Die Arbeitsgruppe – Auftrag und Ziele
Die HAIP-AG "Kinder und Jugendliche" wird federführend vom Kommunalen Sozialdienst (KSD) im Fachbereich Jugend und Familie der Landeshauptstadt Hannover geleitet. Die Arbeitsgruppe formuliert als ihren Auftrag im Rahmen des Runden Tisches HAIP, die vorhandenen Hilfe- und Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche in der Landeshauptstadt Hannover sowie die entsprechenden Bedarfe zu erfassen und zu vernetzen und diese inhaltlich weiter zu entwickeln.
Darüber hinaus ist es Ziel der AG, das Thema mehr in die (Fach-)Öffentlichkeit zu bringen. Im Rahmen der Arbeit dieser HAIP-AG wurde 2009 ein Flyer für die Fachkräfte in Kindertagesstätten und Grundschulen entwickelt, der die Auswirkungen von häuslicher Gewalt auf Kinder beschreibt und Möglichkeiten der Unterstützung aufzeigt (siehe Publikationen).
Darüber hinaus wurden bereits 2006 Standards zur Umgangsregelung in Fällen von häuslicher Gewalt erarbeitet, die für alle im Interventionsverlauf beteiligten Institutionen Gültigkeit haben und auch von Seiten des Familiengerichtes Akzeptanz erfahren.
Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Schutz vor Gewalt immer Vorrang vor dem Recht auf Kontakt haben muss, wurden innerhalb der AG die folgenden Thesen bzw. Vorschläge zum Verfahren entwickelt:
- Das Miterleben von Gewalt gegen die Mutter hat immer eine schädigende Wirkung für die Kinder.
- Wenn häusliche Gewalt stattfindet, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch Kinder misshandelt, sexuell missbraucht oder vernachlässigt werden.
- Wenn Kindesmisshandlung durch den Vater stattfindet, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch
- die Mutter Gewalt erleidet.
- Gewalt gegen die Mutter schadet den Kindern immer, unabhängig davon, ob sie selbst Gewalt erleiden oder nicht.
- Frauen können ihre Kinder nur dann beschützen, wenn sie selbst Schutz finden. Das heißt, wenn Frauen in dieser Situation unterstützt und geschützt werden, besteht die Chance, dass auch die Kinder besser von den Unterstützungssystemen erreicht werden.
- Auch wenn Frauen den gewalttätigen Partner verlassen, bedeutet das nicht das Ende der Gewalt, sondern in vielen Fällen eine Eskalation der Bedrohung und Gewalt.
- Der "Kampf" vieler Männer um die Kinder setzt häufig bei Trennungen ein. Frauen und Kinder werden häufig während der Besuche bzw. bei der Übergabe der Kinder bedroht oder misshandelt.
- Besuchsregelungen geben Vätern die Möglichkeit, Misshandlungen, Bedrohungen und abhanden gekommene Kontrolle fortzusetzen. Dies ist in vielen Fällen die zugrunde liegende Motivation für den Antrag auf Umgang mit dem Kind.
- Gewalttätige Männer haben häufig vor der Trennung keine enge Bindung an ihre Kinder gehabt.
In allen Fällen, in denen es um Maßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls geht, vor allem aber in Fällen, in denen Gewalt gegen Kinder bekannt ist oder befürchtet wird bzw. in Fällen von Trennung und Scheidung werden im Beratungsgespräch nach der Situation der Kindesmutter gefragt und mögliche Gefährdungen geklärt.
Frauen, die häusliche Gewalt erleiden bzw. erlitten haben, erhalten entsprechende Informationen über Zufluchts -und Beratungsmöglichkeiten. In Gewaltverhältnissen gibt es keine "gleichberechtigte Verhandlungsebene". Frauen, die vor einem gewalttätigen Partner geflüchtet sind, werden nicht zu gemeinsamen Gesprächen mit diesem Mann verpflichtet.
Alle Maßnahmen, die zum Schutz und zum Wohle von Kindern eingeleitet werden, müssen daraufhin überprüft werden, ob sie die Sicherheit der Mutter gefährden. Alle Angebote, die dem Schutz und der Unterstützung von Frauen dienen, müssen daraufhin überprüft werden, ob sie das Wohl und den Schutz von Kindern nicht vernachlässigen.
Alle Entscheidungen über die Rechte von Vätern auf Umgang mit ihren Kindern müssen daraufhin überprüft werden, ob sie die Sicherheit der Mütter oder das Wohl der Kinder gefährden. Wenn häusliche Gewalt vorliegt, wird grundsätzlich eine Aussetzung des Umgangsrechts angestrebt, bis die Frage der Sicherheit von Frau und Kindern geklärt ist.
Der Mann wird auf Angebote zur Verhaltensänderung – z. B. auf entsprechende Angebote beim Männerbüro Hannover – hingewiesen. Wenn er Verantwortung für sein Handeln übernimmt und zur Veränderung bereit ist, ist das Umgangsrecht entsprechend den oben genannten Punkten zu entwickeln.
Wenn nach Abwägung der oben genannten Punkte ein Umgang möglich ist, besteht die Chance, dass die Kinder dadurch die Möglichkeit erhalten, sich ein realistisches Bild von ihrem Vater machen können. Durch die Trennung vom Vater setzt bei den meisten Kindern eine Idealisierung ein. Es sind dann Vorkehrungen zu treffen, die bei der Ausführung einer Umgangsregelung den Schutz der Frauengewährleistet.