Erinnerungsort

Bücherverbrennung im Mai 1933 in Hannover

Bücherverbrennung im Mai 1933 in Hannover. Erkennbar haben Vertreter verschiedener studentischer Verbindungen mit ihren Fahnen (links oben) Aufstellung um den brennenden Scheiterhaufen für die Bücher genommen. Abgedruckt in "Die Weltschau" vom 21.05.1933, S. 2.

Die Bücherverbrennungen in deutschen Städten waren eine Station im Prozess der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933. In Hannover erinnert daran eine Gedenktafel am Maschsee.

Aufruf zur Bücherverbrennung in Hannover in einem Plakat vom April 1933. Abgedruckt in: Peter Schulze: Juden in Hannover. Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Minderheit, Hannover 1989, S. 52.

Die Freiheit des Wortes, der Kunst und der Presse wurden auf dem Weg zur Diktatur in Deutschland zerstört. Die Spitzenvertreter der deutschen Literatur emigrierten ins Ausland. Wer das Land nicht verlassen konnte, musste zwangsläufig Unterdrückung und Schreibverbot erdulden.

Bücherverbrennungen im Deutschen Reich

Am 30. Januar 1933 hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler einer konservativ-nationalsozialistischen Koalitionsregierung ernannt. In den folgenden Monaten nutzten Hitler und die NSDAP die Schwäche ihrer bürgerlichen und monarchistischen Koalitionspartner, um ihre Macht brutal auszuweiten. Im Laufe des Jahres waren die Parteien, die die Weimarer Demokratie begründet hatten, verboten. Nach den Märzwahlen 1933 und nach der Einrichtung der ersten Konzentrationslager schien den neuen Machthabern die Zeit gekommen für einen breit angelegten Schlag gegen die Freiheit des Geistes.

Die "Deutsche Studentenschaft" (DSt) vereint mit dem "Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund" (NSDStB) trieben die "Aktion" Bücherverbrennung voran. Erst spät schloss sich das neu geschaffene Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (Goebbels) an. Der "Höhepunkt" war am 10. Mai 1933: In Berlin und anderen deutschen Hochschulstädten wurden öffentlich "undeutsche" Schriften, d.h. Werke marxistischer, jüdischer, liberaler und pazifistischer Literaten und Dichter, verbrannt.

Bücherverbrennung in Hannover

Auch in der Hochschulstadt Hannover organisierten Studenten der Technischen und der Tierärztlichen Hochschule eine Bücherverbrennung am 10. Mai 1933: Die Vorbereitungen in Hannover traf ein dreiköpfiger "Kampfausschuss (…) zur Bekämpfung von Schmutz und Schund". Als Vertreter der NSDAP gehörte ihm der Dozent Viktor C. Habicht von der Technischen Hochschule an. Der Vorsitzende Hansen vertrat die Studentenschaft der Tierärztlichen Hochschule, er war gleichzeitig Führer des NSDStB an der TiHo. Der Privatdozent Dr. Doenecke von der Tierärztlichen Hochschule war als Vertreter des Kampfbundes für Deutsche Kultur im Kampfausschuss. Er verbreitete die antisemitischen "12 Thesen wider den undeutschen Geist".

Sogenannte "Stoßtrupps" durchsuchten vom 26. April bis 10. Mai 1933 in "Sammelaktionen" private und öffentliche Buchbestände nach den missliebigen Büchern und brachten ihre Beute zu Sammelstellen. Die für die Vernichtung gesammelten Bücher wurden in einem demonstrativen Marsch von der TH über die Georgstraße durch die Innenstadt und die Hildesheimerstraße zum Bismarckdenkmal in der Aegidienmasch transportiert. Hier nahmen die beteiligten Organisationen im Kreis um den Scheiterhaufen Aufstellung und warfen namhafte Werke der Weltliteratur begleitet von sogenannten Feuersprüchen in die Flammen. Zu den aus Hannover stammenden verfolgten Künstlern gehörten unter anderem auch Theodor Lessing und Karl Jakob Hirsch.

Der 1904 auf studentische Initiative errichtete Bismarckturm auf dem angeschütteten Hügel in der Aegidienmasch. Im Vordergrund die Papageienbrücke über der Leine, im Hintergrund die Silhouette der 1911 eingeweihten Bismarckschule. Ernst Walther, Kunstverlag, Hannover. Ansichtskarte um 1912 aus der Sammlung von Rainer Hoffschildt.

Gedenken

Im Zuge der Anlegung des Maschsees von 1934 bis 1936 wurde der Bismarckturm abgetragen und nach Kriegsende nicht wieder aufgebaut. Die abgetragenen Steine gingen verloren. Der Ort der Bücherverbrennung liegt seit 1936 unterhalb der Wasseroberfläche des Maschsees, auf der Höhe der heutigen Papageienbrücke.

Gedenkplatte an die Bücherverbrennung 1933 in Hannover. Verlegt 2013 an der Geibelbastion am Maschsee.

An die Bücherverbrennung 1933 erinnert seit dem Jahr 2013 eine in den Boden eingelassene Gedenktafel an der Geibelbastion am Maschsee mit dem berühmten Zitat von Heinrich Heine:
Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen."
Ergänzend sind in unmittelbarer Nähe zwei Informationstafeln zur Bücherverbrennung (2013) und zum Bismarckturm (2014) aufgestellt worden. Jährlich wird hier am 10. Mai öffentlich der Bücherverbrennung gedacht.