Wasserstadt Limmer

Startsignal für den Architekturwettbewerb für den Conti-Komplex

Auftakt für "Rebuild_Wasserkante": Am ersten Informationsabend stellten die Stadt Hannover und die die Wasserstadt Limmer GmbH den neuen Architekturwettbewerb vor. Die Aufgabe ist, den Conti-Gebäudekomplex in der Wasserstadt Limmer zu ersetzen.

Beim Info-Abend im aufhof stellten den Architekturwettbewerb Rebuild_Wasserkante vor (v.l.): Oliver Matziol, GP Hoch- und Ingenieurbau GmbH, Dilek Ruf, Büroinhaberin BBU.PROJEKT ARCHITEKTEN BDA, und Thorsten Warnecke, Fachbereichsleiter Planen und Stadtentwicklung bei der Stadt Hannover.

Auftaktabend für Rebuild_Wasserkante

„Rebuild_Wasserkante“ ist der Name des Architektenwettbewerbs, den die Wasserstadt Limmer GmbH in Abstimmung mit der Landeshauptstadt Hannover auslobt. Ziel ist, die besten Ideen für die Wiedererrichtung der Uferbebauung in der Wasserstadt Limmer zu ermitteln, da ein Erhalt der Bestandsgebäude entlang des Stichkanals Linden aufgrund der Nitrosaminbelastung leider nicht möglich ist. Die erste von zwei öffentlichen Informationsveranstaltungen fand am 23. April 2024 im aufhof statt.

Durch die Veranstaltung führte Dilek Ruf, Inhaberin des Architekturbüros BBU.PROJEKT und Vorsitzende des Bunds Deutscher Architekten Niedersachsens, gemeinsam mit dem Leiter des Fachbereichs Planen und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Hannover, Thorsten Warnecke, der Leiterin des Bereichs Stadtplanung, Ulrike Hoff, und dem Vorhabenträger, vertreten durch Dipl.-Ing. Oliver Matziol. In einer Podiumsdiskussion wurden neben den Inhalten der Aufgabenstellung der Verfahrensablauf des Wettbewerbs näher erläutert. Auch über die Hintergründe, die zu der Abrissentscheidung geführt haben, wurde berichtet.

Von der Schadstoffbelastung zum Wettbewerb

Der alte Gebäudekomplex der Continental AG 2014: Nun soll er einem Neubau weichen.

Seit 1999 stehen die als „Conti-Gebäude“ bekannten ehemaligen Produktionshallen des Reifenherstellers in Linden-Limmer leer. 2001 erwarb der Bauunternehmer Papenburg das Ensemble mit der Auflage, die historischen Gebäude zu erhalten, die zum zweiten Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer gehören. Dieser Plan ist nun leider gescheitert. Die Schadstoffbelastung innerhalb der Gebäude ist zu hoch – sie müssen einem Neubau weichen. Für diesen ist nun ein Architektur Wettbewerb ausgelobt.

Zeugnis der Industriebaukunst neu interpretieren

Die ehemaligen Produktionsgebäude entlang des Stichkanals sind ein wichtiges Zeugnis der klassizistisch anmutenden Industriebaukunst aus der Zeit des ersten Weltkriegs. Sie weisen einen hohen Identifikationswert für Limmer auf. Die Stadtverwaltung hat daher einige Anforderungen an die Wettbewerbsaufgabe gestellt, die auch Inhalt des Wettbewerbs sind. „Die große geschichtliche Bedeutung und städtebauliche Prägnanz der alten Industriegebäude sollen sich in dem neuen Gebäudeensemble wiederfinden. Der Wunsch der Stadtverwaltung ist, dass der historische Bestand unter Berücksichtigung der Örtlichkeit neu interpretiert wird“, sagt Thorsten Warnecke.

Roter Klinker mit möglicherweise alten Fassadenelementen

Für den Neubau des Gebäudes, welches parallel zum Stichkanal steht, gibt es zum einen zwingend einzuhaltende Vorgaben für die verwendeten Materialien: Hier ist in Anlehnung an den Bestand beispielsweise vorwiegend roter Klinker zu verwenden. Zudem können Fassadenelemente des Bestandsgebäudes in die neue Fassade integriert werden. Dabei handelt es sich unter anderem um Betonräder. Die Vertikalität, Plastizität und Gliederung der Fassade der Bestandsgebäude sind wichtige Gestaltungselemente, die durch eine Neuinterpretation eine visuelle Verbindung zur historischen Bebauung herstellen, ohne eine reine Replikation zu sein.

Für den Neubau des nicht denkmalgeschützten Gebäudes 2, welches sich parallel zur Wunstorfer Straße befindet, gelten diese Vorgaben nicht. Hier sind die Architekt*innen unter anderem frei in der Wahl der Materialien. Dieses Gebäude soll gestalterisch zwischen dem denkmalgeschützten Gebäude Wunstorfer Straße 130 und dem geplanten Neubau des Gebäudes entlang des Stichkanals vermitteln. Der neue Gebäudeentwurf soll darüber hinaus Aussagen zum Umgang mit der unter Denkmalschutz stehenden Verbindungsbrücke zum Denkmal Wunstorfer Straße 130 machen. Diese muss erhalten bleiben und soll in den Entwurf integriert werden.

