Die Löwensensche Bibliothek und die Aegidienkirchenbibliothek
Die Bibliothek eines protestantischen Geistlichen im frühneuzeitlichen Hannover.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der städtische Bibliotheksbesitz durch die Löwensensche Bibliothek bereichert. 1708 vermachte Lucia Löwensen (1651–1708) den Buchbesitz ihres Mannes, des Predigers an der Aegidienkirche Johann Dietrich Löwensen (1647–1708), dem Rat der Stadt.
Die Verfügungsgewalt hatte zunächst der Oberkammerherr und Oberzahlmeisters Johann Erich Schild (1653–1717). Schild verfügte die Aufstellung der Bibliothek in einem Turmzimmer der Aegidienkirche. Sie sollte an bestimmten Tagen nachmittags zwei Stunden geöffnet sein, ausgeliehen wurden die Bücher aber nur an einen bestimmten Personenkreis. Auf Schilds Anregung hin verfasste der Studiosus Johann Harbord Hoppe (gest. 1735), einen Bibliothekskatalog mit 1300 systematisch geordneten Nummern, der 1710 in Hannover im Druck erschien.
Nach Schilds Tod erhielt der Rat das Patronat über die Büchersammlung und setzte einen Bibliothekar ein. Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde die Bibliothek durch eine Reihe von Neuerwerbungen ergänzt. Im Zuge der Vereinigung der hannoverschen Bibliotheksbestände ist sie 1843 im hannoverschen Lyceum aufgestellt worden.
Johann Dietrich Löwensen war Sohn des Alfelder Kämmerers Dietrich Löwensen. Johann Dietrich erwarb 1675 den Magistergrad an der Universität Helmstedt. Drei Jahre später wurde er als Prediger an die hannoversche Aegidienkirche berufen, wo er sich auch dem weiteren Aufbau seiner Büchersammlung widmete. Insgesamt umfasst die Bibliothek über 5000 Titel darunter ca. 2000 Dissertationen aus dem 17. und beginnenden 18. Jahrhundert. Der Sammlungsschwerpunkt liegt auf der Theologie, daneben finden sich philosophische, literaturwissenschaftliche, historische und lexikalische Werke.
Seit dem 16. Jahrhundert beherbergte die Aegidienkirche Teile der Ratsbibliothek. So befanden sich die erworbenen Bücher von Anton Corvinus (1501–1553) und Georgius Scarabaeus (1503–1558) auf dem Chor der Kirche aufgestellt. Nach der welfischen Erbteilung 1635 und der Entscheidung Herzog Georgs in Hannover Residenz zu nehmen, musste das ehemalige Franziskanerkloster von der Stadt geräumt werden. Die vor 1533 von der Stadt erworbenen, ebenda aufgestellten Buchbestände wurden in die Aegidienkirche verbracht.
Literatur (Auswahl)
Jürgen Busch, Die Ratsbibliothek in Hannover. Beiträge zur Geschichte der Stadtbibliothek vom 15. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, in: Hannoversche Geschichtsblätter N.F. 10 (1957), S. 173-234.
Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Österreich und Europa, hrsg. von Bernhard Fabian. Digitalisiert von Günter Kükenshöner, Hildesheim: Olms Neue Medien 2003. Fabian-Handbuch.: http://fabian.sub.uni-goettingen.de/fabian?Stadtbuechereien_(Hannover))