Wer kann, arbeitet aufgrund der Coronakrise seit Wochen im Homeoffice statt im Büro. E-Mails, Telefonate, Videokonferenzen müssen Arbeitstreffen und den persönlichen Austausch ersetzen. Wie wirkt sich dies auf die Kreativität in Teams aus? Kann Heimarbeit Innovationen hervorbringen? Diesen Fragen ist Prof. Dr. Marina Schröder vom Institut für Wirtschaftspolitik der Leibniz Universität Hannover nachgegangen. Gemeinsam mit Kollegen der Universität zu Köln hat sie die ersten Ergebnisse als Diskussionspapier des "IZA – Institute of Labor Economics" veröffentlicht. "Heimarbeit ist nicht zwingend schlecht für Innovation – wenn die richtigen Kommunikationsmedien gewählt werden", fasst Schröder die Ergebnisse zusammen.
Ausgangspunkt der Untersuchung war die Annahme, dass Kreativität heute vor allem in der Teamarbeit entsteht, also wenn Menschen zusammenkommen, sich austauschen, die Gedanken fließen lassen, wenn ein Arbeitsschritt nahtlos in den nächsten greift. Wenn die Teammitglieder räumlich distanziert von zuhause aus tätig sind, kann gerade diese Zusammenarbeit leiden. In einer experimentellen Studie haben die Wissenschaftler der Universitäten in Hannover und Köln die persönliche Kommunikation verglichen mit der Kommunikation per Videokonferenz und per Chat. Das experimentelle Design ahmt die Phase der Ideengenerierung eines Innovationsprozesses nach, in dem die Aufgaben einzelner Teammitglieder stark voneinander abhängen. Kreativität wurde verglichen durch eine Aufgabenstellung, in der die Studienteilnehmer Begriffe durch Illustrationen veranschaulichen mussten – bewertet wurden Einzigartigkeit, Nützlichkeit und der ästhetische Wert der Ergebnisse.
„Wir liefern Belege dafür, dass die kreative Leistung bei der Chat-Kommunikation erheblich geringer ist als bei der persönlichen Kommunikation“, sagt Schröder und betont: „Dies ändert sich jedoch offenbar bei der Kommunikation per Videokonferenz, bei der der Unterschied zur persönlichen Kommunikation nicht signifikant ist.“ Die Untersuchung zeige, dass der Anteil exzellenter Ideen in Videokonferenzen und bei persönlichen Treffen erheblich größer ist als bei der Chat-Kommunikation. Unterschiede zeigten sich vor allem bei der Nützlichkeit der in den Teams erzielten Ergebnisse.
"Nach unserem Kenntnisstand sind wir die ersten, die experimentell die Auswirkung der Kommunikationsmedien auf die kreative Leistung in Teams untersucht haben", sagt Schröder, die gemeinsam mit ihren Kollegen Unternehmen empfiehlt, den Einsatz von Videokonferenzen zu fördern. Dadurch könnten negative Auswirkungen der virtuellen Zusammenarbeit – während der Coronakrise und darüber hinaus – abgemildert werden. Die Untersuchung ist entstanden im Rahmen der DFG-Forschergruppe "Design and Behavior" sowie des Exzellenzclusters "ECONtribute: Märkte und öffentliche Ordnung" der Universität zu Köln und wurde somit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell unterstützt.
(Veröffentlicht: 13. Mai 2020)