Naturschutz und Freizeit

Aktionsprogramm Deister

Gemeinsame Lösungen für Naturschutz, Sport, Forstwirtschaft und Co.. Mit dem Aktionsprogramm Deister 2024/2025 entwickelt die Region Hannover gemeinsam mit lokalen Akteur*innen langfristige Lösungen. Auf dieser Seite informieren wir über den aktuellen Stand.

Der Deister

Der Deister ist mehr als Höhenzug und Waldgebiet: Er ist Lebensraum für zahlreiche, teils bedrohte Tier- und Pflanzenarten, ein unverzichtbarer Wasserspeicher und ein natürlicher Klimaregulator. Der gesamte Höhenzug ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Auf der Südseite liegen zwei Naturschutzgebiete, eins davon hat als FFH-Gebiet eine herausragende Bedeutung. Doch seine Bedeutung reicht darüber hinaus – als „Hausberg“ der Region Hannover ist der Deister ein beliebtes Ziel zum Wandern, Spazierengehen, Radfahren und Reiten.

Diese intensive Nutzung bringt Herausforderungen mit sich. Unterschiedliche Interessen treffen auf sensible Ökosysteme und komplexe Eigentumsverhältnisse. Besonders das Mountainbiking steht im Fokus: Die steigende Popularität des Sports bei gleichzeitig begrenztem legalem Angebot führt dazu, dass immer mehr illegale Strecken entstehen – oft mit erheblichen Schäden für Flora und Fauna.

Mit dem Aktionsprogramm Deister 2024/2025 entwickelt die Region Hannover gemeinsam mit lokalen Akteur*innen langfristige Lösungen. Auf dieser Seite informieren wir über den aktuellen Stand.

Illegales Mountainbiking im Deister und die Auswirkungen

 

Illegaler Mountainbike-Trail im Deister

Bereits seit Anfang der 2010er-Jahre gibt es im Deister Probleme mit illegalen Strecken im Wald. Solche Trails verlaufen derzeit auch in Bereichen, die als Wildruhezonen oder besonders geschützte Biotope dem Schutz von Tieren und Lebensräumen dienen. Besonders die im Deister vorkommenden, störungsempfindliche Arten wie das Rotwild, die Wildkatze oder der Schwarzstorch sind durch die voranschreitende Zerschneidung betroffen und es gibt zunehmend weniger störungsfreie Rückzugsorte. Weiterhin werden Pflanzen und Biotope durch das Befahren zerstört oder geschädigt, wie beispielsweise bodennahe Wurzelbereiche. Durch das verbotene Bauen von Hindernissen, was nach LSG-Verordnung verboten ist, wird die Bodengestalt verändert und es kommt teilweise zu Erosionsgeschehen.

Pilotvorhaben „Mountainbiking im Deister“

Zwischen 2013 und 2014 wurde in Zusammenarbeit der Niedersächsischen Landesforsten, dem Deisterfreun.de e. V. und der Region Hannover drei Pilot-Mountainbikestrecken im Deister entwickelt. Die Flächen befinden sich innerhalb des Landschaftsschutzgebiets H 23. Für die Anlage von Hindernissen, musste eine Befreiung von den Verboten der Schutzgebietsverordnung (s.o.) durch die untere Naturschutzbehörde erteilt werden. Diese gilt lediglich temporär und muss jährlich verlängert werden. Ziel des Piloten ist es, illegale Mountainbikeaktivitäten zu lenken und zu kanalisieren.

Weitere Informationen und eine Karte der Pilotstrecken finden Sie in unserem Flyer: 

Bis heute haben der Pilotversuch und verschiedene Initiativen der Region für mehr Aufklärung und Kontrolle vor Ort nicht den erwünschten Effekt erzielt: Es werden immer mehr nicht genehmigte Strecken im Deister festgestellt. So sind in Outdoor-Apps um die 80 Strecken verzeichnet, die jenseits von den tatsächlich öffentlichen Wegen im Deister verlaufen. 

 

Aktionsprogramm Deister

Um vor Ort eine merkliche Verbesserung zu schaffen, ist eine Gesamtlösung mit Kompromissen auf allen Seiten erforderlich. Daran arbeitet die Region Hannover im Rahmen des Aktionsprogramms Deister. Es umfasst viele unterschiedliche Bausteine, die nur in ihrer Gesamtheit zu einem Ausweg aus der kontroversen Situation führen kann. In den Prozess sind verschiedene Akteure aus den unterschiedlichen Bereichen eingebunden – gemeinsam wurden sieben Arbeitsgruppen (AG) und Projekte gegründet:

1. Arbeitsgruppe Zonierungskonzept
Die Zonierung des Deisters bildet das Herzstück des Aktionsprogramms. Ziel ist es, besonders sensible Bereiche besser zu schützen und gleichzeitig Gebiete für naturverträgliche Erholungsangebote zu öffnen. In diesen Bereichen sollen als zusätzliches Angebot naturbelassene Singletrail-Mountainbikestrecken entlang bestehender Wege angelegt werden. Geplant sind zum Start einige Kilometer Singletrail-Strecke auf Flächen der Niedersächsischen Landesforsten. Später soll das Angebot schrittweise ausgebaut werden.

