Was ist.....?

Helicobacter

Obwohl bereits im Jahr 1905 von Walter Krienitz Bakterien im Magen beobachtet wurden, galten bis zum Ende der 1980er Jahre Stress, Kaffee oder Fast-Food als Übeltäter bei der Entstehung von Magenschleimhautentzündungen, Magengeschwüren und Magenkrebs. Um der angenommenen Übersäuerung des Magens entgegenzutreten, wurden Medikamente zum Neutralisieren der Magensäure eingesetzt. 

Helicobacter

Tatsächlich liegt dem Leiden häufig das längliche, spiralige Bakterium Helicobacter pylori zugrunde, welches die Magenschleimhaut besiedelt. Im Jahr 1984 unternahm der australische Arzt Barry Marschall einen Selbstversuch, um die Bakterien als Verursacher zu entlarven. Da sich kein Versuchstier mit dem von ihm entdeckten Erreger infizieren lies, isolierte er Helicobacter pylori Bakterien aus dem Mageninhalt eines Patienten und schluckte sie runter. Innerhalb weniger Tage entwickelte er die typischen Symptome einer Magenschleimhautentzündung. Im Jahr 2005 erhielt Barry Marshall für seine Theorie, dass die Helicobacter-Bakterien ursächlich die Auslöser von Geschwüren im Magen und Zwölffingerdarm sind, den Nobelpreis. 

Ursprünglich wurden die Erreger Campylobacter pyloridis, bzw. Campylobacter pylori genannt. Erst 1989 erhielten die Bakterien aufgrund ihrer spiralig gekrümmten Erscheinungsform ihren heutigen Namen Helicobacter pylori (Helix = Spirale). Im Gegensatz zu Entwicklungsländern, wo etwa 80% der 20- bis 30-jährigen Träger dieser Bakterien sind, ist die Verbreitung in Industrieländern wie auch Deutschland aufgrund des Lebensstandards rückläufig. Dennoch ist auch hier noch jeder zweite über 50 Jahren von Helicobacter besiedelt. Glücklicherweise sind Erkrankungen nach einer Infektion mit den Bakterien bei Weitem nicht so häufig sind wie die Infektion an sich. Die überwiegende Mehrheit wird nie eine symptomatische Magenschleimhautentzündung oder ein Magen-Darm-Geschwür entwickeln.

 

Wie äußert sich die Erkrankung?

Im Gegensatz zu den meisten anderen Bakterien kann Helicobacter pylori das saure Umfeld im menschlichen Magen, was noch stärker ist als Essigsäure, eine Zeitlang überleben. Indem die Bakterien Ammoniak abgeben, neutralisieren sie die Säure in ihrer unmittelbaren Umgebung und gelangen so unbeschadet zur Magenschleimhaut, in die sie eindringen. Die Ammoniakwolke bewirkt darüber hinaus, dass der Schleim der Magenschleimhaut weniger zähflüssig ist und Helicobacter pylori sich mit seinen fadenförmigen Zellfortsätzen wie mit einem Propeller fortbewegen kann. Schließlich heften sich die Bakterien an die Magenzellen an und beeinflussen die Magensäureproduktion. 

Damit stehen die Erreger in einem Zusammenhang mit einer Reihe von Magenerkrankungen, die mit einer verstärkten Sekretion von Magensäure einhergehen. Dazu gehören Magenschleimhautentzündungen, Magen- bzw. Zwölffingerarmgeschwüre oder in selteneren Fällen Magenkrebs. Aufgrund seiner möglichen Beteiligung an Magenkrebs hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Helicobacter pylori in die Gruppe I (gesichert krebserregend) der definierten Karzinogene (krebserregende Substanzen) eingeordnet. 

Der Nachweis einer Infektion mit Helicobacter pylori ist heute ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik von Magenerkrankungen. Bei sieben von zehn Patienten mit einem Magengeschwür werden die Bakterien nachgewiesen. Bei Geschwüren des Zwölffingerdarms sind sogar 95% aller Erkrankten von Helicobacter pylori besiedelt. Dabei sind Männer und Frauen gleich häufig betroffen. Insgesamt verläuft eine Infektion mit den Bakterien in den meisten Fällen aber unbemerkt und ohne weitere Folgen. 

