Die Regina-Lichtspiele gibt es nur noch auf alten Postkarten
Nur vergilbte Postkarten und Schwarz-Weiß-Fotografien erinnern heute noch daran, dass anstelle des Kaufhauses "Galeria Kaufhof" am Ernst-August-Platz 2-5 vor rund 120 Jahren einmal das Palast Hotel Rheinischer Hof stand. Im Oktober 1906 eröffnete im Erdgeschoss des imposanten Eckgebäudes vis-à-vis vom Hauptbahnhof der Lübecker Kinounternehmer Artur Mest mit seiner Ehefrau Johanna das Kinematografen-Restaurant "Zur Schwalbe" und lässt es 1910 zum "Central-Theater" mit Stehbierhalle umbauen. Im Februar 1943 entsteht aus dem Film-Lokal mit seinen 600 Sitzplätzen ein Soldatenkino, das jedoch schon acht Monate später von den schweren Luftangriffen auf Hannover ebenso zerstört wird wie große Teile der Innenstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete der stadtbekannte Theaterbesitzer und Hotelier Willy Kuschel auf dem ausgebombten Grundstück einen Neubau und eröffnete darin 1950 mit den "Regina-Lichtspielen" Hannovers neues Ur- und Erstaufführungstheater mit 704 Sitzplätzen.
Die Premiere wird zum Lustspiel
Die von außen wie im Inneren ansehnlichen "Regina-Lichtspiele" wurden nach Plänen von Adolf Falke erbaut. Der Architekt aus Hannover war auch am Bau des Geschäftshauses für das Wäsche- und Modegeschäft I. G. von der Linde in der Osterstraße beteiligt und entwarf die sogenannten "Falke-Uhren" – viereckige Reklame-Standuhren auf einem massiven Steinsockel, die die Stadt Hannover an Straßenecken und auf Plätzen aufstellen ließ; von den ursprünglich 20 Exemplaren sind noch zehn erhalten geblieben, eine der denkmalgeschützten "Falke-Uhren" steht am Imbiss-Pavillon "Bratwurst Glöckle" auf der Georgstraße.
Über die Eröffnung und Einrichtung der "Regina-Lichtspiele" berichtet das Fachblatt "Die Filmwoche" ausführlich in seiner Ausgabe 9 von 1951: "In schnellem Tempo wuchs an der Stelle des alten ausgebombten Central-Theater am Hauptbahnhof in Hannover unter der Bauleitung des Architekten BDA Dipl.-Ing. A. Falke, Hannover, der Bau der Regina-Lichtspiele empor und der Bauherr, Herr Willy Kuschel, ein alter erfahrener Schaumann (vor 1945 Inhaber von 15 Filmtheatern) konnte sein repräsentatives Ur- und Erstaufführungstheater mit dem Lustspiel "Wenn Männer schwindeln" eröffnen. Die Kassenhalle wird durch die mit großen Glasscheiben versehene helle Kasse beherrscht, das Foyer wirkt sachlich und gediegen. Der gemütliche, 704 Personen fassende Zuschauerraum, hat eine ausgezeichnete Akustik, da die grau beige gehaltenen Wände mit Glaswolle gepolstert sind und die Decke aus gerippten Holzornamenten besteht. An der Rückwand und der Balkonbrüstung befindet sich die indirekte Beleuchtung, durch die eine besonders intime Atmosphäre entsteht. Das Gefälle, nach vorn wieder ansteigend, und die übersichtliche Anordnung der Hochpolstersessel (Kamphöner, Bielefeld) garantieren eine gute Sicht. Eine Klimaanlage sorgt für eine angemessene Temperatur. Der Bildwerferraum beherbergt zwei Bauer-B-8-Projektoren mit HI 75 und eine Klangfilm-Verstärker-Anlage Eurodyn I (Installation W. Klitzing, Hannover).“
Aus dem Kino wird am Ende ein Kaufhaus
1973 werden die "Regina-Lichtspiele" modernisiert und künftig als "Regina-Kinocenter" mit drei Kinosälen weiter betrieben. Doch das neue Konzept war nicht von langer Dauer, es gab bereits andere Pläne für den attraktiven Standort im Herzen der Stadt. Direkt neben dem ehemaligen Palast Hotel in Richtung Kröpcke hatte die Warenhauskette "Kaufhof" schon im November 1967 in einem Neubau eine große Filiale eröffnet. 1975 wurde schließlich das Gebäude samt Kinocenter geschlossen und für einen Erweiterungsbau des Kaufhauses entkernt. Mit der Fertigstellung im Jahr darauf entstand (wie das "Stadtlexikon Hannover" dokumentiert) der "Kaufhof" in Hannover als damals größtes Warenhaus Niedersachsens mit 24.000 Quadratmetern Verkaufsfläche auf sechs Stockwerken.