Die Umfrage sei zwar nicht repräsentativ, gebe jedoch wichtige Hinweise. Es habe sich gezeigt, dass die Themen Mobilität und Verkehr sowie die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums mit deutlichem Abstand die Themen seien, die die Menschen am meisten bewegten.
Eine Vielzahl von Angeboten
Im Zeitraum vom 5. Juli bis 1. August wandte sich die Stadt im Experimentierraum Schmiedestraße / Köbelinger Markt mit einer Vielzahl von kreativen, sportlichen und informativen Mitmachangeboten an die Bürger*innen. Sie präsentierte Ideen zu nachhaltiger Stadtentwicklung. Sie schränkte den Autoverkehr und Parkmöglichkeiten deutlich ein und schuf stattdessen mehr Stadtgrün sowie neue Sitz- und Verweilmöglichkeiten. Sie baute ein Pop-up-Jugendzentrum und einen Schilderwald auf, der das zukünftige Leben in der Landeshauptstadt beschreibt. Das von Studierenden aufgelegte Format "Was wäre wenn" stellte auf großformatigen Bodenbildern szenisch dar, wie Orte der Stadt anders genutzt werden könnten und damit auch anders aussähen. All das war Teil des Innenstadtdialogs, der die Bürger*innen ins Boot holen soll, um ein Konzept für das Zentrum der Zukunft zu entwerfen.
Fragebogen: Begrünung mit bester Bewertung
Bei der Fragebogen-Aktion bewerteten die Teilnehmenden die Angebote des Experimentierraums nach dem Schulnotensystem. Die positivste Benotung erlangte die Ausstattung des Experimentierraums mit "mehr Grün". 64 Prozent der hier Antwortenden vergaben dafür die Note "sehr gut" . Die kontroverseste Bewertung erhielt das Angebot "weniger Fläche für den PKW-Verkehr". Hier vergaben 57 Prozent der Befragten ein "sehr gut", 20 Prozent dagegen bewerteten dieses Angebot mit der Note 6. Die "Angebote für Kinder und Jugendliche" sowie "Sport- und Bewegungsangebote" wurden von etwas mehr als einem Drittel der Befragten mit "sehr gut" bewertet. "Kunst- und Kulturangebote" erhielten von 44 Prozent die Bestnote.
Befragte notieren Wünsche
Die Befragten waren zudem aufgefordert, ihre Wünsche für die Zukunft im öffentlichen Raum der Innenstadt offen zu formulieren. Insgesamt wurden in den 561 ausgefüllten Fragebögen knapp 900 Wünsche geäußert. Der Wunsch "allgemein mehr Grün" führt mit 136 Nennungen die Rangliste an, gefolgt von "mehr Sitz- und Verweilgelegenheiten" (119 Nennungen), "mehr Platz für Fahrräder" (82 Nennungen) und "weniger Verkehr" (59).
86 Befragte, die an der Fragebogenaktion teilnahmen, nutzten die Gelegenheit, um Lob oder Kritik im Kontext des Experimentierraums zu äußern. 26 Personen bezeichnen das Projekt als gelungen. Sie schlugen unter anderem vor, solche Experimentierräume auch "großflächiger, dauerhaft und in anderen Stadtteilen" umzusetzen. 15 Personen äußerten sich negativ zum Stadt-Experiment. Sie kritisierten etwa die "Verwendung der Steuergelder für solche Projekte" oder merkten eine "Geschäftsschädigung als Folge der Straßensperrung" an. 45 Personen kritisierten die Durchführung des Projekts Innenstadtdialog: unter anderem eine "mangelhafte Kommunikation" und eine "fehlende Beteiligung der Gremien und Gewerbetreibenden" sowie ein "mangelhaftes Konzept für den Autoverkehr".
Weitere Denkanstöße
Weitere Denkanstöße hat die Stadt in einer Reihe von Leitfaden-Interviews mit unterschiedlichen Akteur*innen erhalten, die sich mit der Entwicklung der Innenstadt befassen – darunter Vertreter*innen des Handels und der Gastronomie sowie Architekt*innen und Stadtplaner*innen.
"Das alles sind wertvolle Beiträge zur Erarbeitung eines Konzeptes für eine zukunftsfähige Innenstadtentwicklung", betonte Onay. "Die vielfältige Resonanz, die wir aus der Stadtgesellschaft auf den ersten Experimentierraum am Köbelinger Markt und der Marktkirche erhalten haben, bewerte ich insgesamt als positives Signal. Das ist genau das, was wir beabsichtigt haben. Selbstverständlich nehmen wir die Kritik genauso auf wie die positiven Rückmeldungen. Jede Stimme soll Gehör finden." Der OB betonte, die Stadt habe den Anspruch, zukünftig noch besser zu informieren.
Erkenntnisgewinn nicht abhängig vom Programm
Die zweite Phase des Experimentierraums, bei der interessierte Personen und Institutionen aufgefordert waren, sich einzubringen, war verhaltener als die erste Phase. Dennoch waren die Beiträge von Studierenden des Instituts für Landschaftsarchitektur, des ADFC, des Bundes Deutscher Architekten, der Limmer Nachbarschaft oder auch der Bürger-Brunch nach Einschätzung Onays "von hoher Wertigkeit". Für die oft gestellte Frage, ob in dieser Experimentierphase nicht mehr hätte passieren können, habe er Verständnis, so der Oberbürgermeister. Auch er hätte sich mehr Beteiligung und Initiative vorstellen können. "Der Erkenntnisgewinn ist aber nicht abhängig davon, ob dort ein dichtes Programm stattfindet oder der Raum für sich alleine steht", stellte Onay klar. "Wir wollen herausfinden, wie die Menschen die neuen Möglichkeiten annehmen. Und ganz konkret dazu: Die Rückmeldung, die mich am häufigsten erreicht hat, ist, dass viele den Köbelinger Markt überhaupt das erste Mal als mehr erfahren als einen Durchgangsraum, als einen Parkplatz, als einen Ort unter Platanen, den man möglichst schnell wieder verlässt. Für mich ist das bereits ein Gewinn."
Stadt bereitet zweiten Experimentierraum vor
Die Erfahrung aus dem ersten Experimentierraum sei, dass die große Mehrzahl der Besucher*innen sich beteiligen wolle und die Wiederholung solcher Reallabore unterstütze, so Onay. "Das bestärkt uns auch in der Ansicht, dass wir den richtigen Zeitpunkt für die Experimente gewählt haben. Und es macht Mut für das nächste Reallabor, das wir anbieten werden." Mit Hochdruck bereitet die Verwaltung den zweiten Experimentierraum vor, der im Rahmen des Innenstadtdialogs vom 30. August bis 12. September im Kulturdreieck stattfinden soll. Damit ist das Areal rund um Opernhaus, Schauspielhaus und Künstlerhaus gemeint. Auch hier dreht sich alles um die Frage, wie innerstädtische Areale anders genutzt werden können, um dort mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen.