Ohnmächtige Stille
Mit seinem Projekt „Ohnmächtige Stille“ gewinnt Anton Vester den diesjährigen VGH Fotopreis. Der 28-jährige Fotograf hat sich mit dem Thema der Organspende beschäftigt, das in aktuellen Debatten wenig präsent ist, obwohl in Deutschland rund 8.400 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan stehen.
Anton Vester gelingt eine berührende fotografische Porträtarbeit, die nicht den Erfolgsmoment der Transplantation erzählt, sondern die Lebenswelt der Menschen. In einer beeindruckend behutsamen Annäherung beleuchtet Anton Vester intensiv und persönlich die Situation der Menschen hinter den Zahlen, deren Leben durch Warten bestimmt ist. Sie hoffen und warten auf eine neue Niere, ein neues Herz, auf ein neues Leben – manchmal warten sie jahrelang und manchmal müssen die Menschen sterben, bevor ihre Hoffnung erfüllt wird.
„Es ist bewusst eine Erzählung des Wartens und keine darüber hinaus. Sie soll die Situation der Menschen besser nachvollziehbar machen, ihre Angst vor der Zukunft, die bangende Ungewissheit und Momente der Hoffnung“, so der junge Fotograf.
Lobende Erwähnungen
Neben der Preisträgerarbeit von Anton Vester erhielten als Finalistinnen und Finalisten des Juryprozesses Jonathan Funk, Lisa-Maria Gruber und Ludwig Nikulski eine lobende Erwähnung.
Jonathan Funks „Ortskontrollfahrt“ entstand im Rahmen der diesjährigen Landtagswahl in Sachsen. Die Arbeit, die er als Langzeitprojekt fortsetzen möchte, beleuchtet die aktuellen Herausforderungen der deutschen Demokratie und den Rechtsruck, der zunehmend sichtbar wird. Jonathan Funk zeigt, wie Fremdenfeindlichkeit, rechtsextreme Demonstrationen und ein Vertrauensverlust in etablierte Parteien fruchtbaren Boden für extremistische Strömungen schaffen.
In einfühlsamen Bildern begleitet Lisa-Maria Gruber den jungen Palästinenser Qaher Harhash auf seiner Rückkehr nach Ost-Jerusalem. Zwischen seiner Modelkarriere in Berlin und der Suche nach Identität kämpft er mit inneren Konflikten. „The Face“ ist die Geschichte eines jungen Mannes, der nach Zugehörigkeit und einem selbstbestimmten Leben sucht.
Fotografierend und schreibend geht Ludwig Nikulski in seiner Arbeit „Pod Palmami – Unter den Palmen“ der Frage nach, ob und wie sich die Anwesenheit des russischen Angriffskrieges in seiner Abwesenheit bemerkbar macht. Zwischen 2022 und 2024 ist er mit einer analogen Großformatkamera entlang der westlichen Außengrenzen der Ukraine gereist. In seine visuelle Betrachtung der Grenzregionen mischen sich Gedankenfetzen über die Nachbarschaft des Krieges und das Phänomen der Grenze.