Jubiläen 2024

275 Jahre Gartenkirche

Schon im 14. und 16. Jahrhundert standen am heutigen Standort der Gartenkirche Marienkapellen, doch „Gartenkirche“ wurde im Volksmund erst die Neue Kirche vor Hannover von 1749 genannt.

Gartenfriedhof

Die erste Gartenkirche

Seit Anfang des 17. Jahrhunderts waren im Aegidienfeld Gärten entstanden, in denen sich Hopfen- und Gemüsebauern ansiedelten und schlichte Wohnhäuser, sog. Koten, errichteten. Sie bebauten das Ackerland und boten ihr Obst und Gemüse auf dem städtischen Markt feil. 1689 gab es bereits 392 „Gartenleute“ vor dem Aegidientor, 1690 bekamen sie eine eigene Schule. Damit sie auch seelsorgerisch betreut werden konnten, stiftete Konsistorialdirektor Johann Peter Trappe im Jahr 1746 4.500 Taler für die Besoldung eines Pfarrers. Daraufhin genehmigte die königliche Kanzlei die Errichtung einer Kirche auf dem 1741 angelegten „Neuen Kirchhof vor dem Aegidientore“. Dem Magistrat der Stadt Hannover wurde das Patronat für die königliche Pfarrstelle übertragen.

Am 15. September 1746 wurde die neue Gemeinde gegründet, die erste außerhalb der Stadtmauern. Die Pläne für den kleinen, aus verputztem Bruchstein errichteten, barocken Saalbau mit hölzernen Emporen entwarfen P. C. von der Lüde und J. P. Heumann. Die Stadt Hannover als Patronin stiftete die Steine des gerade im Abbruch befindlichen Turms über dem Aegidientor als Baumaterial. Am 16. August 1747 konnte der Grundstein gelegt werden, am 1. Advent 1749 wurde die „Neue Kirche vor Hannover“, im Volksmund „Gartenkirche" genannt, eingeweiht. Der Magistrat der Stadt sah sie – auch hinsichtlich ihres Namens – als Nachfolgerin der ersten Marienkapelle an und benannte 1845 die Marienstraße nach ihr.

Hannover entwickelte sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts rasant zur Großstadt, die ehemals ärmliche Vorstadt wurde 1859 als „Marienstadt“ eingemeindet. Bevölkerung und Bautätigkeit nahmen zu, die innerstädtischen Friedhöfe konnten aufgrund der sie umgebenden Bebauung nicht mehr erweitert werden und mussten aufgegeben werden. So wurde auch der Gartenfriedhof am 23. Oktober 1864 geschlossen. Die Zahl der Gemeindemitglieder war zu dieser Zeit auf 9.000 angestiegen, und die Gartenkirche bot nicht mehr genügend Platz. Seit 1876 entstanden deshalb drei neue Tochtergemeinden. In der Gartenkirche, die inzwischen nicht nur zu klein, sondern auch baufällig geworden war, hielt die Gemeinde am 21. November 1886 den letzten Gottesdienst. Danach wurde sie abgerissen.

Die heutige Gartenkirche

Im Jahr 1886 hatte der Kirchenvorstand einen Wettbewerb zum Neubau einer Kirche samt Pfarrhaus unter den Architekten der Stadt Hannover ausgeschrieben. Die Jury unter dem Vorsitz von Conrad Wilhelm Hase, dem Gründer der neugotischen „Hannoverschen Schule“, entschied sich für den Entwurf von Eberhard Hillebrand, Architekt und Stadtbauinspektor, einem Schüler von Hase und Ungewitter. Seine Pläne sowohl für die Kirche als auch für das 1889/90 errichtete benachbarte Pfarrhaus kamen mit nur unwesentlichen Änderungen zur Ausführung. Nach vierjähriger Bauzeit wurde die Gartenkirche am 8. Februar 1891 eingeweiht. Sie blieb – abgesehen von dem Einbau einer größeren Ogel im Jahr 1913 – in den folgenden Jahrzehnten unverändert, bis sie in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1943 bei einem alliierten Luftangriff auf Hannover durch zwei Brandbomben stark beschädigt wurde. Der Westturm samt Empore und Orgel waren getroffen, das Gestühl verbrannnt; das Gewölbe sowie Altar, Kanzel und Taufstein und die Seitenkapelle blieben allerdings nahezu unversehrt. Auch die Abendmahls- und Taufgeräte wurden gerettet.

Bereits am 23. Mai 1945 begann der Wiederaufbau der Kirche, die am 14. April 1949 erneut eingeweiht werden konnte. Für den Wiederaufbau des spitzen Turmhelms, der Wimperge und Dachreiter fehlte allerdings bis heute das Geld. Die Treppen des Südportals an der Marienstraße mussten Mitte der 50er Jahre der Straßenerweiterung weichen, das Portal wurde zugemauert. Zum Friedhof hin entstand das neue Nordportal. Die Wiederherstellung des Innenraums stand unter dem Motto der „neuen Schlichtheit“ in der Architektur und trug wesentlich zum Verlust des Erscheinungsbildes der neugotischen Kirche bei. Die Westempore wurde durch einen Stahlbetoneinbau ersetzt, die Ausmalung entfernt oder verputzt, die ornamentalen Bodenfliesen mit PVC-Platten überklebt. In den Jahren 1952 bis 1966 wurde in drei Bauabschnitten an der Nordwand gegenüber der Kanzel eine neue Orgel eingebaut. Die Glasmalerin Ruth Margraf entwarf für den Chorraum und die Rosette an der Nordseite neue Fenster. Mit der Weihe der fünf neuen Glocken am 11. Dezember 1960 waren die Wiederaufbauarbeiten im Wesentlichen abgeschlossen.

Die in den Jahren 2002 bis 2005 ausgeführten Renovierungsarbeiten standen ganz im Zeichen einer Rückbesinnung auf das originale Erscheinungsbild der Kirche. Die Betonempore wurde abgerissen und durch eine Natursteinempore ersetzt. Die Orgel bekam ihren ursprünglichen Standort auf der Westempore wieder. Der Originalfußboden wurde wieder freigelegt und restauriert. Die historische Farbfassung wurde wieder aufgenommen und beispielhaft an „historischen Sichtfenstern“ freigelegt. Altar, Kanzel und Taufstein wurden von Ölfarbschichten befreit, rekonstruiert und auch die ornamental bemalten Holztüren zu den Treppentürmen restauriert.

Quelle: www.gartenkirche.de