Zusammenarbeit der Religionen stärkt die Demokratie
Auch in diesem Jahr lud die Landeshauptstadt Hannover anlässlich des Endes des Fastenmonats Ramadan Vertreter/innen aus allen muslimischen Gemeinden und Organisationen zum Empfang ins Neuen Rathaus ein. Unter den Gästen befanden sich auch Politiker/innen des Stadtrats.
Sozial- und Sportdezernentin Konstanze Beckedorf begrüßte die Anwesenden und zeigte sich in ihrer Rede besorgt über die zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Muslimen. So sei es erschreckend, dass allein im Jahr 2017 bundesweit 60 Angriffe auf muslimische Einrichtungen gemeldet worden seien. Das sei absolut inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen. Beunruhigend sei auch, dass Im Nachbarland Österreich sogar darüber diskutiert werde, Imame des Landes zu verweisen. Dies sei umso trauriger, als in Österreich muslimische Organisationen schon über 100 Jahren völlig unbestritten heimisch seien und dort sogar den hierzulande immer noch undenkbaren Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genießen. Mit einer Rauswurf-Rhetorik wie in Österreich könne Integration nicht funktionieren.
Die Landeshauptstadt Hannover habe schon vor zehn Jahren erkannt, dass nur Dialog und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Etablierten und Eingewanderten den Weg zum Ziel der gleichen Teilhabe für alle in unserer Stadt öffnen. Deshalb habe man damals den Lokalen Integrationsplan ausgearbeitet. Dieser werde in diesem Jahr überarbeitet. Beckedorf lud die Anwesenden dazu sich ein, sich an der Weiterentwicklung des Integrationsplan zu beteiligen. Sodann stellte sie ihre Nachrednerin, die Ärztin Hatun Karakaş von der hannoverschen Ortsgruppe der Muslimischen Jugend in Deutschland e.V. (MJD) vor. Diese habe sich durch ihr Engagement für interreligiöse Verständigung verdient gemacht.
Karakaş begann ihre Rede mit einer Vorstellung ihres Verbands. Die Mitglieder des MJD hätten sehr verschiedene Hintergründe und neben der Religion die deutsche Sprache als gemeinsamen Nenner. Sie arbeiteten unabhängig von den Erwachsenenverbänden und führten Projekte mit und für Jugendliche durch. Für das erfolgreiche Projekt „TeaTime“ habe der Verband sogar Manuela Schwesig (seinerzeit Bundesministerin) als Schirmherrin gewinnen können.
Zuvor habe der Verband jedoch auch Rückschläge erleiden müssen, weil sie zu Unrecht radikaler Umtriebe beschuldigt und sogar vom Verfassungsschutz beobachtet werden seien. Infolge dessen seien Fördergelder verweigert und sogar der Status der Gemeinnützigkeit in Frage gestellt worden. Mit verfassungsfeindlichen Extremist/innen in eine Reihe gestellt zu werden, sei für die Verbandsmitglieder unerträglich gewesen. Glücklicherweise habe sich mit der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. ein treuer und zuverlässiger Kooperationspartner gefunden, der unbeeindruckt von den unzutreffenden Vorwürfen des Verfassungsschutzes die MJD immer unterstützt habe. Dieser vertrauensvolle religionsübergreifende Zusammenarbeit sei die richtige Grundlage, um die Demokratie zu stärken und zu verteidigen.
Karakaş riet den Vertreter/innen der Moscheen, den Jugendlichen in ihren Gemeinden mehr zu vertrauen. Auch sollten sie manchmal über ihre je eigene Gruppen hinausschauen und sich gegenüber anderen Ethnien öffnen. Die Politiker/innen forderte sie zu einem klaren Bekenntnis auf, dass muslimische Jugendliche willkommen seien und dass man ihnen zuhören wolle. So könne auch verhindert werden, dass noch mehr muslimische Akademiker/innen auswanderten, weil sie sich ausgeschlossen fühlten in einem Land, in dem sie geboren und aufgewachsen seien.
Nach den Reden wurde das Buffet eröffnet. Die Teilnehmer/innen blieben noch gut eine Stunde im Rathaus und tauschten sich in lockerer Atmosphäre aus.