Ernüchternde Worte von Hochschulvertreter/innen bei Anhörung im Internationalen Ausschuss.
Der Internationale Ausschuss hatte sich viel vorgenommen für seine 18. Sitzung am 14. November. Auf Antrag der SPD-Fraktion wurden zu einer Anhörung über die Situation ausländischer Studierender in Hannover gleich fünf Hochschulvertreter/innen und der Kulturausschuss eingeladen. Zu den Sachverständigen gehörten Linda Wilken und Harald Bremer vom Runden Tisch „Ausländische Studierende in Hannover“, Eberhard Hoffmann vom Studentenwerk, Dr. Marcus Hoppe vom Hochschulbüro für Internationales und Petjon Mata vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) – beide von der Leibniz Universität.
Wilken informierte zunächst über die wichtigsten Eckdaten und Begrifflichkeiten. Sie führte ein in die Unterscheidung zwischen „Bildungsinländer/innen“ (Studierende nicht-deutscher Staatsangehörigkeit, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben) und „Bildungsausländer/innen“ (Erwerb der Hochschulreife im Ausland) erlangt haben. Die allermeisten der zweiten Gruppe kommen aus China. Das liege daran, dass es zwischen China und Deutschland viele Austauschprogramme und Kooperationen gebe. Insgesamt sei Hannover ein attraktiver Wissenschaftsstandort mit großer Beteiligung an Förder- und Austauschprogrammen. Jedoch stünden Bildungsausländer/innen vielfach vor strukturellen Problemen, wie Bremer im Anschluss berichtete. Deren hohe Abbrecherquote von knapp 60 Prozent führte er auf Sprachprobleme und zu hohe Kosten zurück. Auch kulturelle Unterschiede führten manchmal zu allzu zögerlichen Kontaktaufnahmen mit Dozent/innen und Institutionen. Dr. Hoppe berichtete vom gemeinsamen Ausbau der Betreuungsangebote für nicht-deutsche Studierende mit der „Initiative Wissenschaft“ im Rathaus.
Bremer vertrat allerdings die Ansicht, dass darüber hinaus noch mehr passieren müsse. Er rechnete dem Ausschuss vor, dass Bildungsausländer/innen, die keine externe Finanzierung durch Stipendien etc. erhalten, die Kosten für ein Studium kaum mit Lohnarbeit neben dem Studium aufbringen könnten. Das sei besonders bitter für Nicht-EU-Ausländer/innen, die, um überhaupt ein Visum zu bekommen, schon vorab einen „Finanzierungsnachweis“ in Höhe von fast 8.000 Euro vorlegen müssen. Gesetzliche Beschränkungen hinderten sie daran, an mehr als 120 Tagen im Jahr Erwerbstätigkeiten nachzugehen. Selbst wer es also neben dem zeitintensiven Studium schaffe, im erlaubten Rahmen zu arbeiten, verdiene nicht annähernd genug, um die Kosten eines erfolgreiches Studiums innerhalb der Regelstudienzeit aufzubringen.
Aber auch diejenigen Bildungsausländer/innen, die durch ihre Familien oder Förderprogramme finanziert werden, haben mit Problemen zu kämpfen. So seien sie etwa bei der Wohnungssuche nicht selten Diskriminierungen ausgesetzt. Etliche Vermieter/innen lehnten Interessierte mit nicht-deutschen Namen kategorisch ab. Dieses Problem bestätigte auch Hoffmann – in den Wohnheimen des Studentenwerkes seien daher die Hälfte aller Plätze für Bildungsausländer/innen reserviert. Aber auch das reiche nicht aus, um alle Studierende in Hannover unterzubringen. Das Ausmaß der Wohnraumnot machte Mata deutlich. Auch die vom AStA organisierte „Schlafplatzbörse“, über die provisorische Sofaplätze unter Studierenden vermittelt werden, könne nur einen verschwindend kleinen Teil der Suchenden auffangen. Hoffmann forderte den Ausschuss dazu auf, politische Instrumente zu entwickeln, um den prekären Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt etwas entgegenzusetzen – zum Beispiel könne man neue Wohnheime bauen, die die Gesamtkosten eines Studiums senken könnten.
Nach Abschluss der Anhörung ging es in der Tagesordnung mit einem gemeinsamen Antrag (Drucks. 2126/2013) aller im Ausschuss vertretenen Fraktionen weiter. Darin wird angeregt, zur Betreuung neu angekommener Flüchtlinge in den Stadtbezirken lokale Netzwerke in Zusammenarbeit mit dem Stadtbezirksmanagement aufzubauen. SPD-Ratsherr Lars Kelich bezog sich auf bereits bestehende ehrenamtliche Betreuungen, doch da mehr Flüchtlinge als erwartet aufgenommen werden, sollen die Strukturen weiter ausgebaut und stellenweise neu etabliert werden – wie auch schon im Lokalen Integrationsplan angeregt. Die Neuankömmlinge sollen bei Behörden- und Arztterminen begleitet werden und auch zu gemeinsamen „interkulturellen Spaziergänge“ solle durch Ehrenamtliche eingeladen werden. Das schon entfaltete Engagement der Ehrenamtlichen wurde von allen Fraktionen ausdrücklich gelobt. Da solches Engagement essentieller Bestandteil des sozialen Lebens im Stadtgebiet sei, regte Sozialdezernent Thomas Walter an, diese Aktiven ins Neue Rathaus einzuladen.
Danach widmeten sich die Ausschussmitglieder den Anträgen auf Zuwendungen aus dem Integrationsfonds. Es waren Mittel beantragt für kargah e.V. (Projekt „Beratung und Begleitung von Flüchtlingen in der Stadt Hannover“ Drucks. 2150/2013) und für das Haus der Religionen e.V. (Projekt „Religionen in Hannover“ Drucks. 2179/2013). Beide Förderanträge mit einem Gesamtvolumen von 36.600 Euro wurden einstimmig angenommen. Auch die Zuwendungen des Gesellschaftsfonds Zusammenleben (GFZ) für den Zweiten GFZ-Integrationspreis wurden mit sechs Ja-Stimmen und drei Enthaltungen angenommen. Die feierliche Preisverleihung findet am 2.12. statt.
Abschließend berichtete Thomas Walter über die durch Oberbürgermeister Stefan Schostok vorgenommenen Umstrukturierungen in der hannoverschen Verwaltung zum 1. Januar 2014. Für den Ausschuss von besonderem Interesse war, dass das Sachgebiet „Integration, Politik und Verbände“ das Büro Oberbürgermeister verlässt und im Jugend- und Sozialdezernat einem neu zu bildenden Bereich „Migration und Integration“ zugeschlagen wird.
Die vollständige Tagesordnung, sämtliche Sitzungsdokumente (Beschlussdrucksachen, Informationsdrucksachen etc.) und auch die Sitzungsprotokolle des Internationalen Ausschusses sind über das Online-Sitzungsmanagement für jedermann zugänglich.