Zum 100jährigen Firmenjubiläum der Eisenwarengroßhandlung von Oskar Winter und Wilhelm Meier am 7. Juni 1896 ließen diese den prunkvollen Brunnen in der Altstadt von Hannover errichten. Er sollte für ihr Geschäft am Holzmarkt werben. Von Hannoveranern wird das reich verzierte Wasserspiel auf dem begehbaren Granitsockel vor dem Leibnizhaus einfach nur "Wunschbrunnen" genannt: in das schmiedeeiserne Gitter rund um das massive Natursteinbecken ist ein großer Ring eingearbeitet, der angeblich jeden Wunsch in Erfüllung gehen lässt, wenn man ihn dreht.
Ein Brunnen als Werbung fürs Geschäft
Es ist dem Geschäftssinn von Oskar Winter zu verdanken, dass die Altstadt von Hannover sich heute mit einem der schönsten und meist fotografierten Brunnen in der niedersächsischen Landeshauptstadt zieren kann. Der kluge Kaufmann wollte zum 100jährigen Bestehen der Eisenwarengroßhandlung, die er zusammen mit Wilhelm Meier betrieb, einen Brunnen stiften. Das Wasserspiel direkt vor dem Geschäft am Holzmarkt sollte für die eigene Firma werben – und ganz nebenbei ihm selbst auch ein kleines Denkmal setzen. Also ließ Oskar Winter 1895 einen Wettbewerb ausschreiben für den Entwurf des Brunnens. 35 Arbeiten wurden daraufhin eingereicht und in einer Ausstellung im Kestner-Museum präsentiert.
Der zum Sieger gekürte Entwurf wurde als eine Gemeinschaftsarbeit von mehreren Künstlern realisiert: der Bau der Brunnenanlage wurde nach den Plänen des hannoverschen Architekten Otto Lüer ausgeführt, die kupfernen Brunnenschalen fertigten G. Wilhelm und W. Lind an, kleinere Zierstücke kamen aus der Werkstatt von Conrad Geschwind, die Schmiedearbeiten hat H. W. Wittenberg ausgeführt (ohne das Gitter auf dem Brunnenbecken, das erst 1914 hinzugefügt wurde). Besonderen Wert schien Oskar Winter auf die Brunnenfigur gelegt zu haben: sie stammt vom hannoverschen Bildhauer Karl Gundelach und portraitierte ursprünglich den edlen Stifter als einen etwas älteren Schmied mit Bart und Hermesstab als Symbol für Handel und Wirtschaft.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Bart ab
1941 wurde die Bronzefigur abgebaut und musste im Rahmen der „Materialsammlungen“ zur Produktion von Nachschubgütern für die Wehrmacht nach Hamburg verschickt werden. Anders als der „Nachtwächter“ vom Brunnen auf dem Lindener Marktplatz oder der „Sämann“ auf dem Duve-Brunnen am Leibnizufer wurde der kleine Altstadt-Schmied bedauerlicherweise eingeschmolzen. Der Verlust des Originals wurde nach einem kleineren Modell, das noch in Besitz der Tochter von Karl Gundelach war, wieder wett gemacht: 1954 fertigte der Bildhauer Friedrich Adolf Sötebier im Auftrag der Stadt Hannover einen neuen Schmied an – allerdings ohne Bart und mit deutlich jüngeren Gesichtszügen als sein Vorgänger.
Bereits wenige Jahre nach der Einweihung 1896 und auch zu Beginn des Ersten Weltkrieges hatte es ebenfalls einige Veränderungen an der Brunnenanlage gegeben: als der damals noch ebenerdige Zierbrunnen 1899 bei einem Unfall mit einem Pferdefuhrwerk stark beschädigt wurde, bekam er ein Fundament aus Granit mit Treppenstufen an beiden Seiten, 1914 wurden die reich verzierten, schmiedeeisernen Gitter auf dem sechskantigen Sockel zum Schutz der empfindlichen Wasserbecken aus Kupfer installiert.
Vier Wochen im Jahr steht der Wunschbrunnen im Wald
Jedes Jahr zur Weihnachtszeit wird der Oskar-Winterbrunnen zu einer ganz besonderen Attraktion auf dem traditionellen Weihnachtsmarkt in der Altstadt von Hannover. Für vier Wochen verwandelt sich der Holzmarkt vor dem Leibnizhaus in den 400 Quadratmeter großen „Wunschbrunnenwald”: inmitten von 50 hochgewachsenen Tannenbäumen treffen sich dann gern Verliebte, Freunde und Familien, um an den kleinen Holzhütten ein Glas Apfel-Zimt-Punsch zu warmem Gebäck zu genießen, Duftkerzen oder weihnachtlichen Baumschmuck zu kaufen und mit einem Dreh am Brunnen-Ring noch ein paar Wünsche ans Christkind zu schicken. Wegen der Corona-Pandemie mussten die Hannoveraner 2020 und 2021 jedoch auf den Wunschbrunnenwald verzichten.