Taumel geraten – alles vor dem Hintergrund der bunten, wilden Großstadt Hongkongs.
Wong Kar Wai wurde 1956 in Shanghai geboren. Die Familie zog nach Hongkong, als er fünf Jahre alt war. Er studierte bis 1980 Grafikdesign am Hong Kong Polytechnic, danach arbeitete er zwei Jahre lang als Produktionsassistent beim Fernsehen. Seit 1988 hat Wong bei zehn Spielfilmen Regie geführt und zahlreiche Preise gewonnen. Das KoKi zeigt passend zum Valentinstag eine komplette Werkschau des Kult-Autorenfilmers von As Tears Go By (1988) bis The Grandmaster (2013).
In seinem Regiedebüt As Tears Go By (1988) versetzt Wong Kar-Wai eine sinnliche Liebesgeschichte mit Motiven des Heroic Bloodshed, das die Hongkong-Filmindustrie Mitte der 1980er Jahre florieren ließ. Eine weitere Inspiration für diesen Kriminalfilm ist Martin Scorseses Mean Streets (1973).
Mit Days Of Being Wild (1990) startet Wong Kar Wais Sehnsuchts-Trilogie über Liebe im Hongkong der 60er Jahre, die mit In the Mood for Love (2000) und 2046 (2004) weitergeführt wurde. Der Film markiert den Beginn der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Kameramann Christopher Doyle – zusammen schufen die beiden die für Wong Kar Wais Filme typische Ästhetik der schwebenden, hypnotischen Bildkomposition.
Zwei Zufalls-Liebesgeschichten, unterlegt mit westlicher und östlicher Musik, mit Anklängen an Godard, Oshima, Cassavetes - das ist Chungking Express (1994). Der Film fand seinen Weg in den Westen durch Quentin Tarantino, der von dem Werk begeistert war und ihn durch seine Firma Rolling Thunder Pictures in die amerikanischen Filmtheater brachte.
Ashes Of Time (1994/2008) ist Wong Kar Wais erster Ausflug ins Martial-Arts-Genre, genauer gesagt handelt es sich um einen Wuxia-Film. Der Film wurde 1994 gedreht und kam auch damals in die Kinos. Im Frühjahr 2008 stellte Wong Kar-Wai eine „Redux“-Version des Films vor – neu geschnitten und mit einem komplett neuen Soundtrack versehen. Premiere war im Mai 2008 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Das KoKi zeigt die Redux-Version des Films in seiner Filmreihe.
Fallen Angels (1995) erzählt von einer Reihe einsamer Menschen in der Hongkonger Nacht - ein bahnbrechendes, fulminantes Großstadtmärchen mit melancholischen Killern, Kleinkriminellen, Prostituierten und Agenten.
Ein Paar aus Hongkong wandert nach Argentinien aus, in der Hoffnung seine Beziehung zu retten. Happy Together (1997) ist ein ironischer Titel für ein herzzerreißendes Trennungsdrama einer toxischen Liebe zwischen Hongkong und Tango. Für diesen Film wurde Wong Kar Wai für die Goldene Palme nominiert.
Der formvollendete zweite Teil der Sehnsuchts-Trilogie, In The Mood For Love (2000), ist Wong Kar Wais wohl bekanntester Film und laut BBC Kritikerumfrage auf Platz 2 der 100 besten Filme des 21. Jahrhunderts. In Cannes gab es Preise für den Besten Hauptdarsteller und die Kameraarbeit von Christopher Doyle. Schauspielerin Maggie Cheung trägt in fast jeder Szene ein anderes Kleid (Qipao) – allein zehn verschiedene in den ersten zehn Filmminuten. Am 17.02. um 19:30 Uhr ist Bettina Grieß vom Leibniz-Konfuzius-Institut Hannover zu Gast und gibt eine Einführung zu dieser spezifischen chinesischen Mode.
2046 (2004) spielt mit den Zeitebenen und wandert zwischen den 60er Jahren und dem Jahr 2046. Der Film knüpft, auch wenn er keine direkte Fortsetzung darstellt, von der Handlung her stark an Wong Kar Wais vorangegangenen Film In The Mood For Love (2000) an, aus dem auch Szenen im 2046 (2004) verwendet werden. Er bezieht sich zudem auf Motive seines Films Days of Being Wild (1990).
Der einzige englischsprachige Film Wong Kar Wais ist My Blueberry Nights (2007), den der Regisseur selbst als „die Geschichte einer Frau, die den langen Weg anstelle des kurzen nimmt, um den Mann zu finden, den sie liebt“, beschreibt. Norah Jones, Jude Law, Natalie Portman und Rachel Weisz leiden an der Liebe inmitten Wong Kar Wais grandioser Filmästhetik.
The Grandmaster (2013) eröffnete 2013 die Berlinale und lief dort außer Konkurrenz, da Wong Kar Wai der Jurypräsident des Festivals war. Sein bisher letzter Film ist wieder ein Martial-Arts-Spaktakel und erzählt die wahre Geschichte des Kampfkünstlers Ip Man, der als Mentor von Bruce Lee gilt.
Seither hat Wong Kar Wai keinen Kinofilm gedreht, sondern hat sich einer neuen Erzählform zugewandt: Seit 2023 läuft seine Serie Blossoms Shanghai (2023-2024), die Geschichte eines Selfmade-Millionärs im Shanghai der 1990er Jahre.