Was ist.....?
Shigella
Shigella ist heute unter den Namen Shigellose, Shigellenruhr oder Bakterienruhr bekannt.
Shigella ist ein unbewegliches Stäbchenbakterium aus der Familie der Enterobakterien. Es ist eng verwandt mit dem etwas bekannteren Bakterium Escherichia coli. Benannt wurden die Erreger nach ihrem Erstbeschreiber, dem japanischen Bakteriologen Kiyoshi Shiga, der bereits im Jahr 1898 einen Artikel über die Bakterien veröffentlichte. Bekannt ist die Erkrankung heute unter den Namen Shigellose, Shigellenruhr oder Bakterienruhr.
Shigellen sind weltweit verbreitet und kommen nahezu ausschließlich bei Menschen vor. Im Erkrankungsfall lösen sie eine Darminfektion aus, die vor allem starke Durchfälle auslöst. Dabei werden die Shigellen in vier sogenannte Artengruppen unterschieden, wovon die Bakterien aus einer Gruppe (Gruppe A) neben den normalen Zellgiften auch ein Nervengift bilden und damit häufig einen schweren Verlauf der Krankheit verursachen.
Weltweit infizieren sich jährlich etwa 160 Millionen Menschen mit Shigellen, von denen etwa eine Million versterben. Bei den Verstorbenen handelt es sich meistens um Kinder, ältere oder immungeschwächte Personen. Die meisten Erkrankungen treten in Gebieten mit unzureichender hygienischer Versorgung auf. In Deutschland sind etwa zwei Drittel aller gemeldeten Shigellosen Mitbringsel aus dem Urlaub, vornehmlich aus dem nordafrikanischen Raum und der Türkei. In den Industriestaaten sind die Erkrankungszahlen in den letzten Jahren aufgrund der verbesserten hygienischen Bedingungen deutlich zurückgegangen. So gab es in Deutschland in den letzten zehn Jahren im Schnitt etwa einen Erkrankten je 150.000 Personen. Dabei war die Altersklasse der 25- bis 39-Jährigen am häufigsten betroffen. Erkrankungen von Bakterien aus der Gruppe A werden in Deutschland glücklicherweise selten gemeldet.
Wie äußert sich die Erkrankung?
Nach der Aufnahme von Shigellen vergehen in der Regel zwischen ein bis drei Tage, bevor die Erkrankung ausbricht. In einigen Fällen bleibt die Shigellose „stumm“, d.h. ohne Symptome für die infizierte Person. Das ist zwar sehr erfreulich für die betroffene Person selbst, aber da auch bei symptomlosen Erkrankungen die Bakterien über den Stuhlgang ausgeschieden werden, können die Erreger unwissentlich weitergereicht werden. Shigellen können für einige Zeit selbst starken Säuren widerstehen. Durch diese Eigenschaft überstehen sie die Passage durch den säurehaltigen Magen mehr oder weniger schadlos. Im Bereich des Dünndarms vermehren sich die Bakterien dann in großen Zahlen und durchqueren im Dickdarm die Darmwand als Zielort, wo sie sich weiter von Zelle zu Zelle ausbreiten. Die befallenen Darmzellen werden zerstört. Beim Zerfall der Shigellen wird ein giftig wirkender Zellbestandteil - man spricht von einem Endotoxin – freigesetzt, der dann die entzündliche Reaktion des Darmes auslöst.
Typischerweise zeigt sich die Shigellose als Durchfall mit Fieber und sehr häufigem, wässrigen Stuhlgang, der mit Schleim oder Blut versetzt sein kann und mit schmerzhaftem Stuhldrang und krampfartigen Bauchschmerzen verbunden ist. Bei einem schweren Verlauf kann es zu Darmblutungen und einer Bauchfellentzündung kommen. Dies sind die Symptome, von denen die Bezeichnung der Darminfektion als bakterielle Ruhr herrührt. Bei einem Durchbruch der Darmwand im Rahmen eines Geschwüres handelt es sich um einen Notfall, der meist eine umgehende Operation erforderlich macht. Meistens bleibt aber auch die schwere bakterielle Ruhr auf den Dickdarm beschränkt. In seltenen Fällen kann die Shigellose Komplikationen, wie Nierenversagen und Zersetzung der roten Blutkörperchen oder arthritische Gelenkveränderungen hervorrufen.
Wie wird Shigella übertragen?
Shigellen lieben warmes Klima und schlechte sanitäre oder hygienische Bedingungen, da sie so ihre Verbreitungschance erhöhen. Übertragen werden sie hauptsächlich von Mensch zu Mensch, aber auch über infizierte Gegenstände oder Lebensmittel. Auch Fliegen oder kontaminierte Badegewässer, bzw. belastetes Trinkwasser können die Bakterien übertragen.
Zur Ansteckung kommt es über eine Schmierinfektion, d.h. die Erreger gelangen in der Regel direkt über kontaminierte Hände in den Mund. Indirekt kann man sich über verunreinigte Lebensmittel, Gegenstände (beispielsweise Handtücher) oder Wasser infizieren. Auch gemeinsam genutzte Toiletten können die Infektionsquelle sein. Shigellen sind hochinfektiös – eine Aufnahme von 10 bis 200 Erreger reicht aus, um eine Ansteckung mit nachfolgender Erkrankung auszulösen.
