3. Entwicklungsgespräche

Praxishilfe: Führen von Entwicklungsgesprächen

Die nachfolgenden Ausführungen basieren vorrangig auf der Veröffentlichung von Prof. Dr. Malte Mienert und Heidi Vorholz: Entwicklungsgespräche mit Eltern führen. Diese Publikation bezieht sich auf Entwicklungsgespräche allgemeiner Art. Die vorgestellten Aspekte sind ebenfalls für die Durchführung von Entwicklungsgesprächen zur individuellen Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung relevant.

Was sind Entwicklungsgespräche?

Entwicklungsgespräche sind individuelle Gespräche, in denen sich pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Eltern ausschließlich über die Entwicklung des Kindes austauschen. Grundlage der Gespräche sind systematische Beobachtungen der pädagogischen Fachkräfte, die durch Beobachtungen der Eltern aus deren Alltag mit dem Kind ergänzt werden. Entwicklungsgespräche dienen der Sensibilisierung der Eltern für ihr Kind sowie der gemeinsamen Abstimmung bei der Begleitung der kindlichen Entwicklung.

Diese Gespräche werden immer vom pädagogischen Personal initiiert und sollten regelmäßig stattfinden sowie in der pädagogischen Konzeption der Einrichtung verankert sein.

Was sind Entwicklungsgespräche nicht?

Entwicklungsgespräche sind keine Problem-, Konflikt- oder Beratungsgespräche. Inhalte solcher Art sowie die Klärung pädagogischer Grundsätze sind in gesonderten Gesprächen zu bearbeiten und nie in Entwicklungsgesprächen zu thematisieren. Entwicklungsgespräche lassen sich nicht in Tür-und-Angel-Situationen, im Rahmen von Elternabenden oder Elterncafés führen, sondern benötigen Ruhe, Zeit, eine gründliche Vorbereitung und einen vertrauensvollen Gesprächsrahmen.

„Nichts wäre fataler für Entwicklungsgespräche, wenn Eltern den Eindruck bekommen, dass die Entwicklung ihres Kindes etwas ist, das für die Erwachsenen Konflikt und Streit bedeutet, „verhandelt“ werden muss oder Anlass für gegenseitige Schuldzuweisungen bietet. Einen Konflikt mal eben im Entwicklungsgespräch zu führen, einfach, weil die Eltern vielleicht endlich mal vor Ort sind und die Gelegenheit so günstig ist, kann schnell das Ende der vertrauensvollen Zusammenarbeit bedeuten!“ (Mienert, Vorholz S. 10 - 11)

Wann und mit wem finden Entwicklungsgespräche statt?

Entwicklungsgespräche sollten regelmäßig mit allen Eltern möglichst zwei Mal im Jahr stattfinden. Der Geburtstag eines Kindes bietet einen guten Anlass, sich über seine aktuelle Entwicklung auszutauschen. Idealerweise findet das zweite Gespräch dann nach einem halben Jahr statt. Die Terminierung sollte rechtzeitig und verbindlich erfolgen, damit sich Eltern und pädagogisches Personal gründlich darauf vorbereiten können. Eltern sollten schon beim Anmeldetermin erfahren, dass Entwicklungsgespräche zur pädagogischen Arbeit der Kita gehören.

„In dem Moment, in dem in einer Einrichtung begonnen wird, regelmäßig, in vorhersehbaren Abständen mit allen Eltern – ob unproblematisch oder nicht – Entwicklungsgespräche zu führen, verliert sich die Angst vor Entwicklungsgesprächen bei den Eltern. Die Sorge „Was hat mein Kind denn nun schon wieder angestellt?“ weicht der Gewissheit „Stimmt, es ist wieder Entwicklungsgesprächszeit! Schön, dass die Erzieherin sich für mich und mein Kind Zeit nimmt.“ (ebd. S. 6)

Worauf basieren Entwicklungsgespräche?

Entwicklungsgespräche basieren auf systematischen und spontanen Beobachtungen sowie Dokumentationen des pädagogischen Personals sowie der Eltern. Anhand dieser Beobachtungen können sich beide Seiten gegenseitig für die Besonderheiten des Kindes sensibilisieren, d.h. genau auf das Kind zu schauen und seine Bildungsthemen, seine Interessen und Stärken, bevorzugten Aktivitäten und Strategien seiner Welteroberung bewusst wahrnehmen. Die Eltern erfahren so, was ihr Kind einzigartig und besonders macht.

Wozu dienen Entwicklungsgespräche?

Begegnen sich Eltern und päd. Fachkräfte in diesen Gesprächen auf Augenhöhe, so können sich beide Seiten als Experten für das Kind wahrnehmen und sich partnerschaftlich austauschen. Es können gemeinsam Erkenntnisse gewonnen werden, wie die Entwicklungsbedingungen für das Kind am besten zu gestalten sind. Alle können sich miteinander über Fortschritte freuen, bei Bedarf kann den Eltern ggf. auch Unterstützungsbedarf verdeutlicht werden. Die Vereinbarung einer Entwicklungsfördermaßnahme sollte jedoch nicht das Gesprächsende bestimmen.

Wie sieht der Entwicklungsgesprächsverlauf aus?

