Wissenschaftler am Produktionstechnischen Zentrum Hannover wollen den Verschleiß von Schleifscheiben schnell und prozessnah messen, um Schleifprozesse effektiver zum machen.
Es gibt zwei gute Gründe, industriell eingesetzte Diamant-Schleifscheiben so effizient wie möglich zu nutzen: ihren materiellen Wert an sich – eine solche Scheibe kostet bis zu 1000 Euro – und die Kosten, die durch den zeitlichen Aufwand des Abrichtens entstehen, denn jedes Abtragen der verschlissenen Schicht und das Schärfen der Diamanten nehmen etwa 20 Minuten in Anspruch. In dieser Zeit stehen die Scheibe und die Maschine nicht fürs Schleifen und damit auch nicht für den Produktionsprozess zur Verfügung.
Entscheidung per "Daumentest"
Bisher entscheidet in der Regel der Maschinenbediener per "Daumentest", wann es Zeit ist, eine Schleifscheibe abzurichten, um dann im Standardverfahren jeweils 200 Mikrometer abzutragen: bei einer Schleifscheibenbelagsdicke von insgesamt 10 bis 20 Millimetern ein Vorgang, der rund 50 bis 100 Mal für eine Schleifscheibe möglich ist.
Forschungsprojekt "Intelligent Grinding"
Maikel Strug, Ingenieurwissenschaftler am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) am Produktionstechnischen Zentrum Hannover, sorgt im Rahmen des Forschungsprojekts "Intelligent Grinding" seit Anfang 2018 für neue Einsichten und neue Möglichkeiten, das Schleifen schlauer zu machen. "Vor 20 Jahren gab es schon einmal einen ähnlichen Versuch“, erklärt er, „der ist aber an den Grenzen der Datenverarbeitung gescheitert. Heute ist es möglich, mit dem Laptop neben der Maschine zu stehen und live auszuwerten, was der Laserscan an Daten erzeugt." Eine Herausforderung für die Laserscans stellen die Reflexionen der Diamantkörner dar – eine andere Herausforderung sind insbesondere die Schleifscheiben mit keramischer Bindung. In Kunstharz oder metallisch gebundene beziehungsweise hybrid gebundene Schleifscheiben sind dagegen vergleichsweise einfach aufzunehmen und zu deuten.
Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
An dem neuen, in die Werkzeugmaschine integrierten Messsystem arbeitet Strug gemeinsam mit der Firma Walter Maschinenbau GmbH. Herzstück ihres Systems ist ein Lasertriangulationssensor. Das Messsystem selbst steht bereits. Aber bis zum Ende des Projekts – es wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bis Ende 2020 gefördert– soll die Maschine komplett eigenständig urteilen können. Sie muss dazu aus den Laserscan-Daten 3D-Oberflächenkennwerte der Schleifscheibe generieren und lernen, diese so zu lesen und zu deuten, dass eine objektive Empfehlung für die Maschinenbediener daraus abgeleitet werden kann: „Muss abgerichtet werden?“, und wenn ja: "Wie viele Mikrometer tief?" Der letzte Teil des Projekts besteht daher vor allem darin, das Selbstlernen zu optimieren.
Modulares und portabeles Messsystem
Das Interesse der Schleifscheiben- und Werkzeugmaschinen-Hersteller ist schon jetzt enorm. Strug kündigt an, dass er und seine Forschungskollegen ihren Stand der Dinge im Laufe des Jahres weiterhin bei vielen Gelegenheiten präsentieren werden und auch für Präsentationen im kleinen Kreis zur Verfügung stehen – das gesamte Messsystem ist modular und portabel.