Wie effizient ihre Wegenetze sind, können Firmen jetzt kostenlos von Forschern überprüfen lassen. Das IPH sucht Unternehmen, die fahrerlose Transportfahrzeuge einsetzen und bereit sind, ihre Wegenetz-Daten für ein Forschungsprojekt zur Verfügung zu stellen.
Ein intelligenter Algorithmus soll Wegenetze künftig automatisiert auslegen – daran arbeiten Wissenschaftler am IPH seit etwa anderthalb Jahren im Forschungsprojekt "FTS-Wegenetz". Jetzt ist die Software bereit für den Praxistest: Sind die computergenerierten Wegenetze wirklich effizienter als jene, die Menschen geplant haben?
Momentan ist es äußerst aufwändig, Wegenetze zu erstellen – also die Routen, auf denen sich fahrerlose Transportfahrzeuge durch Fabriken oder Lagerhallen bewegen. Will ein Unternehmen solche autonomen Fahrzeuge einsetzen, tüfteln Fachleute oft wochenlang am optimalen Wegenetz. Denn einerseits sollen die Fahrzeuge schnell jedes beliebige Ziel erreichen können – andererseits müssen sie genug Sicherheitsabstand zu den Arbeitsplätzen der Fabrikangestellten halten und dürfen nicht mit anderen Fahrzeugen zusammenstoßen oder im Stau steckenbleiben. Wegenetze automatisch per Computer zu erstellen war deshalb bisher nicht möglich. Die Algorithmen lieferten Ergebnisse, die zwar mathematisch hocheffizient waren, aber keineswegs praxistauglich.
Der intelligente Algorithmus, den das IPH jetzt entwickelt hat, soll dagegen ähnlich denken wie ein Mensch. Die Wissenschaftler haben den Erfahrungsschatz menschlicher Wegenetz-Planer in einem Expertensystem zusammengetragen und in eine sogenannte Fuzzy-Logik übersetzt. "Fuzzy" bedeutet so viel wie "unscharf": Während die meisten Computerprogramme strengen Wenn-Dann-Regeln folgen, basiert die Fuzzy-Logik lediglich auf ungefähren Richtlinien. Auf die Wegenetz-Planung übertragen hieße das beispielsweise: Wenn Stau droht, muss die Software eine andere Route festlegen. Oder: Wenn der geplante Weg zu dicht an einer Maschine vorbei führt, muss er ein paar Meter verschoben werden. Für Menschen klingt das selbstverständlich – einem Computer beizubringen, so zu denken, ist allerdings eine Herausforderung.
Dass der Algorithmus praxistaugliche Wegenetze liefert, haben die Wissenschaftler bereits nachgewiesen. Jetzt soll er sich mit menschlichen Planern messen. In Computersimulationen wollen die Wissenschaftler reale Wegenetze mit den computergenerierten vergleichen – und überprüfen, ob die Software tatsächlich effizientere Ergebnisse liefert als der Mensch.
Dafür suchen die Wissenschaftler Unternehmen, die fahrerlose Transportfahrzeuge nutzen und ihre Wegenetz-Daten zur Verfügung stellen möchten. Zudem benötigen sie das Layout der Produktionsumgebung und das Transportprofil – also Informationen darüber, welche Waren die Fahrzeuge wann transportiert haben und wohin. Sämtliche Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt.
In einer Computersimulation testen die Forscher sowohl die Effizienz des vorhandenen Wegenetzes als auch die der computergenerierten Alternative. Sie überprüfen, wie viele Transportaufträge die Fahrzeuge pro Tag erledigen können, wie viele Leerfahren es gibt und ob es zu Staus oder Beinahe-Zusammenstößen kommt.
Die teilnehmenden Firmen erhalten nicht nur einen kostenlosen Effizienz-Check, sondern bekommen auch Tipps, wie sie beispielsweise Leerfahrten reduzieren können. Zudem profitieren sie als erste von der Software, die die Forscher entwickelt haben. Mit ihrer Hilfe kommen Wegenetz-Planer in Zukunft schneller zum Ziel: Statt wochenlang an der optimalen Lösung zu tüfteln, können sie innerhalb von Minuten mehrere mögliche Wegenetze berechnen und anschließend miteinander vergleichen. Die Software ist nicht nur in der Lage, neue Wegenetze zu erstellen, sondern kann auch bestehende Wegenetze nachträglich optimieren.
Unternehmen, die am Forschungsprojekt teilnehmen möchten, melden sich bis zum 15. Januar bei Sarah Uttendorf unter Telefon +49 511 27976-227 oder per E-Mail an uttendorf@iph-hannover.de. Weitere Informationen finden sich unter www.fts-wegenetz.de.
Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gemeinnützige GmbH forscht und entwickelt auf dem Gebiet der Produktionstechnik. Gegründet wurde das Unternehmen 1988 aus der Leibniz Universität Hannover heraus. Das IPH bietet Forschung und Entwicklung, Beratung und Qualifizierung rund um die Themen Prozesstechnik, Produktionsautomatisierung, Logistik und XXL-Produkte. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen aus den Branchen Werkzeug- und Formenbau, Maschinen- und Anlagenbau, Luft- und Raumfahrt und der Automobil-, Elektro- und Schmiedeindustrie.
Das Unternehmen hat seinen Sitz im Wissenschaftspark Marienwerder im Nordwesten von Hannover und beschäftigt aktuell 70 Mitarbeiter, 27 davon als wissenschaftliches Personal (Stand: Oktober 2015).
(Veröffentlicht: 7. Dezember 2015)