Gesundheitskarte für Flüchtlinge?

44. Sitzung des Internationalen Ausschusses

Stadtverwaltung soll Modernisierung des Abrechnungssystems prüfen.

Daniel Lüchow (l.) und Malte Haffner (r.) vom Medinetz-Hannover e.V..

Am 15. September 2016 trat der Internationale Ausschuss zu seiner 44. und letzten regulären Sitzung in dieser Ratsperiode zusammen. Der Vorsitzende, Bürgermeister Thomas Hermann, eröffnete wie immer mit der Einwohnerfragestunde. Diesmal meldeten sich Daniel Lüchow und Malte Haffner vom Medinetz-Hannover e.V. und wiesen auf bürokratische Hürden bei der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen hin. Diese müssten Behandlungsscheine eigens beantragen, um sie dann den behandelnden Ärzt/innen vorlegen zu können. Lüchow berichtete von Diskussionen über verschiedene Lösungsansätze in anderen Kommunen und Ländern. Er stellte schließich die Frage, welches Modell die Landeshauptstadt Hannover wählen wolle, um einen diskriminierungsfreien Zugang zu Gesundheitsleistungen in Hannover sicherzustellen.

Sozialdezernentin Konstanze Beckedorf wies in ihrer Antwort für die Verwaltung darauf hin, dass man im fachlichen Austausch mit allen Akteur/innen stehe. Jeder Lösungsansatz müsse zudem mit der Region Hannover abgestimmt werden, weil diese die eigentliche Zuständigkeit im Feld Gesundheit habe. Der Schutz vor Diskriminierungen in der Gesundheitsversorgung sei ein zentraler Gedanke in der niedersächsischen Rahmenvereinbarung mit den Krankenkassen und werde in allen diskutierten Modellen berücksichtigt.

In der Tagesordnung ging es dann weiter mit dem Thema „elektronische Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge“. Die CDU-Fraktion legte einen Dringlichkeitsantrag (Drucks. 2039/2016) vor, nach welchem eine Anhörung zu ihrer Einführung durchgeführt werden soll. Ratsherr Lars Kelich (SPD) äußerte Zweifel an der Dringlichkeit des Antrages, denn die rot-grünen Fraktionen hätten bereits in der vorherigen Sitzung einen Antrag vorgelegt, dass die Verwaltung die Einführung der eGK für Flüchtlinge prüfen solle. Ratsfrau Georgia Jeschke (CDU) zeigte sich damit unzufrieden und argumentierte, dass dieses Thema wichtig sei und vom Rat öffentlich diskutiert werden müsse. Die Dringlichkeit des Antrages wurde mit drei zu sechs Stimmen abgelehnt – damit wird der Antrag erst in der nächsten Sitzung inhaltlich diskutiert.

(V.l.n.r.) Georgia Jeschke, Thomas Klapproth und Dr. Stefanie Matz (CDU)

Anschließend stand ein CDU-Antrag (Drucks. 1514/2016) zur Debatte, nach dem die Verwaltung eine zentrale Koordinierungsstelle für stadtweite Dolmetscherdienste einrichten solle. Ratsherr Wilfried Engelke (FDP) bezeichnete den Antrag als „gute Idee“, doch sei die Verwaltung der falsche Adressat für diese Aufgabe. Auch Ratsfrau Renate Steinhoff (B90/Die Grünen) sah Probleme bei der Umsetzung und merkte an, dass man dazu eine Personalstelle bräuchte, die im Haushalt nicht vorgesehen sei. Außerdem könne die Verwaltung keine Verantwortung für Dolmetscherdienste übernehmen, die in privaten Trägerschaften eingegliedert seien. Ratsfrau Dr. Stefanie Matz (CDU-Fraktion) sah dies anders. Sie sei sich zum Beispiel nicht sicher, an wen sie sich wenden könne, wenn sie als niedergelassene Ärztin eine Patientin behandeln wolle, die die deutsche Sprache noch nicht beherrsche. Eine zentrale Anlaufstelle in der Stadtverwaltung könne hilfreich für alle Organisationen sein, die mit Flüchtlingen in Kontakt kämen. Bei der abschließenden Abstimmung wurde der Antrag mit drei Ja- und sechs Nein-Stimmen abgelehnt.

