Sozialberichterstattung

Stadt stellt neuen Sozialbericht vor

Einwanderung und demografischer Wandel: Chancen und Herausforderungen - die Stadt Hannover legt den Sozialbericht 2023 vor.

Blick auf Hannover

Die Landeshauptstadt Hannover hat den aktuellen Sozialbericht am Montag, 15. April 2024, präsentiert. Im Mittelpunkt stehen soziale Kernthemen, wie die Auswirkungen der demografischen Alterung, die Potenziale Hannovers als Einwanderungsstadt und die unterschiedlichen Teilhabe-Chancen in den Bereichen Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnen und Demokratie.

552.710 Menschen in Hannover

Ende 2022 lebten insgesamt 552.710 Menschen in Hannover. Dies sind fast 11.000 Einwohner*innen mehr als im Jahr 2017 – so viele Menschen, wie beispielsweise in den Stadtteilen Oberricklingen oder Davenstedt wohnen. Die Bevölkerung stieg besonders im Jahr 2022 deutlich an, da viele Geflüchtete aus der Ukraine nach Hannover kamen. 41,4 Prozent der Einwohner*innen sind Eingewanderte oder kommen aus einer Einwanderungsfamilie.

Ein Viertel der Gesamtbevölkerung über 60 Jahre

Hannovers Bevölkerung ist ebenfalls geprägt durch die demografische Alterung: Ende 2022 lebten 138.149 Menschen im Alter von 60 Jahren und älter in Hannover. Das ist ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Die Altersstruktur Hannovers hat sich mit einem Anstieg von fast 7.000 bei den 60-Jährigen und Älteren in den letzten fünf Jahren verändert.

„Die zurückliegenden fünf Jahre waren geprägt von globalen Herausforderungen, die überall auf der Welt, auch in Hannover, soziale Auswirkungen haben. Die Corona-Pandemie, der Angriffskrieg auf die Ukraine, die sichtbarer werdenden Folgen der Klimakrise und die Inflation beeinflussen nachhaltig unser aller Leben“ so Sylvia Bruns, Dezernentin für Soziales und Integration der Landeshauptstadt Hannover. „Jetzt gilt es, für alle Menschen, die in Hannover leben, Perspektiven und Partizipation zu schaffen“,erläutert Bruns.

Entwicklungen in der Einwanderungsstadt

Der Bericht zeigt auf, dass zum jüngsten hannoverschen Bevölkerungswachstum ausschließlich Eingewanderte oder deren Nachkommen beitrugen: Im Zeitraum 2020 bis 2022 stieg die Anzahl der Bevölkerung mit Migrationshintergrund um über 18.000 Personen. Der Großteil der Einwanderung sei keine Fluchtmigration (mit Ausnahme der Jahre 2015 & 2022), sondern Arbeits- und Bildungsmigration. Hannover als internationaler Bildungs-, Hochschul- und Wissenschaftsstandort ziehe überdurchschnittlich viele Studierende, Promovierende und Wissenschaftler*innen aus aller Welt an. Einer Schätzung zufolge kommen jedes Jahr mindestens 2.300 angehende oder bereits ausgebildete Akademiker*innen nach Hannover (siehe Kapitel 3). Hannover verzeichne außerdem ein Beschäftigtenwachstum, das überwiegend auf ein Beschäftigtenplus von Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit zurückgeführt werden könne (Kapitel 4). Angesichts der Tatsache, dass fast zwei Drittel der unter 18-Jährigen aus einer Einwanderungsfamilie kommen, zählten Kitas und Schulen zu den internationalsten Orten Hannovers.

Demografische Alterung und ihre Folgen für Hannover

Laut Sozialbericht ist das Bevölkerungsplus bei den Älteren in erster Linie eine Folge demografischer Alterung. Schaut man zwanzig Jahre in die vorausgeschätzte Zukunft Hannovers, würde deutlich werden, dass dem starken Anstieg Älterer ein deutlicher Rückgang der Erwerbsbevölkerung gegenübersteht. Der sich abzeichnende Alterungsprozess würde in Hannover auch dann fortschreiten, wenn man – wie in Bevölkerungsvorausschätzungen angenommen – von einer relativ starken Zuwanderung ausgehe (Kapitel 2).

Mit der demografischen Alterung werden die Aufgaben im Gesundheits-, Pflege- und Bildungssystem größer, die Anzahl der dafür benötigten Fachkräfte zugleich kleiner. Beispielsweise stünden absehbar mehr Pflegebedürftige weniger Pflegekräften und pflegenden Angehörigen gegenüber. Die Prognosezahlen machten deutlich, dass ein alleiniger Ausbau stationärer Pflegeplätze weder finanzierbar, noch personell leistbar sei und nicht dem Wunsch der meisten Menschen entspräche, möglichst lange zu Hause zu leben.