2. Arbeitsgruppe Realisierungsstudie Trailpark
Ein Trailpark außerhalb der Schutzgebiete soll ein abenteuerorientiertes Angebot schaffen, das die bestehenden Downhill-Trails, deren Genehmigung ausläuft, ablösen könnte. Aktuell wird geprüft, welche Standorte dafür geeignet sein könnten. 

Da sowohl der Aufbau des Singletrail-Netzes als auch die Fertigstellung eines Trailparks bis Ende nächsten Jahres nicht abgeschlossen sein werden, zieht die Region Hannover die Möglichkeit in Betracht, die Genehmigung der bestehenden Downhill-Trails für eine Übergangsphase letztmalig befristet zu verlängern.

3. Arbeitsgruppe Organisationsform
Die letzte AG befasst sich mit der überregionalen Zusammenarbeit. Neben der Optimierung bestehender Strukturen wird geprüft, ob die Ausweisung eines Naturparks eine langfristige Perspektive bieten kann. Ein umfassendes Meinungsbild dazu soll bis Mitte 2025 vorliegen.

4. Arbeitsgruppe Kodex
Die AG Kodex entwickelt eine freiwillige Selbstverpflichtung für den Deister, die ein gemeinsames Wertefundament für alle Nutzer*innen schaffen soll. Der Entwurf ist fertiggestellt, und die Unterzeichnung durch Kommunen, Vereine und Verbände ist für das kommende Jahr geplant. 

5. Arbeitsgruppe Besucherlenkungskonzept
Ein neues Konzept für Wander- und Radinfrastruktur soll helfen, Konflikte zu reduzieren. Die Ausschreibung läuft und wird auf den Ergebnissen des Zonierungskonzepts basieren.

6. Arbeitsgruppe Digitalisierung
Die AG Digitalisierung entwickelt ein Konzept zur Steuerung von Outdoor-Aktivitäten über digitale Dienste. Ziel ist es, legale Angebote besser sichtbar zu machen, illegale Strecken zu melden und Besucher*innenströme damit nachhaltig zu steuern.

7. Arbeitsgruppe Aufklärung und Prävention
Im Deister sind die Kommunen rechtlich für die Umsetzung des Ordnungsrechts zuständig. Gemeinsam mit ihnen will die Region ein Konzept für regelmäßige Aufklärungs- und Kontrollaktionen entwickeln. Weiterhin sollen Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaterialien entwickelt und verbreitet werden. 

Diese Bausteine greifen ineinander, um die verschiedenen Interessen im Deister auszubalancieren und eine nachhaltige Zukunft für den Höhenzug zu sichern.

Bei der weiteren Arbeit sollen alle Interessierten mitgenommen werden und die Region Hannover freut sich über Unterstützung. Ihr Interesse können Sie uns per Mail mitteilen: naturschutz@region-hannover.de  

Hintergrund: rechtliche Rahmenbedingungen

Den rechtlichen Rahmen im Deister setzen das Niedersächsische Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) sowie innerhalb der Region Hannover die Landschaftsschutzgebietsverordnungen LSG-H 23 „Norddeister“ und LSG-H 30 „Süddeister“. An diese Vorgaben ist auch die Region Hannover bei der Suche nach Lösungen gebunden.

Das Mountainbiken im Wald des Deisters regeln vor allem folgende Paragraphen:

  • § 25 NWaldLG – Fahren
    (1)    Das Fahren mit Fahrrädern ohne Motorkraft und mit Krankenfahrstühlen mit Motorkraft ist auf tatsächlich öffentlichen Wegen gestattet. Tatsächlich öffentliche Wege sind private Straßen und Wege, die mit Zustimmung oder Duldung der Grundeigentümerin, des Grundeigentümers oder der sonstigen berechtigten Person tatsächlich für den öffentlichen Verkehr genutzt werden; dazu gehören Wanderwege, Radwege, Fahrwege (Absatz 2 Satz 2), Reitwege und Freizeitwege (§ 37).
  • § 3 LSG-H 23 – Verbote
    (1) Im Landschaftsschutzgebiet sind Handlungen – mit Ausnahme der in den §§ 4 und 5 aufgeführten – verboten, die den Charakter des geschützten Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, insbesondere das Landschaftsbild oder den Naturgenuss beeinträchtigen.
    (2) Insbesondere ist verboten:
    (…)
    5) die Oberflächengestalt zu verändern, insbesondere durch a) Aufschüttungen, Abgrabungen, Ablagerungen, b) das Beseitigen von Senken, c) das Einbringen von Stoffen aller Art, d) Sprengungen oder Bohrungen;
  • § 4 LSG-H 30 – Erlaubnis
    (1)    In dem Landschaftsschutzgebiet bedürfen der vorherigen Erlaubnis der Landkreis Schaumburg oder Hameln-Pyrmont oder des Verbandes Großraum Hannover in Hannover als der jeweils zuständigen unteren Naturschutzbehörde:
    (…)
    h) die Entnahme von Bodenbestandteilen, das Aufschütten oder Einbringen von Stoffen aller Art oder sonstige Veränderungen der Bodengestalt, z. B. die Anlage von Steinbrüchen, Kies-, Sand- oder Lehmgruben, sowie von Fischteichen.