Studie

Inflation trifft Studierende überdurchschnittlich stark

Wissenschaftler der Leibniz Universität und des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung haben studentische Konsumkörbe untersucht.

Die Leibniz Universität Hannover zählt zu den größten Universitäten Deutschlands

Studierende haben die seit Ende 2021 stark gestiegene Inflation in Deutschland überdurchschnittlich gespürt – trotz Entlastungsmaßnahmen von Bund und Ländern. Und auch in den kommenden Jahren werden sie unter den hohen Preisen leiden, was zu schlechteren Studienleistungen oder Studienabbrüchen führen kann. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie „Die Bedeutung der Inflation für die wirtschaftliche Situation von Studierenden in Deutschland im Zeitraum 2021 bis 2024: Eine Abschätzung“ von Prof. Dr. Stephan L. Thomsen und Dennis H. Meier von der Leibniz Universität Hannover (LUH) sowie Martina Kroher vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Die Untersuchung wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Konsum- und Ausgabeverhalten von 65.000 Studierenden analysiert

Das Forschungsteam hat das Konsum- und Ausgabeverhalten von 65.000 Studierenden analysiert – auf Grundlage der Daten von „Die Studierendenbefragung in Deutschland“ aus dem Sommersemester 2021, die unter Leitung des DZHW stattgefunden hat. Hieraus haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Konsumkörbe für verschiedene Gruppen von Studierenden ermittelt. Aus diesen konnten sie die inflationsbedingte Belastung der Studierenden berechnet. Unterschieden haben sie dabei vor allem nach der Lebens- und Wohnsituation der Studierenden – ob diese beispielsweise alleine bzw. in einer Wohngemeinschaft oder im Elternhaus leben und ob sie etwa eigene Kinder haben.

Studierende haben in der Regel wenig Geld zur Verfügung und geben deshalb einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres Budgets für Warmmiete und Lebensmittel aus – zwei Bereiche, in denen die Preise im Jahr 2022 besonders stark gestiegen sind. Vor allem betroffen sind Studierende, die die Wohnung gewechselt haben. Bei ihnen sind Inflationsraten von über zehn Prozent möglich; deutschlandweit lag die Inflation 2022 bei 6,9 Prozent.

Gefahr für Studienabbrüche steigt

Da Studierende auch in der Vergangenheit kaum sparen konnten, müssen sie die Teuerungen durch steigende Einnahmen kompensieren: entweder indem sie mehr arbeiten, durch größere familiäre Unterstützung oder durch Kredite. „Die wissenschaftliche Literatur zeigt, dass finanzielle Einschränkungen und Risiken sich negativ auf den Verlauf und den Erfolg des Studiums auswirken können. Die Studienleistungen können sinken, weniger Menschen fangen ein Studium an und mehr Studierende müssen ihr Studium abbrechen“, sagt Thomsen. Folge könne eine verstärkte sozioökonomische Ungleichheit sein.

Nachhol­effekte in den Folgejahren

Die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung haben die Inflations­raten 2022 und 2023 für die berück­sichtigten studentischen Gruppen ver­ringert. Aber: „Durch den Einmalcharakter der Zahlungen kommt es zu Nachhol­effekten in den Folgejahren“, so Thomsen. Berücksichtigt wurden in der Studie die Dezember-Sofort­hilfe, die Gas- und Strompreisbremse, die Energieab­gabensenkung, das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt. Ohne weitere Entlas­tungsmaßnahmen erwartet das Autorenteam auch für dieses und das kommende Jahr Infla­tionsraten von rund sechs (2023) und zwei (2024) Prozent für verschiedene Grup­pen von Studierenden.

Grundlage für politische Entscheidungen

„Die hohen und für die betrachteten Gruppen unterschiedli­chen Belastungen machen deutlich, dass regelmäßigere und kurzfristigere Analysen der wirtschaftlichen Belastungen von Studierenden erforderlich sind“, sagt Thomsen und betont: „Um hierfür die Grundlagen zu schaffen, wären wiederholte Primärdatenerhebungen mit aus­gewählten Stichproben in kürzeren zeitlichen Abständen wünschenswert. Diese würden die Grundlagen für evidenzbasierte politische Ent­scheidungen verbessern.“

Zu den Autoren:

Stephan L. Thomsen ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insb. Angewandte Wirtschaftspolitik, und Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik der LUH. Dennis H. Meier ist an diesem Institut wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand. Martina Kroher ist Projektleiterin am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).

Videos

Leibniz Universität auf wissen.hannover.de

Videos der Leibniz Universität Hannover auf der Mediathek der Initiative Wissenschaft Hannover.

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(Veröffentlicht: 7. Juni 2023)