"Hannover Shots"

Kai Löffelbein erhält Fotografiestipendium

Die HannoverStiftung der Sparkasse vergibt das mit 10.000 Euro dotierte Stipendium "Hannover Shots" für künstlerisch-dokumentarische Fotografie an Kai Löffelbein, der in seinem Fotoprojekt das koloniale Mental Mapping Hannovers mit der real vorhandenen Gedenk- und Erinnerungskultur verschneiden möchte.

Neuer Stipendiat und ausgezeichneter Fotograf: Kai Löffelbein

Der Fotograf überzeugte die Fachjury mit seinem fotografischen Werk und dem künstlerisch-fotografischen Projekt, das er in Hannover umsetzen möchte. In den kommenden Monaten wird er sich auf die noch sichtbaren Spuren des kolonialen Erbes in der Landeshauptstadt begeben. Seine Recherche basiert auf dem aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zur Postkolonialität und Herrschaft als sozialer Praxis. Motive wird Löffelbein im öffentlichen wie auch im musealen Raum suchen – ob im sogenannten Afrika-Viertel oder im städtischen Archiv. Die entstehenden Fotos wird er mit historischem Archivmaterial ergänzen.

"Das Thema ist hochaktuell und sehr brisant", sagt Anja Römisch, Geschäftsführerin der HannoverStiftung. "Die Jury ist gespannt, welche Relikte aus jener Phase der Geschichte Kai Löffelbein bei seiner Arbeit in Hannover entdecken wird." In Kai Löffelbeins Arbeit werden die Erfahrungen seiner Afrika-Aufenthalte einfließen. Sein Interesse gilt der vermeintlich wirklichkeitsgetreuen Darstellung exotischer afrikanischer Landschaften und ihrer künstlerischen Dekonstruktion. Das Medium der Fotografie spielt dabei eine wichtige Rolle für ihn, da es scheinbar dokumentarisch aufzeichnet, jedoch Wirklichkeit auch konstruieren und verfremden kann.

Koloniale Relikte

Im Tropen-Gewächshaus der ehemaligen Kolonialschule Witzenhausen, das heute zur Universität Kassel gehört, werden tropische Nutzpflanzen gezogen und beobachtet. Hier: Kaffeepflanze und Bananenstaude.

In seinem Fotoprojekt möchte Löffelbein das koloniale Mental Mapping Hannovers mit der real vorhandenen Gedenk- und Erinnerungskultur verschneiden. "So sollen Verbindungen von den Anfängen des Kolonialismus bis zum Heute hergestellt werden, wo koloniale Relikte – noch – sichtbar sind und alte Machtverhältnisse nachwirken", so der Fotograf über sein Vorhaben. Das Stipendium "Hannover Shots" bietet ihm nun die Möglichkeit für diese vertiefende Auseinandersetzung. Kai Löffelbein wurde 1981 in Siegen geboren, er studierte Politikwissenschaft in Berlin und Fotografie an der Hochschule Hannover. Hannover ist noch immer sein Lebensmittelpunkt. Der Fotograf arbeitet an eigeninitiierten fotografischen Langzeitprojekten und ist dafür immer wieder auch in Afrika und Asien unterwegs. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sind sozio-ökonomische Globalisierungsprozesse des 21. Jahrhunderts, u. a. Produktions- und Wertschöpfungsketten und die Frage, welche Position der Mensch innerhalb dieser einnimmt.
Zuletzt arbeitete Kai Löffelbein an dem Projekt "Stolz und Vorurteil" über postkoloniales Empowerment afrikanischer Akteure, das für den Felix Schoeller Photo Award nominiert wurde. 2018 erschien sein Buch "Ctrl-X, a Topography of E-Waste" über die undurchsichtigen Wege westlichen Elektroschrotts (Steidl-Verlag).

Ausgezeichneter Künstler

Der Fotograf wurde vielfach international ausgezeichnet, u. a. mit dem Unicef Photo of the Year Award, Henri Nannen Preis, Canon Profifoto Award, New York Photo Award, Px3 Prix de la Photographie Gold (Feature Story) und erhielt u.a. das Magnum Emergency Fund Grantee, das VG Bild-Kunst Stipendium sowie das "Grenzgänger"-Stipendium der Robert Bosch Stiftung und des LCB.
Seine fotografischen Arbeiten wurden in Museen und Galerien, auf Fotofestivals und Messen ausgestellt, u.a. im HAL Berlin, Festival Internacional de Fotografia de Belo Horizonte (Brasilien), Photo IS:RAEL (Tel Aviv), Arp Museum (Remagen), GAF Hannover, A/D/O New York, Museum für Kommunikation Bern, Benaki Museum (Athen), Haus der Geschichte der BRD (Bonn).
Die Ergebnisse des Stipendienprojektes "Hannover Shots" wird Kai Löffelbein im Frühjahr 2023 in einer Ausstellung in der GAF (Galerie für Fotografie) in Hannover präsentieren.
Die HannoverStiftung der Sparkasse Hannover vergibt das Stipendium "Hannover Shots" für künstlerisch-dokumentarische Fotografie bereits zum fünften Mal an Fotograf*innen, die über ein Jahr hinweg ein zielgerichtetes fotografisches Projekt in der Landeshauptstadt Hannover erarbeiten. Das Stipendium wird alle zwei Jahre ausgeschrieben. 

Bisherige Preisträger*innen sind Tomek Mzyk, Göran Gnaudschun, Maziar Moradi und Bettina Lockemann. Zur Jury gehören Prof. Karen Fromm, Ulrike Schneider, Prof. Roman Bezjak, Bernd Rodrian und Anja Römisch.