Forscher der Medizinischen Hochschule erhalten für eine Studie zur Wirksamkeit eines Medikaments bei chronischer Herzschwäche eine Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
In Deutschland leiden etwa drei Millionen Menschen an einer chronischen fortgeschrittenen Herzschwäche. Die Erkrankung ist eine der häufigsten Ursachen dafür, dass Patienten ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen oder an den Folgen sterben. In einer großen, multizentrischen Untersuchung prüfen Wissenschaftler der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) die Wirksamkeit des Medikamentes Digitoxin. Jetzt hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Verlängerung der "DIGIT-HF-Studie" bis zum Jahr 2024 bewilligt. Es stellt für die zweite Förderperiode etwa 3,8 Millionen Euro zur Verfügung. Mit weiteren 700.000 Euro unterstützt die Brauckmann-Wittenberg-Herz-Stiftung das Projekt.
Klinische Studie
Unter der Leitung von Oberarzt Professor Dr. Udo Bavendiek und Klinikdirektor Professor Dr. Johann Bauersachs soll die klinische Studie klären, ob Digitoxin das Leben von Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz verlängert und Krankenhausaufenthalte verringert. An der Studie beteiligt sind auch Professor Dr. Armin Koch, Direktor des MHH-Zentrums für Biometrie, und Professor Dr. Heiko von der Leyen, Leiter des Koordinationszentrum für klinische Studien der MHH.
Mehr als 800 Patienten mit chronischer Herzschwäche in Studie eingeschlossen
Unser Herz ist ein Hochleistungsmotor. Etwa 70 Mal schlägt es pro Minute und pumpt in dieser Zeit etwa fünf Liter Blut durch unsere Gefäße. Dabei versorgt es den Körper mit lebenswichtigen Sauerstoff und Nährstoffen. Ist diese Pumpleistung vermindert, sprechen Mediziner von chronischer Herzschwäche oder Herzinsuffizienz. Atemnot, schlechte Belastbarkeit, Wassereinlagerungen bis hin zur Unbeweglichkeit, schwere Rhythmusstörungen oder Tod sind die Folge. "Wir haben im Rahmen der Studie schon mehr als 800 Patienten in etwa 40 Studienzentren untersucht, bei denen die üblichen Therapien ausgereizt sind", sagt Professor Bauersachs. Dazu gehören Medikamente, die bei Herzinsuffizienz überschießend aktivierte Hormonkaskaden hemmen und so das Herz entlasten (etwa Beta-Blocker) sowie entwässernde Mittel (Diuretika). Gegen akute Rhythmusstörungen helfen zudem Defibrillatoren, die als Implantat in den Körper des Patienten eingesetzt werden.
Ist Digitoxin ein Mehrwert-Medikament?
Digitoxin könnte als sogenanntes Mehrwert-Medikament eine Hoffnung für schwerkranke Menschen sein. Digitoxin gehört zur Wirkstoffgruppe der Herzglykoside (Digitalis), die ursprünglich aus dem Fingerhut gewonnen wurden. Digitalis erhöht die Kontraktionskraft des Herzens und wird in der Medizin schon seit etwa 200 Jahren eingesetzt. Trotzdem ist der Nutzen bei Herzinsuffizienz nicht ausreichend belegt. Bisherige Studien wurden nahezu ausschließlich mit dem Herzglykosid Digoxin durchgeführt. Der Einsatz von Digoxin ist aber bei einer gestörten Nierenfunktion – dies ist bei Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz häufig der Fall – nur begrenzt möglich, da es nahezu ausschließlich über die Niere ausgeschieden wird.
Digitoxin ist für Patienten mit Nierenschwäche geeignet
"Bei Digitoxin liegt der Fall jedoch anders", erklärt Professor Bavendiek. Denn Digitoxin wird bei einer gestörten Nierenfunktion entsprechend vermehrt über den Darm ausgeschieden. Das bereits zugelassene Medikament ist somit auch für vorbelastete Patienten mit Nierenschwäche unproblematisch, das haben auch Ergebnisse aus bisherigen Untersuchungen bestätigt. "Richtig dosiert ist Digitoxin eine sichere Therapie bei Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern", sagt Professor Bavendiek. Ob es Herzinsuffizienz-Patienten aber tatsächlich hilft, länger und besser zu leben, wollen die Wissenschaftler nun endgültig klären. Dafür wollen sie in der zweiten Förderphase noch mehr Patienten gewinnen, die an der "DIGIT-HF-Studie" teilnehmen.