Ministerpräsident Stephan Weil informiert sich am Forschungszentrum L3S der Leibniz Universität über den Einsatz Künstlicher Intelligenz in den Bereichen Mobilität, Gesundheit, Produktion und Bildung.
Künstliche Intelligenz (KI) verleiht Maschinen ein menschenähnliches Denkvermögen. Welche Chancen KI beispielsweise bietet für eine intelligente Mobilität, eine personalisierte Gesundheit, eine intelligente Produktion und die digitale Bildung – damit beschäftigen sich die Wissenschaftler des Forschungszentrums L3S an der Leibniz Universität Hannover. Sie entwickeln KI-Algorithmen, die robust, erklärbar und fair sind. Am Mittwoch, 12. Februar, hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil das L3S besucht und einen umfassenden Überblick über aktuelle Projekte erhalten.
KI verantwortungsvoll gestalten
Auf künstlicher Intelligenz basierende Systeme werden heute eingesetzt, um Entscheidungen zu treffen, die weitreichende Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft haben. KI-Entscheidungen eröffnen viele Chancen, können aber auch Diskriminierungen erzeugen, etwa bei der Vergabe von Arbeitsplätzen oder Krediten. Der Grund: In KI-basierten Entscheidungsprozessen können Verzerrungen auftreten, wenn Daten gesammelt werden, wenn Algorithmen Daten in Entscheidungen umwandeln oder wenn die Ergebnisse in Anwendungen genutzt werden. Das europäische Graduiertenkolleg "Artificial Intelligence without Bias" (NoBIAS) und eine Reihe weiterer Projekte am L3S verfolgen das Ziel, die rechtlichen, gesellschaftlichen und technischen Herausforderungen dieser Verzerrungen zu verstehen – und zu vermeiden. Das vom L3S koordinierte Graduiertenkolleg NoBIAS startete am 7. Februar mit einem Kick-off-Treffen der 18 beteiligten Universitäten und Unternehmen in Hannover.
Projekt IIP-Ecosphere erleichtert Unternehmen den Einstieg in die KI
Einen Tag vor dem Besuch des Ministerpräsidenten ist außerdem ein neues Leuchtturmprojekt mit einer Kick-off-Veranstaltung gestartet: "IIP-Ecosphere: Next Level Ecosphere for Intelligent Industrial Production". Im Fokus stehen die konkreten Herausforderungen, vor denen sich Unternehmen sehen, die KI in der Produktion einsetzen möchten, und das Ziel "Innovation durch Künstliche Intelligenz". Gefördert wird das Projekt mit einem Budget von zwölf Millionen Euro für drei Jahre durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Leitung bei der Leibniz Universität
Die Leitung des Verbundes aus 19 Konsortialpartnern liegt an der Leibniz Universität Hannover am L3S gemeinsam mit dem Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW). Beteiligt sind zudem die Universitäten in Hildesheim, Nürnberg und Koblenz, produzierende Unternehmen wie Volkswagen, Siemens und Sennheiser, Maschinenhersteller wie DMG Mori / Gildemeister, KI-Anbieter wie Salt and Pepper, Bitmotec und RapidMiner sowie Multiplikatoren wie die Deutsche Messe. Weitere 57 Partner sind assoziiert, darunter viele Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen. Die Wissenschaftler werden in Kooperation mit den Firmen ein KI-Ökosystem und Demonstratoren entwickeln, die aufzeigen, wie sich KI gewinnbringend von Unternehmen nutzen lässt.
Internationale Ausbildung, erfolgreiche Ausgründungen, gefragte Fachkräfte
International, interdisziplinär und sektorübergreifend promovieren – das bieten die von der EU-Kommission geförderten Europäischen Graduiertenkollegs. Neben dem Graduiertenkolleg NoBIAS koordiniert das L3S ein zweites Graduiertenkolleg, Cleopatra, und ist an einem weiteren, KnowGraphs, als Partner beteiligt. Bis Ende 2020 beginnen in den drei Graduiertenkolleges etwa 45 internationale Doktoranden in Forschungseinrichtungen in ganz Europa mit der Arbeit an Forschungsthemen im Bereich der künstlichen Intelligenz und kooperieren bereits im Rahmen ihrer Promotion europaweit mit anderen Forschungseinrichtungen und Unternehmen.
Autonomes fahren
Weitere Projekte, die die Wissenschaftler während des Besuchs des Ministerpräsidenten vorstellten, thematisieren beispielsweise das autonome Fahren: Das Elektro-Demo-Fahrzeug PANDA veranschaulicht, wie Sensorsysteme Daten erfassen – und wie diese weiterverarbeitet werden müssen, damit die künstliche Intelligenz genutzt werden kann, um ein Fahrzeug zu steuern.
KI in der Anwendung
Wie lebensnah die Anwendung von künstlicher Intelligenz bereits ist, zeigen mehrere Start-ups, die in den vergangenen Monaten aus dem L3S hervorgegangen sind: Bei ihnen geht es beispielsweise darum, Kundenwünsche und -bedarfe so exakt vorherzusagen, dass die Rücksendungen im Versandhandel reduziert werden können oder Kreuzfahrt-Interessierte die für sie perfekt passende Reise aus dem unübersichtlicher werdenden Angebot empfohlen bekommen.
KI-Know-how aufbauen
Alle Projekte des L3S machen deutlich: "In der Wirtschaft führt kaum noch ein Weg an der künstlichen Intelligenz vorbei", sagt Prof. Dr. Wolfgang Nejdl, Geschäftsführender Direktor des L3S. Allerdings gebe es in den Unternehmen noch zu wenig Know-how – der Fachkräftemangel sei in dieser Branche besonders stark. Deshalb engagiert sich das L3S nicht nur in der Ausbildung von Studierenden, sondern auch in der Weiterbildung. "Mit knapp 200 Kontakten zu über 100 Unternehmen in Niedersachsen, die unser Angebot regelmäßig in Anspruch nehmen, ebenso wie durch unsere Applied Machine Learning Academy und HAISEM-Lab, fühlen wir direkt am Puls der niedersächsischen Industrie, leisten einen Beitrag zum Wissenstransfer und unterstützen bei den Herausforderungen in Fragen der künstlichen Intelligenz und Digitalisierung", so Nejdl
Das Forschungszentrum L3S
Das L3S erforscht die Auswirkungen des digitalen Wandels, um aus den Erkenntnissen Handlungsoptionen, -empfehlungen und Innovationsstrategien für die Wirtschaft, die Politik und Gesellschaft herzuleiten. Künstliche Intelligenz, Sicherheit und verantwortliche Systeme stehen im Mittelpunkt; wichtige interdisziplinäre Anwendungsbereiche sind Mobilität, Gesundheit, Produktion und Bildung. Das L3S besteht seit dem Jahr 2001 und vereint mehr als 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit mehr als 20 Professoren unterschiedlicher Fachdisziplinen der Leibniz Universität Hannover und der Technischen Universität Braunschweig. Das jährliche Drittmittelvolumen liegt bei rund zehn Millionen Euro.