1. Checkliste zur Gesprächsvorbereitung

  • Ruhiger, gelüfteter, ordentlicher Raum (keine Störungen)
  • Wasser oder Tee / Kaffee (einladende Atmosphäre)
  • Sitzanordnung nicht frontal gegenüber
  • Stift und Papier für Notizen (auch den Eltern anbieten)
  • Beobachtungsdokumentation bereithalten
  • Flyer, Broschüren von Kooperationspartnern (Logopäden, Frühförderung, Familien- und Erziehungsberatungsstellen, Ergotherapeuten, und so weiter) bereithalten
  • Sprachbarriere? Übersetzer bzw. Gebärdendolmetscher hinzuziehen

(Quelle: Silvia Eckert, 2014, Seite 20)

2. Gestaltung der Einstiegsphase

Sorgen Sie im Vorfeld für einen störfreien Gesprächsraum (siehe oben), begrüßen Sie freundlich, stellen Sie einen Blickkontakt her, versichern Sie Schweigepflicht und benennen Sie den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen. Zu Beginn des Gespräches sollten Sie die Ziele und Inhalte des Entwicklungsgespräches nochmals erläutern, zum Beispiel:

  • Welche Entwicklungsschritte hat das Kind in den letzten Monaten gemacht?
  • Womit beschäftigt sich das Kind gerade intensiv?
  • Was sind seine aktuellen Bildungsthemen?
  • Wie wird das Kind in der Kita und zu Hause erlebt?
  • Gibt es aus Ihrer Sicht oder der Sicht der Eltern Besonderes zu berichten?
  • Wie schätzen Sie den Entwicklungsstand in vielen Entwicklungsbereichen ein? (vergleiche ebenda Seite 16)

Einverständnis zum Ablauf des Gespräches abholen und einen Zeitrahmen festlegen.

Als Einstieg in das Gespräch bietet sich die Erzählung einer Lerngeschichte des Kindes an. Sie können auch ein Foto einer entspannten Spielsituation des Kindes als Gesprächsöffner nutzen.

3. Gestaltung der Hauptphase

  • Gehen Sie mit Notizen transparent um. Alle Beteiligten sollten wissen, welche Aufzeichnungen warum auf dem Tisch liegen.
  • Erklären Sie, warum Sie ggf. Gesprächsinhalte mitschreiben.
  • Sprechen Sie die Eltern immer als Erziehungspartner und Experten für ihr Kind an, die Ihnen Antworten auf Fragen geben können.
  • Beginnen Sie unbedingt mit etwas Positivem.
  • Stellen Sie Ihre Beobachtungen vor. Lassen Sie die Eltern eigene Beobachtungen schildern und regen Sie diese an, ihre Gefühle dabei zu schildern.
  • Stellen Sie offene Fragen, fragen Sie nach, halten Sie Blickkontakt und stimmen Sie mit nachdrücklicher Mimik und Gestik zu.
  • Beschreiben Sie konkretes Verhalten des Kindes in konkreten Situationen. Vermeiden Sie unbedingt Bewertungen. Seien Sie authentisch und benennen Sie Ihre eigenen Gefühle.
  • Bieten Sie keine fertigen Lösungen an, sondern fragen Sie Eltern zunächst immer selbst nach eigenen Ideen. Suchen die Eltern selbst nach Lösungen, so stellen sie das Problem nicht mehr in Frage.
  • Zeigen Sie gegebenenfalls Chancen und Möglichkeiten von erörterten Maßnahmen auf.
  • Rechnen Sie mit Abwehrreaktionen der Eltern. Nehmen Sie diese nicht persönlich und reagieren Sie verständnisvoll.

4. Gestaltung der Kontraktphase

Treffen Sie mit Eltern Vereinbarungen über mögliche Ziele, Aufgaben, Handlungsmöglichkeiten, Abklärungen und ggf. die Einbeziehung weiterer Fachleute. Verantwortlichkeiten und Terminabsprachen halten Sie hierzu schriftlich fest.

5. Gestaltung der Abschlussphase

Behalten Sie die Uhr im Auge und kündigen Sie das nahende Ende des Gespräches an. Fragen Sie nach noch offenen Themen und Wünschen der Eltern. Fassen Sie wichtige Punkte des Gesprächsverlaufs nochmals kurz zusammen. Geben Sie eine Rückmeldung zur eigenen Zufriedenheit mit dem Gesprächsverlauf und fordern Sie die Eltern ebenfalls zu einer Rückmeldung auf.

"Damit haben wir schon das Ende unseres heutigen Entwicklungsgespräches erreicht. Ich habe mich über unseren Austausch sehr gefreut. Wie ist es Ihnen hier in unserem … gemeinsamen Entwicklungsgespräch ergangen? Konnten Sie alle Punkte ansprechen, die Ihnen wichtig waren?" (ebenda Seite 21)

Danach erfolgen die Verabschiedung und das Hinausbegleiten der Eltern. (vergleiche ebenda Seiten 15 bis 21)

6. Nachbereitung des Entwicklungsgespräches

Notieren Sie sich die wichtigsten Punkte des Gesprächsverlaufs. Diese Aufzeichnungen dienen Ihnen als Gedächtnisstütze für das nächste Entwicklungsgespräch.

Folgende Reflexionsfragen bieten sich an:

  • Wie ist es mir im Entwicklungsgespräch ergangen?
  • Habe ich meine Gesprächsziele erreicht?
  • Bin ich auf die Bedürfnisse der Eltern eingegangen?
  • Wie waren die Redeanteile verteilt?
  • Welche schwierigen Situationen habe ich erwartet? Sind diese aufgetreten?
  • Wie bin ich mit ihnen umgegangen?
  • Was empfand ich als angenehm / als unangenehm?
  • Was würde ich zukünftig verändern?
  • Welche Vereinbarungen mit den Eltern sollte ich in das Team tragen?

Literatur

Prof. Dr. Mienert, Malte / Vorholz, Heidi: Entwicklungsgespräche mit Eltern führen. Ohne Jahresangabe.

Eckert, Silvia: Kommunikation mit Eltern leicht gemacht. Gesprächsleitfaden für den Kita-Alltag. Carl Link Verlag, 2014.