(V.l.n.r.) Afra Gamoori, Lars Kelich, Désirée Barnert (SPD)

Beim darauffolgenden Antrag kam der Ausschuss zurück auf das Thema eGK (Drucks. 1465/2016). Darin fordern die rot-grünen Fraktionen, dass die Verwaltung die Einführung einer eGK prüfen solle. Die Drucksache war schon in der vorangegangenen Sitzung vorgelegt und von der CDU in die Fraktion gezogen worden. Jeschke (CDU) griff den ersten Antrag ihrer Fraktion erneut auf und empfahl der Verwaltung, den Vorgang zeitlich mit der geplanten Anhörung (die im frühestens November formell beschlossen werden könnte) zum Thema zu koordinieren. Der Prüfauftrag an die Verwaltung wurde einstimmig beschlossen.

Ebenfalls einstimmig wurde der Beitritt der Landeshauptstadt Hannover zum Bündnis „Mayors United Against Anti-Semitism“ mit neun Ja-Stimmen einstimmig beschlossen (Drucks. 1611/2016).

Im nächsten Antrag auf der Tagesordnung (Drucks. 1668/2016) forderten die rot-grünen Fraktionen die Erstellung eines Konzepts, auf dessen Grundlage man Jugendliche stärker in die Politik einbeziehen könne. Ratsfrau Désirée Barnert (SPD) berichtete von Diskussionen in den anderen Ausschüssen, die die Drucksache durchlaufen habe, und riet dazu, möglichst früh über Finanzierungsmodelle nachzudenken. Die Drucksache wurde mit sechs zu drei Stimmen beschlossen.

Der serbisch-orthodoxe Priester Milan Pejic vertrat die GFZ-Jury in der Sitzung.

Danach berichtete Erzpriester Milan Pejic als Mitglied der Jury des Gesellschaftsfonds Zusammenleben (GFZ) von der diesjährigen Ausschreibungsrunde. Von den 22 eingegangenen Förderanträgen habe die Jury 13 Projekte zur Förderung aus dem Gesellschatsfonds ausgewählt (Drucks. 1932/2016). Pejic bat die Mitglieder des Ausschusses um Zustimmung für die ausgewählten Projekte und Fördersummen. Ratsherr Engelke merkte an, dass ihn die Unterlagen zu dem Antrag erst spät erreicht hätten. In den Jahren zuvor habe er seine Fragen zu den einzelnen Projekten stets mit der Kuratorin, Dr. Koralia Sekler, klären können, doch diesmal habe er sie nicht erreichen können. Er zog den Antrag in die Fraktion – damit wird die Drucksache auf die Tagesordnung einer Sondersitzung gesetzt, die am 27. Oktober stattfinden wird.

Weiter ging es mit Anträgen auf Zuwendungen. Mit einstimmigem Beschluss wurde eine Förderung der Ezidische Akademie e.V. mit 25.000 Euro für das Projekt „Herausforderung Flüchtlingswelle – MigrantInnen integrieren Neuankömmlinge“ gebilligt (Drucks. 1930/2016). Zum anschließenden Antrag für ein Zuwendung in Höhe von 15.000 Euro an Transition Town Hannover e.V. (Drucks. 1995/2016) beschrieb Dr. Günter Max Behrendt (Leiter des Sachgebiets Integration) auf Nachfrage von Dr. Matz (CDU) das Projekt „Café S“ und die komplexe Zusammensetzung seiner Finanzierung. Auch diese Drucksache wurde einstimmig beschlossen.

Nach den Abstimmungen berichtete Sozialdezernentin Beckedorf von der Migrationskonferenz am 27. August. Der Hauptvortrag von Prof. Dr. Naika Foroutan werde dem Ausschuss in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt und sei auch als Audio-Mitschnitt auf der städtischen Internetseite abrufbar. Die Anhörung zur Vergütung von Dolmetscher/innen, die in der letzten Sitzung beschlossen worden war, werde Anfang nächstes Jahr stattfinden. Außerdem werde auf der nächsten Sitzung im November die Verwaltung über Projekte berichten, die aus dem Integrationsfonds gefördert werden, sowie über die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle.

Die vollständige Tagesordnung, sämtliche Sitzungsdokumente (Beschlussdrucksachen, Informationsdrucksachen etc.) und auch die Sitzungsprotokolle des Internationalen Ausschusses sind über das Online-Sitzungsmanagement öffentlich zugänglich.