Erinnerungsort

Hanomag

Die 1871 gegründete „Hannoversche Maschinenbau AG“ (Hanomag) zählt zu den bedeutendsten Unternehmen in der Geschichte der Stadt Hannover.

Zum „Tag der Arbeit“ am 1. Mai mit dem propagandistisch geschmückte Fassade des HANOMAG-Gebäudes am Deisterplatz. Hanomag-Werkszeitung vom 11. Mai 1939

Auf ihrem Werksgelände in Linden-Süd  produzierte die Hanomag anfangs Eisenbahnlokomotiven, später dann Landmaschinen und Personenkraftwagen. Für den Zweiten Weltkrieg stellte die Hanomag ab 1934 verschiedenste Rüstungsgüter wie beispielsweise Feldhaubitzen, Flugabwehrgeschütze, Granaten oder Teile für Kettenfahrzeuge
und andere Militärtechnik her. Als Ersatz für die zur Wehrmacht eingezogenen Arbeitskräfte und für die Steigerung der Produktion setzte die Hanomag wie viele hannoversche Betriebe, vor allem aus der Rüstungsindustrie, ab 1939 aus den besetzten Gebieten nach Hannover verschleppte Menschen zur Zwangsarbeit ein.  Im Jahr 1944 arbeiteten über 13.000 Menschen täglich in der Hanomag. Fast die Hälfte machten die etwa 5.000 Zwangsarbeitenden und mehrere hundert Kriegsgefangene aus. Die größte Gruppe unter ihnen bildeten die sogenannten „Ostarbeiter“, Frauen und Männer aus der damaligen Sowjetunion.

Die Zwangsarbeitenden der Hanomag lebten im Stadtgebiet und der Region verteilt auf zahlreiche Lager u.a. im Bornumer Holz, in Mühlenberg, in der Beethovenstraße 5 (Humboldtschule), im Schlorumpfskoppelweg (heute Mercedesstraße) oder der Blumenauer Straße. Einige Lager wurden in Verantwortung der Hanomag betrieben, andere gehörten u.a. zu sogenannten „Gemeinschaftslagern“. Diese finanzierte und organisierte die „Lagergemeinschaft Hannover e.V.“, ein Zusammenschluss hannoverscher Rüstungsbetriebe wie Hanomag oder Continental. Das Leben in den bewachten Zwangsarbeitslagern war geprägt von mangelhafter Versorgung und Hygiene, Krankheiten und willkürlicher Gewalt, insbesondere für „Ostarbeiter“. In der Fabrik wurden Zwangsarbeitende primär für körperlich schwere und gefährliche Arbeiten und Hilfstätigkeiten, einige aber auch als Facharbeitende eingesetzt. Ihre Arbeitszeit von regulär zwölf Stunden verlängerte der Betrieb oftmals willkürlich. Meist führten deutsche Arbeiter die Aufsicht in den
Werkshallen und bestraften „Vergehen“ mit Überstunden oder Prügel.

Luftbild des Zwangsarbeitslagers Mühlenberg, 9. April 1945: Die nördliche Barackenreihe im Lager bildete das Gelände des KZ Mühlenberg.

Besonders schlimmen Lebens- und Arbeitsbedingungen waren rund 500 jüdische KZ-Häftlinge ausgesetzt, die ab Februar 1945 unter Bewachung der SS zur Arbeit in einigen Werkshallen der Hanomag gezwungen wurden.  Sie waren aus dem KZ Auschwitz in in das KZ Mühlenberg in Hannover gebracht worden, das aus den ehemaligen Baracken italienischer Zwangsarbeiter im nördlichen Teil des „Gemeinschaftslagers Mühlenberg“ der Hamelner Chaussee 1 bestand. Täglich mussten die KZ-Häftlinge unter Bewachung vom Lager in die knapp 3 km entfernten Werkhallen der Hanomag marschieren. In den teils zerstörten, wahrscheinlich von Rheinmetall-Borsig teilweise angemieteten Hallen 4 („U-Boot-Halle“) und 5 mussten sie ohne Schutz vor Kälte und Regen in 12-Stunden-Schichten Flak-Geschütze bauen. Das KZ Mühlenberg wurde am 6. April 1945 geräumt. Ihre Bewacher trieben die Häftlinge auf einen „Todesmarsch“ nach Bergen-Belsen, wo sie am 8. April ankamen. An das KZ Mühlenberg und das Schicksal der Häftlinge erinnert heute eine Gedenktafel am Mühlenberger Markt.

Karl Nasemann (1908–2000), Foto von 1935

Einer der Arbeiter der Hanomag, der es sich traute, dem Rassismus und der Gewalt der Nationalsozialisten Empathie und Mitmenschlichkeit entgegenzusetzen und aktiv Widerstand zu leisten, war Karl Nasemann (1908–2000). Gemeinsam mit einigen Kolleg*innen und kümmerte sich Karl Nasemann trotz Verbots um Zwangsarbeitende und KZ-Häftlinge und half ihnen mit Wasser und Nahrungsmitteln. Heute erinnert ein Weg im Stadtteil Ricklingen an den „stillen Helden“ Karl Nasemann.

Nähere Informationen zur Geschichte der Zwangsarbeit bei der Hanomag finden Sie auf einer städtischen Informationstafel vor der ehemaligen "U-Boot-Halle" der Hanomag in der Elfriede-Paul-Allee, Ecke Göttinger Straße. Weitere Informationstafeln sind in Planung.