Der tischförmige Blätter-Brunnen in der Fußgängerzone im Winkel zwischen Ständehausstraße und Karmarschstraße ist ein beliebter Treffpunkt mitten in der City von Hannover. Entworfen hat das wasserspendende Kunstwerk aus scheinbar wild wuchernden Pflanzenblättern der Göttinger Bildhauer Emil Cimiotti. Der international hoch angesehene Künstler gilt als bedeutender Vertreter des deutschen Informel, der abstrakten Kunst ab 1950.
Ein Brunnen, zwei Standorte
Die quadratische, an jeder Seite 4,20 Meter lange Bronze-Plastik in einem von schnurgeraden Granitblöcken umrahmten Wasserbecken wurde 1976 nach Abschluss der U-Bahn-Bauarbeiten am Kröpcke und der anschließenden Neugestaltung der Ständehausstraße installiert. Am 10. Januar 2011 musste der massive Brunnen für die Neugestaltung des Kröpcke-Centers abgebaut und für einige Jahre eingelagert werden. Nach dem die umfangreichen Bau- und Sanierungsarbeiten abgeschlossen waren, wurde der Bronzebrunnen mit seinem 36 Quadratmeter großen Steinbecken etwa 45 Meter weiter südlich vom bisherigen Standort wieder aufgebaut und am 10. Mai 2014 von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok und Emil Cimiotti wieder in Betrieb genommen. Die Kosten für diesen kurzen "Schwertransport" betrugen rund 100.000 Euro und wurden vom Investor des Kröpcke-Centers finanziert.
Vom Wachsmodell zur Bronze-Skulptur
Seinen urwüchsigen Brunnen mit den verschwenderisch über den Rand wachsenden Pflanzenblättern, aus denen an vier Stellen das Wasser wie aus einer verborgenen Quelle heraus fließt, schuf Emil Cimiotti mit einem Verfahren, das bereits seit über 4000 Jahren bekannt ist: aus weichem, selbst hergestelltem Wachs werden erst die Skulpturen geformt, dann fest von Sand umschlossen und später mit heißem Metall übergossen, wodurch das Wachs zu schmelzen beginnt. Was bleibt, ist die pure Bronze. Vor dem Braunschweiger Staatstheater steht seit August 2001 sogar noch ein zweiter "Blätter-Brunnen" von Emil Cimiotti, an dem er ebenfalls über ein Jahr gearbeitet hat.
Die Schnecke im Dschungel
Dass der in Wolfenbüttel lebende Kunstprofessor auch mit Humor an sein Kunsthandwerk geht, beweist ein kleines Detail in seiner Skulptur, die der Berliner Kunsthistoriker Eberhard Roters einst einen "gewaltigen, breit lagernden Strukturteppich, einen Dschungel aus Waben und Hohlräumen" genannt hat: irgendwo versteckt im Blattwerk hat Emil Cimiotti eine Schnecke eingearbeitet, die besonders von Kindern mit großem Eifer gern gesucht wird.
"Der Brunnen war schon immer da!"
Und dann gibt es noch diese nette Randnotiz über Emil Cimiottis Verabredung mit seiner Gattin am Blätter-Brunnen in Hannover, von der die Wissenschaftspolitische Sprecherin der FDP und Abgeordnete im Niedersächsischen Landtag Almuth von Below-Neufeldt erzählen kann: "Als Treffpunkt hatte Cimiotti seinen Brunnen ausgemacht, wo er seine Frau erwartete. Zwei Männer unterhielten sich in Hörweite, wie wohl der Brunnen gemacht sei, überlegten verschiedene Möglichkeiten. Cimiotti sagte ihnen, dass die Technik der Bronzeguss mit der verlorenen Form nach einem Wachsmodell sei. Die Männer zweifelten daran, woraufhin Cimiotti sagte, dass er es genau wisse, weil er den Brunnen gemacht habe. Darauf sagten die Männer, dass das nicht sein könne, denn der Brunnen sei schon immer dort gewesen."