Innenstadtentwicklung
Stadt packt die Aufwertung der bahnhofsnahen Plätze an
Mehr Restauration, Events und neue soziale Angebote: Die Plätze zwischen dem Nordausgang des hannoverschen Hauptbahnhofs und der List sollen attraktiver gestaltet werden. Neben vielen kleinen und größeren baulichen, sozialen und ordnungsrechtlichen Vorhaben sticht die Belebung des Raschplatzes heraus: Mit einem Beach- und Sportangebot soll der Platz zwischen Kinos, Hauptbahnhof und Pavillion zu einem Eventort werden und dauerhaft einen anderen Charakter erhalten.
Hannover ist auf dem Weg zu einer attraktiveren Innenstadt für alle Menschen. Mit langfristigen und kurzfristigen Maßnahmen macht sich die Stadt daran, die City zu beleben. Der hannoversche Hauptbahnhof spielt dabei eine Schlüsselrolle und rückt in diesem Jahr in den Fokus. Oberbürgermeister Belit Onay analysiert die Situation: „Wenn sich die Menschen am und um den Hauptbahnhof nicht wohlfühlen, strahlt das in die ganze Innenstadt und die angrenzenden Quartiere ab.“ „Derzeit“, so Onay, „haben wir soziale, bauliche und ordnungsrechtliche Herausforderungen. Und wir wissen, dass viele Hannoveraner*innen die bahnhofsnahen Plätze meiden.“ Dieser Zustand sei unhaltbar. „Wir haben die Situation analysiert, haben Vorschläge erarbeitet und gehen jetzt in die Umsetzung. Das ganze Quartier wird aufgewertet.“
Im Rahmen eines breit gefächerten Maßnahmenkatalogs will die Stadtverwaltung in den kommenden Monaten die Wende auf den drei Plätzen einleiten: „Wir können nicht dabei zusehen, wie sich die Situation nördlich des Hauptbahnhofs immer weiter verschlechtert. Wir wollen dem Quartier eine völlig veränderte Wahrnehmung und Atmosphäre geben“, so Ordnungsdezernent und Erster Stadtrat Axel von der Ohe.
Weiterentwicklung des Weißekreuzplatzes und Andreas-Hermes Platzes
Der Andreas Hermes Platz und der Weißekreuzplatz werden baulich und ordnungsrechtlich weiterentwickelt. So wird der Weißekreuzplatz neu in Nutzungszonen aufgeteilt. Es entstehen neue Flächen für Restauration und Bewirtung. Sport- und Spielangebote werden als nicht kommerzielle Flächen integriert. Gleichzeitig wird eine Verkehrsberuhigung vorgenommen. Flächen für Kunst entstehen, während der grundsätzlich grüne Charakter des Platzes erhalten bleiben wird. Für den Andreas-Hermes-Platz ist vorgesehen, den Brunnen zurückzubauen – da dieser heute oftmals zur Müllentsorgung zweckentfremdet wird. Der Platz als solches soll in den warmen Monaten als Sport- und Bewegungsraum erschlossen werden. Denkbar ist eine Belebung durch Open-stage-Formate, durch Tango im Freien, wie es etwa auch in früheren Experimentierräumen stattgefunden hat. Auch darüber hinausreichende Kulturveranstaltungen sind denkbar. Onay macht deutlich: „Wenn wir die Plätze besser strukturieren und attraktive Angebote machen, werden sie auch für Menschen attraktiver, die sie heute meiden.“ Auch kleine Kniffe könnten eine große Wirkung haben, so der Oberbürgermeister.
Ein Event mit Signalwirkung
Weitreichender sind die temporären Ideen für den gesamten Raschplatz. Dieser wird in den Sommermonaten zur innerstädtischen Sportbühne. Es wird eine Sandfläche aufgeschüttet, die umrandet von Tribünen und Podesten eine Arena für Beachvolleyball, Beachsoccer, Beachtennis und Beachrugby wird. Pflanzen sowie Sound- und Lichttechnik sorgen für karibisches Flair und auch ein entsprechendes gastronomisches Angebot wird eingerichtet. Hier können sich lokale Sportvereine, Freizeitsportler*innen, aber auch professionelle Athlet*innen messen. Ziel ist es, unterhalb der Woche die Fläche zum Training freizugeben und die Wochenenden mit lokalen, nationalen oder freizeitorientierten Veranstaltungen zu bespielen.
