Die vierspurige Hochstraße ist Teil des innerstädtischen City-Rings und verbindet die Berliner Allee mit der Hamburger Allee. Während Autofahrer auf ihr den Verkehrsknotenpunkt zwischen dem Raschplatz hinterm Hauptbahnhof von Hannover und dem Weißekreuzplatz an der Lister Meile einfach "überfliegen", können Fußgänger die Wartezeit bis zur nächsten Grünphase mit dem Anblick eines Kunstwerkes direkt unter ihr überbrücken.
Die Brücke, die Autos trägt und hält
Die Hochstraße am Raschplatz gehört zum neuen Straßensystem, das nach dem Zweiten Weltkrieg in der City von Hannover entstanden ist. Die schweren Luftangriffe im Oktober 1943 haben nicht nur große Teile der niedersächsischen Landeshauptstadt in Schutt und Asche gelegt, auch die Straßen im Stadtzentrum wurden dabei empfindlich getroffen. Die Stadtmodelle in der Kuppelhalle des Neuen Rathauses von Hannover zeigen sehr anschaulich das gesamte Ausmaß der Zerstörungen. Federführend für den Wiederaufbau in den 1950er Jahren war der damalige Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, der Hannovers Straßennetz nach dem Konzept einer autogerechten Stadt neu angelegt hat. Kernstück dieses modernen Verkehrskonzeptes waren mehrspurige Straßen, die Autos um den Stadtkern herum leiten sollten – genauer: ein Cityring mit einem breiten Mittelstreifen, auf dem dann später Hochstraßen wie in Chicago, Los Angeles oder New York gebaut werden könnten. Tatsächlich ist die 1969 fertig gestellte und am 30. Juli 1970 für den Verkehr freigebene Raschplatzhochstraße zwischen dem westlichen Teil der Oststadt mit dem Gerichtsviertel und dem Stadtteil Mitte mit dem Hauptbahnhof und dem 141 Meter hohen VW-Tower ist das einzige Teilstück, das nach den einst zukunftsweisenden Planungen von Rudolf Hillebrecht gebaut wurde. Die ehemalige eiserne Hochstraße am Aegi wurde 1970 lediglich als Provisorium für die Zeit des U-Bahn-Baus errichtet und 1998 wieder abgerissen.
Abriss oder Sanierung?
Auch die Raschplatzhochstraße stand fast fünf Jahrzehnte nach ihrem Bau kurz vor dem Abriss: ihre Betonkonstruktion und die Fahrbahnen waren mit der Zeit brüchig geworden und das Stahlgerüst hatte Rost angesetzt. Da aber das Land Niedersachsen die rund 13 Millionen Euro für ihre Demontage nicht beisteuern wollte, ließ die Stadt Hannover das 410 Meter lange Bauwerk von 2014 bis 2015 für 3,5 Millionen Euro von Grund auf sanieren – samt frisch geteerten Fahrbahnen und einem neuen Geländer, dass der Hochstraße auf ganzer Länge nun einen eleganten Schwung verleiht.
Kunst auf und am (Brücken)Bau
Der Pop-Art-Künstler Andora wollte die Brücke sogar zu einem Kunstprojekt machen und sie mit Hannoveranern bemalen, doch Sicherheitsbedenken und zusätzliche Kosten standen diesem Vorhaben bislang im Weg. Immerhin, die imposante Raschplatzhochstraße war und ist nach wie vor ein Schauplatz für kleine und große Kunstwerke: am 26. August 2005 hat der hannoversche Regisseur Nikolaj Georgiew mit dem Ex-Spice Girl Melanie C. auf ihr (sowie im Stadtteil Linden und am Maschsee) den Videoclip zu ihrer Single "First Day Of My Life" gedreht, und seit 1993 hängen unter der Brücke vis-à-vis vom Raschplatz die so genannten "Hangover"-Autos – eine Installation des Essener Bildhauers Andreas von Weizsäcker (der 2008 verstorbene Künstler ist der zweite Sohn des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker). Das Kunstwerk aus drei mit den Reifen nach oben installierten, weiß gestrichenen VW-Modellen aus Polyester, Aluminium und handgeschöpftem Büttenpapier hing bereits 1991 im Rahmen des Skulpturenprogramms "Im Lärm der Stadt" unter der Hochstraße. Am Ende des Projektes wurde es erst demontiert und zwei Jahre später auf Wunsch der kunstverliebten Hannoveraner wieder angebracht. Seitdem ist das Trio eine öffentliche und neuerdings am Abend auch beleuchtete Dauerausstellung.