Es wird vermutet, dass manche Helicobacter-Bakterien ein Zellgift absondern. Dies könnte ein ausschlaggebender Faktor sein, ob sich durch einen Helicobacter-Befall Geschwüre entwickeln. Darüber hinaus scheint es entscheidend zu sein, in welchem Alter man sich mit Helicobacter ansteckt. In der frühen Kindheit können die körpereigenen Abwehrzellen noch lernen, Freund oder Feind zu unterscheiden. Daraus folgend reagiert das Immunsystem gegenüber harmlosen Erregern mit Toleranz und baut keine Immunantwort gegen den Keim auf. Die Betroffenen merken wahrscheinlich das ganze Leben lang nichts von der Helicobacter-Besiedelung. Steckt man sich später im Leben an, versucht das Immunsystem sich gegen die Eindringlinge zu wehren. Unglücklicherweise kann es die Bakterien aufgrund ihrer Ansiedlung im Inneren des Magens nicht effektiv bekämpfen. Dieser oft lebenslange Stellungskrieg in der Magenschleimhaut ist es, der für die Entstehung der durch Helicobacter pylori verursachten Erkrankungen verantwortlich gemacht wird. Eine erworbene Helicobacter-Infektion in höherem Lebensalter sollte daher möglichst behandelt werden. 

Nach einer Ansteckung mit den Bakterien spricht man von einer akuten Helicobacter-Infektion. Typischerweise leiden die Betroffenen in dieser Phase unter Übelkeit und Erbrechen. Außerdem können allgemeine Beschwerden, wie Magendrücken nach dem Essen, Sodbrennen oder Bähungen auftreten. Später spricht man von einer chronischen Infektion, die häufig ohne Beschwerden verläuft. Treten doch Symptome auf, entsprechen sie in der der Regel den Beschwerden der akuten Phase. Hat sich ein Magengeschwür entwickelt, treten verstärkte Beschwerden nach der Nahrungsaufnahme auf, wie auch Schmerzen in der Nacht. Beim Zwölffingerdarm dagegen klagen die Betroffenen eher über Nüchternschmerz, der sich nach der Nahrungsaufnahme verringert.

 

Wie wird Helicobacter übertragen?

Die Infektionspfade von Helicobacter pylori sind noch nicht eindeutig identifiziert. Man geht davon aus, dass die Erreger über den Mund in den Magen gelangen. Wahrscheinlich werden die Bakterien hauptsächlich von Mensch zu Mensch übertragen. Als häufigster Übertragungsweg wird der enge Kontakt zwischen Mutter und Kind angenommen. Dies geschieht durch Küssen auf den Mund oder über Breilöffel bzw. Schnuller, wenn diese abgeleckt und dann an das Kind zurückgegeben werden. Daneben können Helicobacter pylori Bakterien „fäkal-oral“ (mit dem Stuhl ausgeschiedene Erreger gelangen in den Mund) beispielsweise über verunreinigtes Trinkwasser oder unzureichende Händehygiene übertragen werden. Ansteckungen im Erwachsenenalter bei voll intaktem Immunsystem scheinen jedoch die Ausnahme zu bilden. 

 

Wie lange ist man ansteckend?

So lange ein Mensch von Helicobacter pylori Bakterien besiedelt ist, kann er sie auch ausscheiden und theoretisch andere Menschen anstecken. 

 

Wer ist besonders  gefährdet?

Grundsätzlich kann sich jeder Mensch mit Helicobacter pylori anstecken. Im Erwachsenalter und einem gut funktionierendem Immunsystem ist die Gefahr einer Infektion geringer. Menschen in Armut und Mangel an Zugang zu sauberem Wasser und Abwasserentsorgung haben ein höheres Risiko, sich anzustecken. Bei einer Störung der Immunabwehr im Darm, Rauchen, übermäßigem Alkoholgenuss oder der verstärkten Einnahme von Medikamenten, wie z. B. Azetylsalicylsäure und nichtsteroidalen Antirheumatika, erhöht sich das Risiko, dass sich Helicobacter im Magen ansiedelt.