In einer Kooperation zwischen der Landeshauptstadt und der Hannover-Veranstaltungs-GmbH (HVG) soll der Raschplatz zu einem attraktiven Raum werden. Auch die Hannover Region Grundstücksgesellschaft (HRG) und Sparkasse haben ihre Unterstützung zugesagt. Turniere, freies Training und eine lockere Atmosphäre sollen dem Platz einen grundsätzlich neuen Charakter geben. Axel von der Ohe freut sich auf den Sommer am Raschplatz: „Veränderungen werden nur real, wenn sie greifbar und erlebbar sind. Wir müssen den Menschen der Stadt ein Angebot machen, den Raschplatz wieder für sich zu nutzen. Wir verbessern jetzt das subjektiv erlebte Sicherheitsgefühl durch eine heterogene Nutzung und eine Belebung. Damit geht eine bessere Kontrollmöglichkeit und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität und der Sauberkeit einher“.
Das Event soll im Laufe des Monats Mai starten und dann rund drei Monate laufen. Eine organisierte Nutzung vom frühen Nachmittag bis in die Abendstunden soll gewährleistet werden. Eine erste Kostenschätzung für das Gesamtprojekt am Raschplatz beläuft sich – je nach Ausgestaltung – auf rund 400.000 Euro. Die Details zum Programm und den Abläufen werden im Laufe des Frühjahrs vorgestellt. Hans Nolte, Chef der Hannover-Marketing-Gesellschaft (HMTG) übernimmt die Organisation: „Der Bahnhof und sein Umfeld ist als Ankunftsort in unserer Stadt für viele der erste Eindruck von Hannover. Mit dem Sport- und Eventprogramm können wir Hannover nachhaltig attraktiver machen.“
Keine Entwicklung ohne Experimente
Onay macht deutlich, dass die Entwicklung der Innenstadt daran hängt, neue Dinge auszuprobieren: „Vor zwei Jahren haben mit den Experimentierräumen erfolgreich die Grundlage für eine autofreie und menschengerechte Innenstadt gelegt. Daran knüpfen wir an und Experimentieren weiter. Was klappt, setzen wir fort, was nicht klappt, macht uns um eine Erfahrung reicher.“
Seitens der Stadtentwicklung werden in diesem Jahr ausgehend vom Innenstadtdialog auch Überlegungen weiterentwickelt, wie der Bereich zwischen Berliner Allee und Hauptbahnhof – und damit auch der Raschplatz – städtebaulich langfristig entwickelt werden kann. In einem ersten Schritt soll ein Masterplan für das nördliche Bahnhofsviertel erarbeitet werden.
Bahnhofsquartier bleibt Ort aktiver Sozialpolitik
Sylvia Bruns, Sozialdezernentin der Landeshauptstadt Hannover betont, dass die niedrigschwelligen Angebote für wohnungslose und suchtkranke Menschen eingebettet sind in die Weiterentwicklung des gesamten Bereichs. „Auch die obdachlosen und teils suchtkranken Menschen, die sich derzeit auf den bahnhofsnahen Plätzen aufhalten, bekommen neue Hilfen und Aufenthaltsorte in der Innenstadt.“
Fortschritte bei der Verbesserung der Aufenthaltsqualität und neuen Hilfen sind unter anderem:
- Verlegung des Kontaktladens Mecki in eine neue Räumlichkeit und mit zusätzlichen medizinischen Angeboten
- Kombiniertes Angebot aus Bett, Substitution und Tagesstruktur, dezentrales Angebot in Kooperation mit Suchthilfe und Suchtmedizin
- Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf dem Vorplatz Fernroder Straße für die offene Drogenszene durch verbesserten Witterungsschutz (Sitzplätze, Dächer)
- Ausbau der Diamorphinambulanz auf 150 Plätze und zusätzlich Ausbau der Tagesstruktur in der Praxis; die bisherigen Räumlichkeiten in der Odeonstraße bieten nur für 80 Patient*innen Raum; für die Erweiterung ist eine neue Immobilie zu suchen
- Schaffung eines Modellprojekts „Substitution Crack“ durch eine gemeinsame Initiative mehrerer Bundesländer für einen wissenschaftlich begleiteten Modellversuch
- Ausbau der städtischen Straßensozialarbeit „Arbeitsschwerpunkt Sucht“ mit dem Ziel, die Koordination mit Suchtmedizin zu verbessern
Bruns beschreibt, dass die Vielfalt und ein Mix aus zentralen und dezentralen Angebote die Chance bieten, die besonders durch Nutzungskonflikte geprägten, innenstadtnahen Plätze zu entlasten. Bestehende Angebote werden dafür kontinuierlich vernetzt. Künftig sollen auch mobile Angebote eine größere Rolle spielen.
Für Stadträtin Bruns steht fest: „Angebote für wohnungslose Menschen müssen niedrigschwellig erreichbar sein. Wohnungslose Menschen gehören zur Stadtgesellschaft und werden auch zukünftig öffentliche Räume nutzen.“
Die Stadtverwaltung wird das Gesamtkonzept zur ordnungsrechtlichen und sozialpolitischen Weiterentwicklung der bahnhofsnahen Plätze zeitnah vorstellen.