Volkmar von Anderten

Die Büchersammlung eines mittelalterlichen Geistlichen in der Stadtbibliothek Hannover.

Der Patriziersohn Volkmar von Anderten wurde um 1410 in Hannover geboren. Er schrieb sich 1426 in Leipzig zum Studium ein. Ab Oktober 1435 hielt er sich auf dem Konzil von Basel auf. Hier konnte er in den kommenden Jahren als eine Art Rechtsanwalt tätig werden und ein Netzwerk für seine zukünftige Karriere als Geistlicher knüpfen.
 
Im Jahr 1448 reiste er mit einer Delegation nach Rom. Wie in Basel konnte er dort am päpstlichen Gerichtshof, der Rota Romana, tätig werden.
  

Besitzeintrag Volkmars von Anderten, in: Guillelmus Peraldus, Summa de virtutibus. Basel: Michael Wenssler, nicht nach 1475. StB Hannover, Inc. 14.

  
  
1463 wurde er Domherr im Lübecker Domstift. Als Generaloffizial vertrat er den Bischof bei Gerichtstagen, daneben bekleidete er das Amt des Subkonservators an der Universität Rostock. Am 9. März 1481 starb Volkmar in Lübeck und wurde im Dom beigesetzt, wo sich seine Grabplatte heute noch befindet.
  
Neben Stiftungen für sein Seelenheil und das seiner Familie begründete Volkmar ein Universitätsstipendium für hannoversche Bürgersöhne. Seine umfangreiche Bücherei vermachte er 1479 dem Rat der Stadt Hannover. Sie sollte im Rathaus aufbewahrt werden.
   
  

Wappen Volkmars von Anderten, in: Leonardus de Utino, Sermones quadragesimales de legibus. [Köln: Konrad Winters, nicht nach 1475]. StB Hannover, Inc. 42.

  
 
Heute lassen sich wenigstens 19 Handschriften und über 40 Inkunabeln aus dem Besitz Volkmars von Anderten in der Stadtbibliothek nachweisen. Die Themen umfassen vor allem das weltliche und das kirchliche Recht sowie theologische Werke der Zeit. Einen großen Teil der Handschriften ließ Volkmar um 1475 abschreiben. Die Inkunabeln erschienen ebenfalls weitgehend in den 1470er Jahren, wobei die Druckorte Straßburg und Basel am häufigsten vorkommen. Volkmar ließ seine Bücher illustrieren. In einigen Bänden finden sich sein Familienwappen sowie Illuminationen der Initialen der Textanfänge.
 
 

Moses zeigt dem Volk Israel die Gesetzestafeln, Miniatur um 1475, in: Petrus Berchorius, Liber bibliae moralis, Strassburg: C.W., 7.X.1474. StB Hannover, Inc. 139.

  
 
Literatur (Auswahl)
 
Jürgen Busch, Die Ratsbibliothek in Hannover. Beiträge zur Geschichte der Stadtbibliothek vom 15. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, in: Hannoversche Geschichtsblätter N.F. 10 (1957), Heft 3/4, S. 173-234.
  
Udo Kühne, Handschriften in Hannover. Stadtbibliothek. Stadtarchiv. Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv. Landeskirchliches Archiv (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen: Kurzkatalog 1), Wiesbaden 1991.
  
Brigide Schwarz, Volkmar von Anderten, Domherr und Offizial zu Lübeck. (Mit-)Begründer der Ratsbibliothek Hannover (gest. 1481), in: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 24 (1999), Heft 2, S. 117-131.