Die prachtvolle Gartenanlage der hannoverschen Adelsfamilie von Alten erstreckte sich einst vom heutigen Lindener Markt im Norden bis zum Deisterkreisel im Süden und war damit um Einiges größer als der Große Garten von Herrenhausen. Über die Jahrhunderte wurde sie erweitert, mehrfach umgebaut, wieder verkleinert und schließlich geteilt. An eine von Menschen und der Natur geschaffene Pracht, die für immer verloren ging, erinnert noch heute ein standfester Zeuge aus der Vergangenheit – oft unbemerkt und auch ein wenig geheimnisvoll.
Ein steinernes Stück Geschichte von 1718
Auf einer Wiese am Westschnellweg in Höhe des Deisterkreisels stehen scheinbar einfach so zwei längere und ganz offensichtlich ältere Wände aus groben Steinen, eine davon mit einem kleinen Tor darin. Diese vier Meter hohen und mit schützendem Drahtgitter verkleideten Steinwände sind die einzig verbliebenen Teilstücke der Mauer, die ein gewisser Ernst August 1718 (nicht verwandt mit dem späteren König von Hannover Ernst August I.) um seinen Garten errichten ließ. Er war der Sohn von Franz-Ernst von Platen, seinerzeit Hofmarschall (also der oberste Verwaltungsbeamte) im Königreich Hannover und benötigte für einen Sitz im Landtag ein Rittergut. Das fand er in jenem Garten, den er 1688 von der Adelsfamilie von Alten gepachtet hatte. Tatsächlich war der Garten von beträchtlicher Größe: Das damals noch rund 56 Hektar große Stück Land war seit dem 13. Jahrhundert im Besitz der Familie von Alten. Nach seiner Ernennung zum Reichsgrafen und Premierminister ließ Franz-Ernst von Platen sein neues Pachtstück erweitern und in einen französischen Barockgarten umbauen, mit Lustschloss, Orangerie, Teichen und Wasserbassins mit Fontänen, Heckenbosketts, Obstwiesen und sogar einem Tiergarten – ganz nach dem Vorbild der nicht weit entfernten Herrenhäuser Gärten, nur größer.
Und wie geht die Geschichte weiter?
Reichsgraf Franz-Ernst von Platen verstirbt 1709, sein Sohn Ernst August erbt die Pacht am nun parkähnlichen Garten, den er wie schon erwähnt neun Jahre später mit einer vier Meter hohen Mauer umgeben lässt. 1728 war laut Vertrag die Rückgabe des Gartens an die Familie von Alten vereinbart. Nach jahrzehntelangen Rechtsstreitigkeiten kauft Carl von Alten 1816 die Gartenanlage wieder zurück. 1845 zieht Victor von Alten in das ehemalige Lustschloss, lässt die barocken Elemente der wieder im Familienbesitz befindlichen Gartenanlage im Stil eines englischen Landschaftsgartens umwandeln und an der Schlossterrasse eine Grotte anlegen.
Am Ende kommt alles anders
Neben vielen kleineren Veränderungen in den folgenden Jahrzehnten (wie etwa die Verbreiterung der Posthornstraße zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Abholzung der Lindenallee vom Schloss zum heutigen Deisterplatz 1925 und die Zerstörung des Barockschlosses bei einem Luftangriff im April 1945) hat besonders der Westschnellweg den Von-Alten-Garten stark geprägt und einen Teil davon unwiederbringlich verschwinden lassen. Der Ankauf eines mehrere Hektar großen Teilstücks ermöglichte den Bau der Umgehungsstraße quer durch den Von-Alten-Garten und auch den Bau des Deisterkreisels. Dadurch ging ein großer Teil der parkähnlichen Gartenanlage für immer verloren. Die beiden Mauerreste aus Kalkstein mit der noch erhaltenen Toröffnung waren Teil der 1718 errichteten Umfassungsmauer und bildeten früher die Südgrenze des Von-Alten-Gartens.
Übrigens: Vor dem kleinen, ursprünglichen Eingangstor zur Straße "Wachsbleiche" wurden damals Bänder von honiggelbem Bienenwachs ausgelegt und unter der Sonne gebleicht. Und in der "Weberstraße" befand sich einst die Leinewebersiedlung, die Reichsgraf Franz-Ernst von Platen im 17. Jahrhundert anlegen ließ. Aber auch das ist ja längst schon kein Geheimnis mehr.
Landschaftsgarten in Linden
Von-Alten-Garten
Der besondere Reiz des Parks liegt in seinem alten Baumbestand