HNO-Chefarzt Hans-Jürgen Welkoborsky gibt Tipps zum Thema Lärmschutz.
Mein Lieblingsklang…
… ist das Meeresrauschen. Das ist das Erste, was ich mit Urlaub und Ausruhen und Entspannung verbinde. Das ist unglaublich erholsam für mich – und das höre ich entsprechend gern. Der zweitliebste Klang sind die Blätter im Herbst, wenn sie zu Boden fallen. Auch das wirkt beruhigend. Drittens: ein Klavierkonzert von Beethoven. Allerdings: Es darf nicht zu laut gespielt werden." Prof. Dr. Dr. med. Hans-Jürgen Welkoborsky
Draußen, auf dem Schneiderberg, dröhnt ein Lkw. Das ist das beste Beispiel. Denn gerade hat Hans-Jürgen Welkoborsky, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik im Klinikum Region Hannover in der Nordstadt, von schädlichem Lärm gesprochen. Der beginnt ab einem Wert von 85 Dezibel. Und so laut ist ein Lastwagen, der in 30 Metern Entfernung vorbeifährt. Um den Gehör zu schaden, müsste der Lkw das dauernd tun. Einmal ist nicht so schlimm, acht Stunden Lastwagen (oder Maschinen oder Musik) sind es schon. "Jeder empfindet Lärm aber unterschiedlich", sagt Prof. Welkoborsky. Jemand, der den ganzen Tag an einer Maschine zu tun hat, wird den Straßenlärm vielleicht als nicht ganz so störend beurteilen, erläutert der Professor. Aber für jemanden, der ruhig und abgeschieden lebt, könne schon Kindergeschrei eine Qual sein. Zudem können viele Menschen tiefe Töne eher aushalten als hohe, die man wegen ihrer Höhe als noch lauter empfindet, als sie eigentlich sind. Aber: Die Bässe in der Disco oder auch Musik aus dem Kopfhörer liegen schnell mal bei 120 Dezibel oder mehr. Das ist oft zu viel. Auch wenn stetige Beschallung meist als weniger unangenehm empfunden wird als plötzlicher Krach – Hans-Jürgen Welkoborsky spricht von "Impulslärm".
Unabhängig davon tut ständige Lautstärke dem Ohr einfach nicht gut. Selbst wenn man meint, man hätte sich dran gewöhnt. Anhaltender Lärm wirkt auch auf den übrigen Organismus. Es sei inzwischen erwiesen, sagt der Professor, dass permanenter Krach etwa den Blutdruck in die Höhe treiben kann. Auch das Gehirn ist beteiligt: Ein Geräusch wie das Ohrenpfeifen beim Tinnitus kann sich regelrecht im Gehirn festsetzen. Das Ohr schützt sich selbst, erklärt der Arzt. An einem der Gehörknöchelchen im Mittelohr, dem sogenannten Steigbügel, gibt es einen Muskel, der sich bei Krach zusammenzieht und dadurch die Schwingungsfähigkeit des Knochens vermindert – auf diese Weise wird nicht so viel Geräusch weitergeleitet. Aber damit kann man nicht aufhören zu hören. Und der Muskel braucht einen Moment, um zu reagieren, etwa 15 Millisekunden. Das klingt wenig, kann aber bei einem plötzlichen Krach schon zu lang sein.
Der beste Ohrschutz, sagt der Experte, sei deswegen die Lärmvermeidung. Oder man setzt sich einen Gehörschutz auf (etwa bei der Arbeit). Oder man benutzt Ohrstopfen (etwa im Flugzeug) – die dämpfen den Schall um 20 bis 25 Dezibel. Das ist viermal leiser als vorher. Tut man das nicht, können die empfindlichen Haarzellen im Ohr, die Töne in Nervensignale umwandeln, geschädigt werden. Bei einem akuten Getöse, etwa einer Explosion, sprechen die Fachleute von einem Knalltrauma. Das hat eine unmittelbare Hochtonschwerhörigkeit zur Folge – man empfindet sich selbst als (halb) taub. In solchen Fällen spritzt der Professor seinen Patienten Cortison. Bei chronischen Lärmschäden oder bei einer Altersschwerhörigkeit, sagt Hans-Jürgen Welkoborsky, helfe nur ein Hörgerät.