 

Wie wird die Erkrankung festgestellt?

Wenn der Magen durch Helicobacter pylori besiedelt ist, gibt es für den Arzt verschiedene Möglichkeiten den Befall zweifelsfrei nachzuweisen. Um jedoch festzustellen, dass aus der Infektion eine Erkrankung, wie beispielsweise ein Magengeschwür entstanden ist, muss eine Magenspiegelung durchgeführt werden. Durch einen dünnen, biegsamen Schlauch, den der Patient „schluckt“ kann der Arzt den Magen und den Zwölffingerdarm einsehen und schmerzfrei eine Gewebeprobe entnehmen, die anschließend im Labor auf Helicobacter Bakterien untersucht wird. Andere Untersuchungsmethoden, wie ein Atem-, Blut-, oder Stuhltest sind zwar angenehmer durchzuführen, können dafür aber nur nachweisen, dass sich im Körper des Betroffenen Helicobacter-Bakterien befinden. Diese Untersuchungsmethoden bieten keinen Aufschluss über den Zustand des Magens, bzw. Zwölffingerdarm. Der Atemtest findet seinen Einsatz heute standardmäßig in der Nachsorge behandelter Patienten, um sicherzustellen, dass die Erreger erfolgreich bekämpft wurden.


 

Wie wird die Erkrankung behandelt?

Dank der Entdeckung, dass Helicobacter pylori häufig die Ursachen von Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren ist, können diese in der Regel einfach mit Medikamenten behandelt werden. Da Helicobacter pylori ein Bakterium ist, kann er durch den Einsatz von verschiedenen Antibiotika beseitigt werden. Dazu muss ein Magenschutzmittel eingenommen werden. Dies sorgt dafür, dass weniger Magensäure produziert wird und die Bakterien so effektiver bekämpft werden können. Dieses Magenschutzmittel wird auch einige Wochen länger eingesetzt, als die Antibiotika, die in der Regel nur eine Woche eingenommen werden müssen. 

Bevor die Wissenschaftler herausfanden, dass Bakterien die Schuld an den Geschwüren tragen, wurden den geplagten Patienten umständliche Rollkuren und strenge Diäten verordnet. Darüber hinaus wurde den Betroffenen häufig operativ ein Teil des Magens oder des Zwölffingerdarms entfernt. Das ist heute glücklicherweise nicht mehr nötig – die sogenannte Geschwür-Chirurgie gibt es fast nicht mehr. Diese wird nur noch bei Komplikationen in seltenen Fällen praktiziert.

 

Wie kann ich mich und andere schützen?

Eine direkte Vorbeugung zum Schutz vor Helicobacter pylori gibt es nicht. Da der Übertragungsweg wahrscheinlich über den Mund ist, sollten die normalen Hygieneregeln - vor allen Dingen regelmäßiges Händewaschen – eingehalten werden.

 

Gibt es eine Impfung?

Forscher arbeiten bereits seit einigen Jahren an der Entwicklung einer Impfung gegen Helicobacter pylori. Bislang gibt es allerdings noch keinen zugelassenen Impfstoff.

 

Welche Regelungen gelten für (Kinder-)Gemeinschaftseinrichtungen?

Für Erkrankungen im Rahmen einer Helicobacter pylori Infektion gibt es keine speziellen Regelungen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes. Damit müssen erkrankte Personen auch nicht vom Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung ausgeschlossen werden. Es obliegt den Eltern, bzw. den Betroffenen ggf. in Absprache mit dem behandelnden Arzt zu entscheiden, wann sie nach Genesung wieder die Gemeinschaftseinrichtung besuchen. 

 

Ist die Erkrankung meldepflichtig?

Die Helicobacter pylori Infektion ist nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig.