Medizinischen Hochschule

MHH: Aufbau eines Spenderregisters

Die Medizinische Hochschule Hannover stellt spezielle T-Zellpräparate zur Behandlung von Virusinfektionen bei transplantierten Patienten her und baut das weltweit erste alloCELL-Spenderregister auf.

Die Professorinnen Britta Maecker-Kolhoff, Ulrike Köhl und Britta Eiz-Vesper (v.l.n.r.) im Labor bei der Betrachtung des Ergebnisses einer Spender-Voruntersuchung.

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) ist eines der größten Transplantationszentren Deutschlands. Dort werden sowohl Organe als auch Stammzellen übertragen. Zu den häufigen Komplikationen, die nach einer Transplantation auftreten können, gehören Virusinfektionen. Sie können schwere Verläufe bis hin zum Tod nehmen. Um die Viren dauerhaft erfolgreich bekämpfen zu können, braucht der Körper virus-spezifische Gegenspieler: die T-Zellen. Oft kann der transplantierte Patient sie nicht bilden.

Spender T-Zellen

Einen Ausweg stellen T-Zellen dar, die von einem Spender gewonnen, in einem aufwändigen Prozess zu einem Präparat verarbeitet und dem Patienten transfundiert werden. Die Herstellungstechnik der Präparate haben drei Einrichtungen der MHH - das Institut für Transfusionsmedizin, die Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie und das Institut für Zelltherapeutika - gemeinsam für den klinischen Einsatz etabliert. Das Projekt wird unter anderem vom Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum Transplantation (IFB-Tx) gefördert. Um schneller geeignete T-Zellspender identifizieren zu können, wird zurzeit das alloCELL-Spenderregister aufgebaut.

Medikamente können Infektion nur eindämmen

Virusinfektionen können beispielsweise durch das Cytomegalievirus (HCMV), das Epstein-Barr-Virus (EBV) oder das Adenovirus (ADV) verursacht werden. Um Infektionen frühzeitig zu erkennen, werden bei allen transplantierten Patienten regelmäßig Blut und Stuhl untersucht. Wird ein Virus nachgewiesen, bekommt der Patient antivirale Arzneimittel, die die Infektion zwar eindämmen, die Viren jedoch nicht vollständig eliminieren können. Dafür sind virusspezifische T-Zellen notwendig. Diese kann der Körper aus zwei Gründen unter Umständen nicht selbst bilden: Zum einen können Medikamente, die bei Transplantierten das Immunsystem unterdrücken, die Produktion verhindern. Zum anderen kann es sein, dass bei Stammzelltransplantationen der Spender noch keine Infektion mit den entsprechenden Viren durchgemacht hat, und daher keine "Gedächtniszellen" gebildet wurden.

Fransfusion von Spender T-Zellen

Ob ein infizierter transplantierter Patient bereits eigene virusspezifische T-Zellen produziert hat, kann im Institut für Transfusionsmedizin im Labor von Professorin Dr. Britta Eiz-Vesper festgestellt werden. "Zeigen sich beim Patienten eigene virusspezifische T-Zellen, dann sinkt meist kurz danach die Viruslast und die antivirale Therapie, die meist mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden ist, kann verkürzt werden", erklärt Professorin Eiz-Vesper. Kommt es jedoch nicht zu einer eigenen Zellantwort, dann breitet sich die Infektion häufig im Körper aus, oder es kommt immer wieder zu Rückfällen, wenn die Virostatika abgesetzt werden. In dieser Situation können T-Zellen eines Spenders helfen, die dem Patienten transfundiert werden.

Zeitaufwendiges verfahren

Den Impuls für die Etablierung der Herstellungstechnik für die T-Zellpräparate gegen verschiedene Viren gaben Professorin Dr. Eiz-Vesper und Professorin Dr. Britta Maecker-Kolhoff von der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Vorausgegangen war ein dreijähriges, von der Deutschen Kinderkrebsstiftung gefördertes Projekt, in dem die beiden Professorinnen die T-Zellantworten bei Kindern mit ADV-, EBV- oder CMV-Infektion nach Stammzelltransplantation untersuchten. "Ließ sich keine T-Zellantwort feststellen, nahm die Suche nach einem geeigneten T-Zellspender häufig zu viel Zeit in Anspruch", erklärt Professorin Maecker-Kolhoff. "Der Stammzellspender wurde kontaktiert, musste untersucht werden und hatte dann oft keine oder nur unzureichende T-Zellen gegen das Virus." Alternativ kommen nahe Verwandte oder unverwandte Spender für eine T-Zellspende in Frage. Die Herstellungserlaubnis erarbeitete dann ein großes Team, dem neben den Arbeitsgruppen der Professorinnen Eiz-Vesper und Maecker-Kolhoff, auch Professorin Dr. Ulrike Köhl mit ihrem Team vom Institut für Zelltherapeutika und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Blutspendedienstes des Instituts für Transfusionsmedizin angehören.

Spenderregister wird ständig erweitert

"Entscheidend dabei ist nicht nur das Vorhandensein einer Immunität des Spenders gegen die Viren, sondern auch die Übereinstimmung in den sogenannten HLA-Merkmalen, die sich auf der Oberfläche fast aller Körperzellen finden und als Reaktionspartner der T-Zellen die Immunität vermitteln", erklärt Professor Dr. Rainer Blasczyk, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin. Bereits bei einer teilweisen Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger kann eine Immunantwort angestoßen werden. Um zukünftig schneller einen geeigneten Spender finden zu können, bauten die Professorinnen Eiz-Vesper und Maecker-Kolhoff mit Unterstützung der Stiftung Immuntherapie das alloCELL-Spenderregister auf. Mittlerweile haben sich dort mehr als 1.500 Spender registrieren lassen. Für jeden Spender sind die Informationen über das HLA-Profil, die Immunität gegen Viren und das Vorhandensein virusspezifischer T-Zellen in einer Datenbank hinterlegt. Die meisten Spender sind regelmäßige Blut- oder Thrombozytenspender der MHH, deren HLA-Profil bereits bekannt ist. Über das MHH-Institut für Transfusionsmedizin wird das Register ständig erweitert.

Herstellung virusspezifischer T-Zellpräparaten Spenderblut

Die Herstellung von virusspezifischen T-Zellpräparaten erfolgt direkt aus dem Blut der Spender. In Kooperation mit dem Institut für Zelltherapeutika wurden bisher 22 T-Zellpräparate hergestellt. Seit Herbst 2015 besitzt das Institut für Transfusionsmedizin eine umfassende Herstellungserlaubnis sowohl für mono- als auch für multivirusspezifische T-Zellpräparate. Bisher wurden 14 Patienten, darunter sechs Kinder, nach einer Virusinfektion mit T-Zellpräparaten behandelt. "Zwei dieser Patienten haben die Behandlung noch nicht abgeschlossen, bei zwei Dritteln der anderen Patienten war die Therapie erfolgreich", sagt Professorin Eiz-Vesper.

Große Nachfrage von anderen Kliniken

Die Angebote der MHH rund um die T-Zelltherapie sind national und international gefragt. Die große Nachfrage ist vor allem dadurch begründet, dass weltweit nur die MHH über ein T-Zell-Spenderregister verfügt. Die Herstellungserlaubnis für multi-virusspezifische T-Zellpräparate haben deutschlandweit drei Einrichtungen. Einige Kliniken lassen bei ihren transplantierten Patienten regelmäßig die virusspezifischen T-Zellen im Labor von Professorin Eiz-Vesper überwachen. Für die therapeutische Anwendung werden sowohl die Identifikation eines Spenders als auch die komplette Herstellung des T-Zellprodukts angefragt. Für Stammzelltransplantationen wurde der Transfer von virusspezifischen T-Zellen als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt und wird seit 2015 von den Krankenkassen erstattet.

Kontaktinfo für potentielle T-Zellspender

Wer sich als potentieller T-Zellspender registrieren lassen möchte, wird gebeten den Blutspendedienst der MHH unter 0800 532-5325 (gebührenfrei) zu kontaktieren.

(Veröffentlicht: 20. Mai 2016)