Notwendig seien neue Versorgungssettings im Wohnumfeld und weniger Abgrenzung von ambulanter und stationärer Pflege (Kapitel 2). Insgesamt zeige die Entwicklung einen größer werdenden Anteil von Menschen in vulnerablen Lebenslagen in Hannover auf (Hochaltrige, Pflegebedürftige oder Menschen mit Behinderung). Die Stadtverwaltung Hannover setzt daher vermehrt auf generationenverbindendes, barrierefreies Wohnen und soziale und inklusive Quartiersentwicklung.

Entwicklungen am Arbeitsmarkt

Eine fehlende Teilhabe am Erwerbsleben hat Folgen für die soziale Teilhabe. In Hannover sind davon Ende 2022 laut Sozialbericht insgesamt 26.012 Arbeitslose betroffen, darunter 20.827 im Rechtskreis SGB II, von denen wiederum 57,0 Prozent langzeitarbeitslos (länger als ein Jahr) sind. Dazu kommen 8.646 Personen (2023), die im weiteren Sinne als arbeitslos gelten, aber von der Arbeitslosenstatistik nicht erfasst werden (Unterbeschäftigung). Für weitere 10.805 Erwerbstätige (2022) in Hannover reicht das Einkommen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht aus, so dass sie ergänzend Arbeitslosengeld II (heute Bürgergeld) beziehen müssen.

Armut und Teilhabe

Überdurchschnittlich hoch ist die Armutsquote unter Kindern und Jugendlichen (26,6 Prozent), Allein- und Getrennterziehenden (45,2 Prozent) sowie unter Familien im Allgemeinen (23,5 Prozent), insbesondere kinderreichen Familien mit drei Kindern (35,8 Prozent) oder vier und mehr Kindern (54,4 Prozent). Frauen sind insgesamt durch verschiedene Faktoren deutlich häufiger von Armut bedroht als Männer: Sie übernehmen häufiger häusliche Pflege- und Betreuungsarbeit, arbeiten häufiger in Teilzeit oder sind geringfügig beschäftigt und sind folglich häufiger von Altersarmut bedroht. Auch 90 Prozent der alleinerziehenden Elternteile sind Frauen. Altersarmut betrifft aktuell mindestens 11 Prozent aller 60-Jährigen und Älteren in Hannover (Achtung Dunkelziffer). Die Altersarmut steigt von Jahr zu Jahr.

Wohnraum, Bildung, Gesundheit und das Recht zu wählen

Weitere Themen, die der Bericht behandelt, sind u.a. der Mangel an Wohnraum, der schwierige Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem für Kinder aus bildungsfernen Familien und der Zugang zu demokratischer Teilhabe. Denn ob jemand wählen darf, hängt von Alter und Staatsangehörigkeit ab. Das Ergebnis der letzten Bundestagswahl (2021) repräsentiere lediglich die parteipolitische Haltung von fünfzig Prozent der hannoverschen Bevölkerung. In Mühlenberg hätte faktisch nur ein Fünftel der dort lebenden Bevölkerung bei der Wahl mitentschieden oder mitentscheiden können, in der Südstadt waren es zwei Drittel.

Kommunale Handlungsansätze

Der Sozialbericht skizziert kommunale Handlungs- und Gestaltungsspielräume. „Diese gilt es zu nutzen, um die Zugänge und Teilhabe in allen Lebenslagen zu verbessern“, betont Sozialdezernentin Bruns. „Hierbei zählen vor allem unsere Potentiale als Einwanderungs- und Bildungsstandort.“  Die Stadt Hannover setze weiterhin auf Bildungs- und Arbeitsmarktteilhabe sowie auf Armutsprävention, zum Beispiel durch transparente, leicht- und mehrsprachig Information und Kommunikation. Der Fokus liege auch auf sozialer und inklusiver Quartiersentwicklung, damit Quartiere Orte sind, „in denen nicht nur gewohnt wird, sondern auch ein soziales Miteinander gelebt wird“, erläutert Bruns.

Hintergrundinformation

Seit 1993 legt die Landeshauptstadt Hannover alle fünf Jahre einen Sozialbericht vor. Ziel der hannoverschen Sozialberichterstattung sei es, soziale Lagen und Entwicklungen faktenbasiert zu bilanzieren, einzuordnen und mittelfristige Herausforderungen zu skizzieren. Entlang von neun Kapiteln (s.o.) werden Kernaussagen und lokale Handlungs- und Gestaltungsspielräume herausgearbeitet.

Sozialbericht  auch in Leichte Sprache

Der Sozialbericht steht in Alltagssprache zur Verfügung. Die zusammengefassten Kernaussagen sind auch in Leichte Sprache übersetzt.  Zudem gibt es eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel des Sozialberichts 2023 in Alltagssprache.

Soziale Entwicklungen in der Einwanderungsstadt Hannover

Sozialbericht 2023

Teilhabe, Zugangschancen und kommunale Handlungsspielräume. Die Landeshauptstadt Hannover legt den Sozialbericht 2023 auch in Leichte Sprache vor. Diese B...

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