Menschenrechte
Onay übernimmt Patenschaft für im Iran inhaftierte Studentin
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay übernimmt eine Patenschaft für die im Iran inhaftierte Soha Mortezaei. Die Studentin und Aktivistin setzt sich für die Rechte von Frauen und für mehr Bildungsgerechtigkeit im Iran ein. Deshalb landete sie im Gefängnis.
Mit der Patenschaft, die in enger Zusammenarbeit mit Aktivist*innen aus Hannover und mit Unterstützung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) entstanden ist, setzt Onay ein deutliches Zeichen gegen die Menschenrechtsverletzungen des autoritären iranischen Regimes.
Proteste nach Tod von Jina Masha Amini
"Der tragische Tod von Jina Masha Amini vor einem Jahr, die im Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei unter erschütternden Umständen ums Leben kam, rief eine Welle des Protests und der Empörung hervor. Wir gedenken diesem schmerzlichen Jahrestag und erinnern uns an Jina Masha Amini sowie an alle Menschen, die noch immer unter politischer Repression leiden. Wir müssen weiterhin unsere Aufmerksamkeit auf die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im Iran richten. Wir dürfen nicht schweigen, während Menschen für ihre Überzeugungen und ihre Stimme inhaftiert werden. Als Oberbürgermeister fühle ich die Verantwortung, auf diese Missstände aufmerksam zu machen und Solidarität zu zeigen“, sagte Onay zu seiner Entscheidung.
Wie viele andere Aktivist*innen im Iran wurde die 33-jährige Mortezaei aufgrund ihrer friedlichen Protestaktivitäten von den Geheimdienstmilizen der Revolutionsgarde festgenommen. Bereits im Jahr 2020 wurde eine sechsjährige Haftstrafe gegen die Studentin verhängt, weil sie an den landesweiten Protesten im November 2019 teilgenommen und sich an einem Sitzstreik an der Uni Teheran beteiligt hatte, um sich für das Bildungsrecht von Frauen einzusetzen. Später wurde sie gegen Kaution freigelassen. Jetzt sollen nach Angaben des Studentengewerkschaftsrats* davon drei Jahre und acht Monate vollstreckt werden, weil sie an den Protesten im November 2022 teilnahm. Derzeit befindet sich Soha Mortezaei im Gharchak-Frauengefängnis, wo sie ihre Haftstrafe verbüßen soll. Berichten zufolge, die der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) vorliegen, soll sie während ihrer Verhaftung sexuellen Misshandlungen und schweren Übergriffen durch Vernehmungsbeamte ausgesetzt worden sein. Soha Mortezaei habe dabei zahlreiche Verletzungen sowie Blutergüsse erlitten. Notwendige medizinische Versorgung war ihr vorenthalten worden.
Bestürzung über Brutalität und Willkür
„Ich bin zutiefst bestürzt über die außerordentliche Brutalität und Willkür, mit der das iranische Regime gegen die Menschen im eigenen Land vorgeht. Mit der Übernahme der Patenschaft ist es mein Ziel, die Öffentlichkeit auf die Umstände der Verhaftung und die unmenschlichen Haftbedingungen von Soha Mortezaei aufmerksam zu machen und für ihre Freilassung einzutreten“, erklärt der Oberbürgermeister. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen aufgrund ihrer friedlichen Proteste so behandelt werden. Ich verurteile diesen menschenverachtenden Umgang aufs Schärfste und fordere die iranischen Behörden auf, Soha Mortezaei sowie alle anderen politischen Gefangenen unverzüglich freizulassen.“, erklärt Onay.
Diese Aufforderung werde er in einem Brief direkt an die iranische Botschaft richten. Darüber hinaus werde er sich an die Außenministerin sowie an andere Regierungsvertreter*innen wenden, um verstärkt auf den Fall von Soha Mortezaei aufmerksam zu machen und ihre sofortige bedingungslose Freilassung einzufordern.
Zusätzlich dazu appelliert Oberbürgermeister Onay an hochrangige politische Persönlichkeiten und weitere Städte- und Regierungsvertreter*innen sich ebenfalls für politisch inhaftierte Personen im Iran einzusetzen. Denn gemäß den Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) können Patenschaften in vielen Fällen einen positiven Einfluss bewirken, wie etwa Erleichterungen während der Haft oder eine verbesserte Behandlung der Inhaftierten. Der Oberbürgermeister hegt die gleiche Hoffnung angesichts seiner Übernahme der politischen Patenschaft für Soha Mortezaei.
Im Rahmen dieser Patenschaft wird der Oberbürgermeister regelmäßig von der IGFM über Soha Mortezaeis aktuelle Situation unterrichtet. In enger Abstimmung mit der IGFM wird er sich öffentlich für die Belange und die Freilassung der jungen Studentin einsetzen.
Zum Hintergrund
Als Reaktion auf die Gewalt des autoritären iranischen Regimes gegenüber den friedlich Protestierenden im Rahmen der landesweiten Proteste dort im November vergangenen Jahres, hat der Rat der Landeshauptstadt Hannover bereits am 24. November 2022 eine Ratsresolution verabschiedet und das brutale Vorgehen des autoritären Mullah-Regimes mit aller Deutlichkeit verurteilt. Mit der Deutschen Messe AG wurde eine Vereinbarung getroffen, dass es auf keiner von der DMAG ausgerichteten Veranstaltungen bis auf weiteres einen offiziellen iranischen Länderstand oder von der iranischen Regierung organisierten Auftritt geben soll.
Patenschaft für eine politisch inhaftierte Person
Eine Patenschaft für politisch inhaftierte Personen ist eine Form der Solidarität, bei der eine Person oder eine Gruppe eine Verbindung mit einer Person eingeht, die aufgrund ihrer politischen Überzeugungen oder Handlungen inhaftiert wurde. Das Ziel einer solchen Patenschaft ist es, die inhaftierte Person zu unterstützen und darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Inhaftierung ungerecht oder politisch motiviert ist. Diese Patenschaften werden in der Regel durch verschiedene Patenschaftsprogramme, wie beispielsweise durch die "Internationale Gesellschaft für Menschenrechte", vermittelt.
*Studentengewerkschaftsrat:
Hierbei handelt es sich um eine Student*innen-Organisation, die sich für die Interessen der Studierenden an den iranischen Universitäten einsetzt. Der "Studentengewerkschaftsrat" wurde im Iran mit dem Ziel gegründet, die Studierenden an der Entscheidungsfindung und Planung für die Gewerkschafts-, Wohlfahrts- und Bildungsangelegenheiten der Studierenden zu beteiligen. Im Iran gibt es an jeder Universität einen „Studentengewerkschaftsrat“. Soha Mortezaei war z.B. Sekretärin des Gewerkschaftsrates an der Universität Teheran. Mit dem o.g. "Studentengewerkschaftsrat" ist der "Studentengewerkschaftsrat des Landes" gemeint, der über die Ereignisse an allen iranischen Universitäten berichtet.
*Internationale Gesellschaft für Menschenrechte:
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) (International Society for Human Rights, ISHR) ist eine Menschenrechtsorganisation mit Sektionen in 48 Ländern der Welt, die im Jahr 1972 in Frankfurt a.M. gegründet wurde. Die IGFM setzt sich für politische Gefangene weltweit ein. Seit dem Jahr 2009 hat sie bereits über 300 politische Patenschaften vermitteln können.