Eine Studie der Medizinischen Hochschule klärt den Syntheseweg zur Antigengewinnung auf, um Impfstoffe zukünftig stabiler, sicherer und kostengünstiger herstellen zu können.
Meningokokken sind weltweit vorkommende Bakterien, die eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder eine Blutvergiftung (Sepsis) auslösen können. Vor allem Kinder unter fünf Jahren und Jugendliche zählen zu den besonderen Risikogruppen. Da Meningokokken-Infekte innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden können, ist ein Impfschutz besonders wichtig. Es gibt verschiedene Meningokokken-Typen, die je nach Aufbau ihrer Oberflächenstrukturen in sogenannte Serogruppen unterteilt werden. Einer der wichtigsten Erreger der bakteriellen Meningitis ist Neisseria meningitidis der Serogruppe A (NmA). Weil die Bakterien von einer schützenden Kapsel aus Polysacchariden umgeben sind, sind sie gegen das Immunsystem weitgehend abgeschirmt. Gleichzeitig setzen hier Impfstoffe an, die diese Kapselpolysaccharide als Antigen nutzen, um eine Immunantwort auszulösen. Ein Forschungsteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) unter der Leitung von PD Dr. Martina Mühlenhoff und Dr. Timm Fiebig vom Institut für Klinische Biochemie hat den Syntheseweg untersucht und herausgefunden, wie Impfstoffe gegen NmA künftig stabiler, sicherer und kostengünstiger hergestellt werden könnten. Die Studie in Kooperation mit den MHH-Instituten für Virologie und für Biophysikalische Chemie sowie den Universitäten Salzburg und Würzburg ist jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht worden.
Impfstoffgewinnung bald ohne Bakterien möglich
Der Meningokokken-Impfstoff gehört zu den sogenannten Konjugatimpfstoffen. Sie bestehen aus einem bakteriellen Antigen – im Fall des Meningokokkenimpfstoffs ein Polysaccharid – und einem Proteinbaustein, der die Immunreaktion bei der Impfung verstärkt. Bislang ist die Herstellung allerdings noch recht aufwendig. Dafür werden die Bakterien zunächst in Biofermentern gezüchtet. Anschließend werden die schützenden Kapseln isoliert und zerkleinert, was jedoch häufig mit dem Verlust einer bestimmten Modifikation des Polysaccharids einhergeht. "Diese Modifikation wird durch das Enzym CsaC vorgenommen und macht das Kapselpolysaccharid und damit auch den Impfstoff stabiler", erklärt Dr. Fiebig.
Rein synthetisches Verfahren der Impfstoffherstellung
Das Forschungsteam hat nun aufgeklärt, wie CsaC genau aufgebaut ist und wie es die Veränderung am Kapselpolysaccharid vornimmt. Das macht den Weg frei für ein künftig rein synthetisches Verfahren der Impfstoffherstellung. Dabei setzen speziell im Labor hergestellte Enzyme die für den Impfstoff benötigten Polymerhüllen einfach nach dem Baukastenprinzip zusammen. "Bei dieser Methode benötigen wir keine Bakterien mehr", betont der Biochemiker. Das bedeutet nicht nur eine geringere Biogefährdung, sondern auch ein stabileres Impf-Konstrukt und eine kostengünstigere Herstellung. Bis der Impfstoff auf diesem Weg hergestellt werden kann, wird es nach Einschätzung des Forschers aber vermutlich noch einige Jahre dauern.