Jubiläen 2025

100 Jahre Kriminalfall Haarmann

Mit der Hinrichtung Fritz Haarmanns am 25. April 1925 endete einer der spektakulärsten Kriminalfälle im Deutschland der Neuzeit. Theodor Lessing verfolgte den Prozess gegen den Serienmörder als Augenzeuge und machte die dubiose Rolle der hannoverschen Polizei öffentlich.

Fritz Haarmann

Der Gerichtsprozess dauerte vom 4. bis 19. Dezember 1924, verhandelt wurde dicht hintereinander an 14 Tagen. Haarmann wurde des Mordes an 27 Menschen in den Jahren 1918 bis 1924 angeklagt. Davon gab er neun Taten zu, weitere zwölf Tötungen hielt er für möglich. Sechs Taten bestritt er, von denen ihm aber fünf nachgewiesen werden konnten. Die Zahl der vermissten Jungen, die mit Haarmann in Verbindung gebracht werden konnten, belief sich auf 27, alle im Alter zwischen zehn und 22 Jahren. In der Öffentlichkeit wurde spekuliert, dass die Zahl seiner Opfer in Wirklichkeit noch viel höher gewesen sein könnte; durch die wirtschaftlich und politisch chaotischen Zeitumstände hatten viele Jugendliche den gesellschaftlichen Halt verloren, strandeten im Bahnhofsmilieu und wurden (oft erst mit größerer Verspätung) von ihren Angehörigen als vermisst gemeldet.

Der Prozess, den Vertreter der internationalen Presse beobachteten, erregte sehr starkes Aufsehen in der Öffentlichkeit, auch wegen der Rolle der Polizei, die Fritz Haarmann als Spitzel engagiert hatte und jeglichen Verdacht, der gegen ihn geäußert wurde, unter den Tisch fallen ließ. So wurden Vermisstenanzeigen erst mit starken Verzögerungen bearbeitet. 1918 wurde Haarmann nach seinem ersten Mord beinahe gefasst. Die Polizei durchsuchte Haarmanns Wohnung in der Celler Straße nach einem vermissten Jungen. Da keine Person zu finden war, wurde die Durchsuchung abgebrochen. Haarmann erzählte später in einem Verhör, dass sich der Kopf des gesuchten Jungen in einem Koffer in der Wohnung befunden habe. Die Angehörigen der Opfer traten im Prozess teilweise sehr emotional auf und warfen der Polizei Versagen und Mitschuld am Tode weiterer Opfer vor. Der Journalist Theodor Lessing machte in seiner kritischen Berichterstattung die dubiose Rolle der hannoverschen Polizei öffentlich und wurde daraufhin vom Prozess ausgeschlossen. Für Aufregung in der Öffentlichkeit sorgten auch Details der Tötungen, die bei den Verhandlungen bekannt wurden. Haarmann hatte die Leichen zerstückelt und in die Leine geworfen.

Die sterblichen Überreste der Opfer des Serienmörders wurden im Februar 1925 in einem Ehrengrab auf dem Stadtfriedhof in Hannover-Stöcken bestattet (Abteilung 49 D, Nr. 189/192). Nach mehrjährigem Kampf der Eltern der getöteten Jungen mit der hannoverschen Stadtverwaltung um den Wortlaut der Grabinschrift wurde im April 1928 ein Grabmal aufgestellt. Ein großer Granitstein in der Form eines Flügelaltars trägt in der Mitte zwischen dem Relief einer Flammenschale und einer geknickten Rose die Inschrift „DEM GEDÄCHTNIS / UNSERER LIEBEN / VON SEPTBR 1918 / BIS JULI 1924 VER- / STORBENEN SÖHNE“. Das Wort „ermordet“ wurde von der Friedhofsverwaltung nicht zugelassen.