Kunstszene

Hannover verleiht den Käte Steinitz Preis für künstlerische Kollaboration

Die Landeshauptstadt Hannover vergibt zum ersten Mal den "Käte Steinitz Preis für künstlerische Kollaboration": Der mit 20.000 Euro dotierte Preis würdigt zeitgenössische Künstler*innen, die in enger Zusammenarbeit mit anderen ein herausragendes Werk oder Projekt realisiert haben. Die Preisvergabe erfolgt alle drei Jahre und umfasst die Bereiche Bildende Kunst, Fotografie sowie Textproduktion, Illustration und Verlagswesen – inspiriert vom vielseitigen Schaffen der Namensgeberin Käte Steinitz.

Käte Steinitz: Backstroke, 1930, Glasnegativ, 9 x 12 cm, Sprengel Museum Hannover, 2018 Schenkung Steinitz Family Art Collection

Unbekannte*r Fotograf*in: Käte Steinitz mit aufgestützter Hand (1940/1945)

Eva Bender, Dezernentin für Bildung und Kultur sowie Jurymitglied, begrüßt den Beschluss des Kulturausschusses zur Preisvergabe: „Mit dem ‚Käte Steinitz Preis für künstlerische Kollaboration‘ lenken wir die Aufmerksamkeit auf eine Künstlerin, die in vielem ihrer Zeit voraus und eine wichtige Ideengeberin in die damalige Kunstszene dieser Stadt war. Gleichzeitig schlagen wir einen Bogen zur Gegenwart und betonen die Bedeutung des Zusammenhalts und des gemeinsamen Schaffens in der Kunst, weit über die Kulturstadt Hannover hinaus.“

Jurymitglied und Direktor des Sprengel Museum Hannover, Reinhard Spieler, unterstreicht: „Arbeiten, die aus einer kreativen Kollaboration heraus entstehen und neue künstlerische Perspektiven eröffnen, sollen mit dem Preis bedacht werden. Der Preis legt Wert auf eine breite Streuung der Kunstgattungen und ihrer Verquickung – ähnlich der Arbeitsweise von Käte Steinitz, die in den 1920er-Jahren maßgeblich an Künstlerfesten in Hannover, wie 1928 bei ‚Zinnober‘ beteiligt war. Eine legendäre Veranstaltung und Mischung aus Kunstausstellung, Theater, Musik und Performance!“

Preisvergabe

Käte Steinitz: Ohne Titel (Eisstand auf der Weltausstellung in New York, 1936)

Die erste Preisvergabe erfolgt im Jahr 2026, die Jury tagt jedoch bereits 2025 und gibt die/den Preisträger*in bekannt. Die Finanzierung des Preises erfolgt über das Budget des Sprengel Museum Hannover.

Der Preis soll die Erinnerung an Käte Steinitz und ihr künstlerisches sowie gesellschaftliches Wirken lebendig halten.

Steinitz (geboren 1889 in Beuthen, gestorben 1975 in Los Angeles) war eine einflussreiche Künstlerin, Autorin, Fotografin und Kunstwissenschaftlerin, die in Hannover eng mit Kurt Schwitters kollaborierte und sich aktiv in der Avantgarde-Szene der 1920er-Jahre engagierte. Trotz ihrer erzwungenen Emigration 1936 blieb sie eine bedeutende Stimme für die Moderne Kunst.

Isabel Schulz, Leiterin des Kurt Schwitters Archivs

„Der Preis geht auf eine der spannendsten Persönlichkeiten des kulturellen Lebens in Hannover der 1920er-Jahre zurück. Käte Steinitz war eine herausragende Künstlerin und Netzwerkerin, die mit ihrer Offenheit und ihrem visionären Denken bedeutende Impulse für die Kunstszene setzte. Ihr Werk und ihre künstlerischen Kollaborationen werden jetzt erst in vollem Umfang bekannt, und ihr lebenslanges Engagement für zeitgenössische Kunst verdient es, nicht in Vergessenheit zu geraten. Mit diesem Preis erinnern wir an ihr außergewöhnliches Schaffen und ihre inspirierende Rolle als Vermittlerin der Avantgarde“, sagt Isabel Schulz, Ideengeberin für den Preis und Leiterin des Kurt Schwitters Archivs.

Jury

Die Jury für den Käte Steinitz Preis setzt sich aus Persönlichkeiten der Kunst- und Kulturszene zusammen: Eva Bender, Kulturdezernentin Landeshauptstadt Hannover; Reinhard Spieler, Direktor Sprengel Museum Hannover; Claudia Emmert, Direktorin Kunstmuseum Bonn; Arne Rautenberg, Schriftsteller; Elisabeth Schweeger, Kulturmanagerin und Intendantin; Bodo Busse, designierter Intendant Staatsoper Hannover.

Die Preisvergabe sowie eine Ausstellung „Käte Steinitz. Von Hannover nach Los Angeles“ (22. Oktober 2025 bis 25. Januar 2026) im Sprengel Museum Hannover sollen das Schaffen der Künstlerin würdigen und ihre Bedeutung für die Kunstgeschichte einer breiten Öffentlichkeit vor Augen führen. 2018 erhielt das Museum den umfangreichen Teilnachlass als Schenkung der „Steinitz Family Art Collection“. Er umfasst rund zweitausend bildnerische Arbeiten aus mehr als sechs Jahrzehnten, darunter expressionistische Hinterglasbilder, farbige Zeichnungen und das (nun erstmals erschlossene) fotografische Werk.

Enthüllung Stadttafel

In Erinnerung an Käte Steinitz wird am 7. April um 16 Uhr am Haus Georgstraße 54 (Haus Basse, früher Hausnummer 34) eine Stadttafel enthüllt. Käte Steinitz etablierte in ihrer repräsentativen Wohnung einen Salon, in dem sie Freunde und Bekannte, Honoratioren und Künstler*innen, darunter zahlreiche Vertreter*innen der Avantgarde empfing. Am 7. April jährt sich ihr Todestag zum 50. Mal.

Zur Person

Käte Steinitz war Künstlerin, Fotografin, Autorin, Verlegerin, Kunstwissenschaftlerin und Mäzenatin. Sie lebte von 1917 bis zur erzwungenen Emigration ihrer jüdischen Familie 1936 in Hannover und gehörte zu den wenigen professionellen, öffentlich anerkannten Künstlerinnen der Stadt während der Weimarer Republik. Sie kollaborierte eng mit dem hannoverschen Merzkünstler Kurt Schwitters und engagierte sich im Umkreis der Kestner Gesellschaft und der GEDOK.

Ihr Gästebuch (seit 1977 städtischer Besitz) dokumentiert den für internationale Kulturschaffende Offenen Salon der Familie. Ihre Persönlichkeit, ihr künstlerisches wie gesellschaftliches Wirken haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich Hannover in den 1920er-Jahren zu einem lebendigen Zentrum der zeitgenössischen Kunst entwickelte.

1969 erhielt Steinitz das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, da sie auch im Exil und nach 1945 weiterhin als einflussreiche Kommunikatorin und engagierte Fürsprecherin für die Moderne und die aktuelle Kunst gewirkt hat. Ihr Name ist zwar nie vollkommen in Vergessenheit geraten, doch ist er, wie auch ihr eigenes künstlerisches Werk, im Bewusstsein der Öffentlichkeit kaum präsent. Insbesondere die Leistungen von Künstlerinnen im Umkreis der Avantgarde wurden lange aus der Geschichtsschreibung ausgeschlossen.