Diskussion über das Ende der anonymen Bewerbungsverfahren und über die Betreuung demenzerkrankter Migrant/innen.
Am 26. Juni beriet der Internationale Ausschuss unter Vorsitz des neuen Bürgermeisters Thomas Hermann über die Auswirkungen der 2013 eingeführten anonymisierten Bewerbungsverfahren für Jobs in der hannoverschen Stadtverwaltung (Drucks. 1068/2014 N1). Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) probierte ein Jahr lang ein Verfahren aus, bei dem die Bewerbenden standardisierte Formulare ausfüllen, in denen Merkmale wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung und Weltanschauung nicht abgefragt wurden. Der Fokus auf die Qualifikationen der Bewerbenden sollte möglichen Diskriminierungen vorbeugen und so helfen, in den oberen Gehaltsgruppen der Verwaltung den Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund und von weiblichen Beschäftigten zu erhöhen.
Das sei allerdings nicht erreicht worden, wie Personaldezernent Harald Härke berichtete. Die Erprobung der anoymisierten Verfahren habe zu 56 Prozent weniger Bewerbungen geführt und man habe dadurch nicht diejenigen Gruppen erreichen können, die man eigentlich zum Bewerben motivieren wollte. Härke riet dazu, die Praxis der gezielten Förderungen unterrepräsentierter Gruppen fortzusetzen, denn so habe man mit einem niedersachsenweit höchsten Migrant/innenanteil im Verwaltungspersonal die Vorgabe von zehn Prozent übertreffen können. Dem schloss sich auch Sozialdezernent Thomas Walter an, denn in seinen Fachbereichen komme es – unabhängig von Quotenregelungen – häufig vor, dass bestimmte sprachliche und kulturelle Kompetenzen benötigt werden und deshalb gezielt Personal mit Migrationshintergrund gesucht werde. Dabei seien anonyme Bewerbungen eher kontraproduktiv. Kritik an der Drucksache kam hingegen aus den Reihen der Ratsleute. So zeigte sich Lars Kelich (SPD) unzufrieden damit, dass ungeklärt geblieben sei, ob die Anonymisierung tatsächlich ausschlaggebend für den Rückgang an Bewerbungen war.
Weiter ging es mit dem Abschlussbericht zum Modellprojekt „Niedrigschwellige Betreuung für demenzkranke Menschen mit Migrationshintergrund“ (Drucks. 0853/2014). Die LHH beteiligte sich an dem Projekt des niedersächsischen Sozialministeriums, um auch diejenigen Demenzkranke betreuen zu können, die im Krankheitsverlauf in ihre Muttersprache zurückfallen und ihre Deutschkenntnisse vergessen. Da ihre Gedankenwelt sich auf früheste Erinnerungen in ihren Heimatländern beschränke – so erklärte Thomas Walter – brauche das Betreuungspersonal entsprechende kulturelle Kenntnisse. Die Teilnahme an dem Projekt habe wichtige Anhaltspunkte geliefert, wie man den Pflegealltag in den sechs städtischen Einrichtungen mit Blick auf demente Migrant/innen verbessern könne. Marcella Heine (beratendes Mitglied) und Ratsfrau Selin Arikoglu (B90/Die Grünen) rieten zur Einbeziehung von Migrantenorganisationen, um auch diejenigen Familien zu unterstützen, die ihre dementen Verwandten selber pflegen. Ratsfrau Georgia Jeschke (CDU) äußerte sich kritisch zum Projekt, denn angesichts des Kostenanteils in Höhe von 10.000 Euro für die Kommune müsste mehr als 80 Infoveranstaltungen und sechs Hausbesuche machbar gewesen sein.
Zum Schluss stimmte der Ausschuss über zwei Anträge auf Zuwendungen ab. Mit neun Ja-Stimmen und einer Enthaltung wurden dem Afrikanischen Dachverband Norddeutschland e.V. knapp 11.500 Euro genehmigt für das Projekt „Organisatorische Unterstützung der ehrenamtlichen Geschäftsführung“ (Drucks. 0854/2014). Auch ein Antrag der Liberalen Jüdischen Gemeinde über 6.000 Euro für das Projekt „Integrationsberatung für russischsprachige Zuwanderer und Kontingentflüchtlinge“ (Drucks. 1247/2014) wurde einstimmig bewilligt.
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