Grundstück Schloss Landestrost

Bedeutende Entdeckung

Der Teppich von Bayeux aus dem 11. Jh. zeigt Turmhügelburgen, wie sie auch in Neustadt anzunehmen sind.

Überraschende Ergebnisse nach archäologischer Grabung: Standort der Burg der Grafen von Wölpe (um 1215) gefunden.

Ute Bartelt (Untere Denkmalschutzbehörde) zeigt (v.li.n.re.) Anja Römisch (Stiftung Kulturregion Hannover), Dr. Heinrich Jagau (Stiftungsvorstand) und Gertrud Agena (Denkmalpflege der Stadt Neustadt) wo der Turm der Grafen von Wölpe in etwa gestanden hat.

Im Rahmen von Untersuchungen auf dem Grundstück von Schloss Landestrost erfolgte im Mai 2017 eine archäologische Grabung in der Nähe des Westflügels.

Testgrabung

Der in den 1950er Jahren errichtete Westflügel, in dem sich u. a. die Stadtbibliothek Neustadt befindet, wird westlich von einer Mauer aus dem 16. Jh. flankiert, die den dahinter liegenden, bis zu 5 m hohen Wall abfängt. Hier wurde eine Testgrabung vorgenommen, um genaueren Aufschluss über eine im Wall vermutete frühneuzeitliche Kasematte zu erlangen.

Eine Turmhügelburg vom Typ "Motte"

Eine Kasematte wurde nicht gefunden, stattdessen aber ein wesentlich älterer Burghügel aus dem 13. Jh., auf dem offenbar die erste Burg an diesem Ort gestanden hat. In dem nur 5 m x 1 m großen Grabungsschnitt konnte zwar nur der Randbereich dieser künstlichen Aufschüttung aufgedeckt werden, die Bodenschichtung weist aber darauf hin, dass sich das Zentrum des einstigen Hügels dort befunden haben muss, wo auch heute noch der höchste Punkt der hier auffällig verbreiterten Wallanlage liegt. Bei einer zuvor durchgeführten Georadaruntersuchung dieses Bereiches wurden im Boden quadratische Baustrukturen erfasst, die auf alte Fundamente schließen lassen. In der Zusammenschau erlauben die Ergebnisse der Untersuchungen die Rekonstruktion einer mittelalterlichen Turmhügelburg vom Typ "Motte".

Solche Turmhügelburgen entstanden

typischerweise im 9.- 12. Jh. Sie bestehen aus kreisrunden Erdhügeln von 20-30 m Durchmesser und einer Höhe von 5-10 m. Auf dem Hügel stand meist ein turmförmiges Gebäude, das bei den frühen Motten vollständig aus Holz errichtet war. In späteren Zeiten bestand der Turm oftmals aus einem steinernen Sockelgeschoss, auf dem mehrere Obergeschosse in Holzbauweise aufsaßen.

Burg der Grafen von Wölpe

In seinem 1996 veröffentlichten Werk "Nova Civitate – De Nova Domo" erwähnt der Bauhistoriker Burkhard Rühling eine Urkunde aus den Jahren 1221-1231, in der von einem burgähnlichen Haus de nova domo der Grafen von Wölpe die Rede ist. Er stellte seinerzeit die Vermutung auf, dass sich die Burg der Grafen Wölpe auf einem hochwassergeschützten Höhensattel, etwa dort wo heute das Amtsgericht steht, befunden habe. Durch die aktuellen Untersuchungen konnte nun festgestellt werden, dass die Burg der Grafen von Wölpe, nicht dort, sondern auf der erst jetzt als hochmittelalterlichen Burghügel erkannten Anhöhe am Nordwestrand von Schloss Landestrost gestanden hat.

Bernhard II. und Iso von Wölpe

Viel ist von den Grafen Wölpe nicht bekannt. Bernhard II. (1176-1221) gilt als Gründer Neustadts und des Kloster Mariensee; Iso von Wölpe (1167-1231) war Bischof von Verden. Zu Beginn des 13. Jh. verlegten die Grafen ihren Sitz von Wölpe nach Neustadt. Dort ließen sie die Liebfrauenkirche und die Wassermühle errichten und bauten sich eine Burganlage. Die erste urkundliche Erwähnung Neustadts erfolgte als die Grafen 1215 die Wassermühle dem Kloster Mariensee überschrieben. Um 1310 war die Linie des Adelsgeschlechts Wölpe jedoch bereits wieder erloschen.

Eine wichtige archäologische Quelle

Ute Bartelt (Untere Denkmalschutzbehörde/Archäologische Denkmalpflege der Region Hannover) bewertet das Ergebnis als bedeutende Entdeckung: "Endlich kennen wir nun den genauen Standort der ersten Burganlage in Neustadt. Erfreulicherweise ist der mittelalterliche Burghügel im Verlauf der Jahrhunderte nicht zerstört worden, sondern noch sehr gut erhalten. Er ist somit eine wichtige archäologische Quelle aus den Anfangszeiten von Burg und Stadt."

Ort wird gewürdigt

Hauke Jagau (Regionspräsident und Vorstand der Stiftung Kulturregion Hannover) betont, dass auch die Stiftung als Eigentümerin von Schloss Landestrost über diese Erkenntnisse erfreut ist: "Es ist immer wieder schön, wenn Lücken in der Geschichtsschreibung geschlossen werden können. Selbstverständlich werden wir diesen Ort würdigen und an geeigneter Stelle mit einer Infotafel die Bedeutung hervorheben."

(Veröffentlicht am 5. Oktober 2017)