Pleuel oder Querlenker können im Fahrzeugbau viel Gewicht sparen – wenn es gelingt, sie zum Teil aus Blech herzustellen. Wissenschaftler am IPH entwickeln derzeit ein neues Fertigungsverfahren für den automobilen Leichtbau, mit dem sich Bauteile aus massivem Stahl und dünnem Blech in einem Schritt umformen und fügen lassen. Das sogenannte Hybridschmieden reduziert nicht nur Gewicht im Fahrzeug, sondern spart bereits während der Produktion Zeit und Geld.
Ob Antriebswellen, Pleuel oder Querlenker: Die meisten Bauteile unter der Motorhaube werden klassisch geschmiedet, also aus einem einzigen Stück Stahl geformt. So entstehen äußerst stabile, aber auch sehr schwere Massivbauteile. Und weil schwere Fahrzeuge mehr Treibstoff benötigen, suchen Automobilkonzerne ständig nach neuen Leichtbauverfahren.
Ein Leichtbau-Ansatz besteht darin, massiven Stahl durch leichtes Stahlblech zu ersetzen. So könnte beispielsweise ein Querlenker, der den Radträger mit dem Fahrgestell verbindet, zum großen Teil aus Blech bestehen – aus massivem Stahl müssten lediglich die Enden gefertigt sein, weil dort hohe Kräfte wirken. Solche Leichtbauteile aus Blech- und Massivelementen werden aktuell aber noch nicht hergestellt, weil der Aufwand zu groß wäre: Zunächst müssten die massiven Komponenten auf herkömmliche Weise geschmiedet und das Blech zugeschnitten werden, erst dann könnte man alle Komponenten miteinander verbinden.
Das sogenannte Hybridschmieden ermöglicht all das in einem einzigen Fertigungsschritt. Dass sich Blech- und Massivelemente gleichzeitig umformen und fügen lassen, haben Ingenieure des IPH bereits bewiesen: Im DFG-Projekt "Hybridschmieden" ist es ihnen gelungen, einen massiven Stahlzylinder fest mit einem quadratischen Blech zu verbinden. In einer weiteren Studie im Auftrag eines Industrieunternehmens fertigten die Ingenieure einen Flansch aus einem anderthalb Zentimeter starken Blech und einem zylindrischen Mittelstück.
Jetzt wollen die Forscher das Hybridschmieden weiterentwickeln – denn im Moment lässt sich das Verfahren noch nicht auf jedes beliebige Bauteil anwenden. Im DFG-Projekt "Hybridschmieden 2", das im November gestartet ist, wollen die Ingenieure einen Zweipunktlenker fertigen. Das Bauteil soll zum großen Teil aus Blech bestehen, massiver Stahl wird lediglich an den Enden eingesetzt, nämlich an den Verbindungsstellen zum Radträger und zum Fahrgestell.
Im Forschungsprojekt wollen die Ingenieure ein Werkzeug konstruieren, mit dem sich die beiden Massivelemente so umformen lassen, dass sie sich zugleich fest mit dem Blech verbinden. Dadurch entfällt ein kompletter Arbeitsschritt, das Fügen. Mit dem neuen Fertigungsverfahren können Schmiedeunternehmen also in Zukunft nicht nur deutlich leichtere Bauteile herstellen, sondern auch schneller und günstiger produzieren.
Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gemeinnützige GmbH forscht und entwickelt auf dem Gebiet der Produktionstechnik. Gegründet wurde das Unternehmen 1988 aus der Leibniz Universität Hannover heraus. Das IPH bietet Forschung und Entwicklung, Beratung und Qualifizierung rund um die Themen Prozesstechnik, Produktionsautomatisierung, Logistik und XXL-Produkte. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen aus den Branchen Werkzeug- und Formenbau, Maschinen- und Anlagenbau, Luft- und Raumfahrt und der Automobil-, Elektro- und Schmiedeindustrie.
Das Unternehmen hat seinen Sitz im Wissenschaftspark Marienwerder im Nordwesten von Hannover und beschäftigt aktuell 70 Mitarbeiter, 27 davon als wissenschaftliches Personal (Stand: Oktober 2015).
(Veröffentlicht: 16. Dezember 2015)