Wie lange ist man ansteckend?
Nach einer überstandenen Erkrankung können noch etwa vier Wochen Erreger ausgeschieden werden. Dabei ist das Ansteckungsrisiko in der akuten, durch Durchfall gekennzeichneten Phase, am größten.
Wer ist besonders gefährdet?
Jeder Mensch kann sich mit Shigellen infizieren. Besonders gefährdet sind jedoch Menschen, die in ihrer Immunabwehr geschwächt sind und Kinder im Vorschul- und Schulalter.
Wie wird die Erkrankung festgestellt?
Neben den Shigellen gibt es noch eine Reihe anderer Ursachen, wie beispielsweise Erreger von Escherichia coli, die für eine entzündliche Darmerkrankung verantwortlich sein können. Da die Shigellose in den Deutschland häufig nach Auslandsaufenthalten importiert wird, ist es wichtig, den behandelnden Arzt über zurückliegende Reisen zu informieren. Hat der Arzt aufgrund der Symptome den Verdacht, dass es sich bei der Erkrankung um eine Shigellose handelt, schickt er eine Stuhlprobe in ein Labor, wo überprüft wird, ob sich die Bakterien nachweisen lassen. Im Labor kann auch festgestellt werden, ob der nachgewiesene Typ der Shigella-Bakterien bereits Resistenzen gegen ein bestimmtes Antibiotikum entwickelt hat. Für den Arzt ist diese Information entscheidend, damit er im Anschluss festlegen kann, wie die Shigellenruhr am wirksamsten zu behandeln ist.
Wie wird die Erkrankung behandelt?
Eine Shigellose sollte behandelt werden. Da es sich bei den Shigellen um Bakterien handelt, ist im Erkrankungsfall ein Einsatz von Antibiotika sinnvoll. Vor der Wahl des Medikamentes ist ein Antibiogramm des nachgewiesenen Erregers aus dem Labor notwendig, da es bei den Shigellen bereits Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika geben kann. Auch wenn die Erkrankung nur milde verläuft, können Antibiotika die Dauer der Darminfektion und damit auch die Erregerausscheidung verkürzen. Damit können auf der einen Seite mögliche Komplikationen vermieden werden, auf der anderen Seite verringert man die Ansteckungsgefahr für andere Menschen.
Neben dem Einsatz von Medikamenten sollte auf jeden Fall der Flüssigkeits- und Elektrolytverlust, verursacht durch die starken Durchfälle ausgeglichen werden. Ist die Erkrankung so schwer, dass nicht ausreichend Flüssigkeit zu sich genommen werden kann, können auch Infusionen erforderlich sein. Nicht empfohlen werden Medikamente, die die Durchfälle stoppen sollen.
Wie kann ich mich und andere schützen?
Der beste Schutz vor einer Shigelleninfektion ist regelmäßiges Händewaschen, da die Bakterien häufig direkt über die Hände übertragen werden. Weiterhin sollte grundsätzlich auf Sauberkeit bei der Trinkwasser und Lebensmittelzubereitung geachtet werden. In Ländern mit ungünstigen hygienischen Verhältnissen, sollte man kein Leitungswasser trinken und die Nahrungsmittel vor dem Verzehr kochen oder braten. Auf Salate und Obst sollte verzichtet werden, außer man schält es selbst. Ist im Umfeld bereits eine Erkrankung ausgebrochen, sollten alle Gegenstände, mit denen der Erkrankte in Berührung gekommen ist, laufend desinfiziert werden. Bettwäsche und Handtücher sollten bei mindestens 60° C gewaschen werden. In diesem Fall ist neben dem normalen Händewaschen eine Händedesinfektion sinnvoll, denn die Ausscheidungen des Erkrankten sind hoch-infektiös.
Gibt es eine Impfung?
Leider ist bislang keine Impfung zum Schutz vor einer Erkrankung an Shigellose verfügbar. Auch eine durchgemachte Infektion hinterlässt keine oder nur eine geringfügige Immunität.
Welche Regelungen gelten für (Kinder-)Gemeinschaftseinrichtungen?
Besteht allein der Verdacht auf eine Shigellose, dürfen (Kinder-) Gemeinschaftseinrichtungen nicht besucht werden. Die Eltern müssen die betreffende Einrichtung über die Erkrankung des Kindes informieren. Erkrankte dürfen nach Ausheilung der Infektion und dem Vorliegen von drei negativen Stuhlproben die Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen. Dafür ist ein ärztliches Attest erforderlich. Für Kontaktpersonen aus dem gleichen Haushalt des Erkrankten gilt, dass Gemeinschaftseinrichtungen erst nach Ende der mittleren Inkubationszeit und vorliegenden negativen Stuhlproben wieder aufgesucht werden dürfen. Für Berufstätige, die im verarbeitenden Lebensmittelbereich arbeiten gelten die gleichen Beschränkungen, da hier die Gefahr besteht, dass Lebensmittel kontaminiert werden und so weitere Menschen angesteckt werden.
Ist die Erkrankung meldepflichtig?
Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) müssen Ärzte und Labore jeden Verdacht, Nachweis oder den Tod infolge einer Shigellose dem zuständigen Gesundheitsamt melden.