Wohnungen am Stichkanal

In dem Gebäude entlang des Stichkanals sollen vorwiegend Wohnungen entstehen, aber auch eine belebte Erdgeschosszone, die sich zum Wasser und der Promenade hin öffnet. In dem zweiten Gebäude parallel zur Wunstorfer Straße sind im Erdgeschoss eine Kita, in den oberen Geschossen Büros und eine kulturelle Nutzung in einem der Gebäude geplant. Außerdem sollen die Büros innerhalb des Wettbewerbsgebiets einen öffentlichen Ort vorschlagen, der als Informationspunkt für die lokale Industriegeschichte dienen kann.

Laut Auslobung ist es Aufgabe der am Wettbewerb teilnehmenden Büros zu entscheiden, ob die beiden Gebäude, wie im Bestand, einen geschlossenen Winkel formen. Alternativ wäre auch ein Öffnen dieses Winkels zu Gunsten einer Verbindung des dahinterliegenden Areals des zweiten Bauabschnitts zum Wasser möglich. Ebenfalls können die Planer*innen frei darüber entscheiden, ob das Gebäude entlang des Stichkanals etwas weiter von diesem abrückt, um eine breitere öffentliche Uferzone zu ermöglichen.

Einbindung der Fuß- und Radverkehrsbrücke

Darüber hinaus sollen die Entwürfe der Büros die Einbindung einer Fuß- und Radverkehrsbrücke berücksichtigen. Diese soll den Stichkanal Limmer queren und im weiteren Verlauf durch das neu zu errichtende Gebäude führen, um eine komfortable Anbindung des Stadtteils Ahlem für Fußgänger*innen und Radfahrende zu ermöglichen.

Teilnehmende Büros

An dem Wettbewerbsverfahren werden sieben Büro-Teams teilnehmen. Hierbei handelt es sich jeweils um ein erfahrenes Büro in Kooperation mit einem jüngeren Büro:

  • Max Dudler GmbH, Berlin und Seeberger Walenta Architekten PartGmbB, Hannover
  • Bruno Fioretti Marquez GmbH, Berlin und Nehse & Gerstein Architekten BDA PartGmbB, Hannover
  • Atelier ST Gesellschaft von Architekten mbH, Leipzig und Wirth Architekten Partnerschaft mbB, Bremen
  • Baumschlager Eberle Architekten, Hamburg und Studiomauer GbR, Hannover
  • MOSAIK architekten bds Partnergesellschaft mbB, Hannover und LXSY Le Roux Sichrovsky Architekten PartGmbB, Berlin
  • Agsta architekten, Dr. Schulte Petersen & Partner mbB, Hannover und VZB Hillebrand und Fink Architekten Partnerschaft mbB, Hannover
  • N2M Architektur & Stadtplanung GmbH BDA, Hannover und Kim Nalleweg Architekten, Berlin

Jury tritt im November 2024 zusammen

Eine Fachjury soll am Freitag, 22. November 2024, die Entwürfe bewerten und einen Siegerentwurf küren. Diese Jury setzt sich unter anderem zusammen aus Fach- und Sachpreisrichter*innen. Vertreten sind:

Fachpreisrichter*innen:

  • Thomas Vielhaber, Stadtbaurat Landeshauptstadt Hannover
  • Heiner Farwick, Architekt
  • Rita Ahlers, Architektin
  • Prof. Tatjana Sabljo, Architektin
  • Prof. Sven Martens, Architekt

Sachpreisrichter*innen:

  • Günter Papenburg, Geschäftsführer GP Papenburg AG
  • Oliver Matziol, Architekt / Projektentwickler GPHI
  • Dr. Elisabeth Clausen-Muradian (B90 Grünen), Vorsitz Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
  • Lars Kelich (SPD), Fraktionsvorsitzender

Voraussichtlich im Dezember 2024 wird der Siegerentwurf in einer öffentlichen Veranstaltung gekürt.

Rückblick auf denkmalrechtlichen Prozess

Der Entscheidung zum Abriss der Gebäude ist ein langer denkmalrechtlicher Prozess vorausgegangen. In den denkmalgeschützten Gebäuden war eine Nitrosamin-Belastung nachgewiesen worden. Nitrosamine gelten als stark krebserregend. 2022 beauftragte die städtische Denkmalschutzbehörde auf eigene Kosten zwei Gutachter zur Erstellung eines Konzepts für einen möglichen Erhalt und die Umnutzung der Gebäude. Das Konzept sah eine „Haus-in-Haus-Lösung“, also einen Neubau innerhalb der historischen Klinkerfassade, vor. Dabei wäre laut Gutachtern eine gesundheitlich gefahrlose Nutzung der Räume möglich. Leider wurde dieses Konzept seitens der zuständigen Gesundheitsbehörden von Region und Land nicht mitgetragen, sodass die Bauverwaltung nur feststellen konnte, dass eine Nutzung des Baudenkmals zu Aufenthaltszwecken (Wohnen, Arbeiten, …) ausscheidet.

Ohne diese dauerhafte Nutzungsperspektive musste der Abriss unter bestimmten Auflagen im Oktober 2023 genehmigt werden. Zu den Auflagen gehören eine grafische Bestandsaufnahme sowie eine umfangreiche Dokumentation. Die Verbindungsbrücke zwischen dem Denkmal Wunstorfer Straße 130 (Gebäude eins) und dem Gebäude zwei wurde zudem als zu erhaltenes Einzeldenkmal identifiziert und muss in das Projekt integriert werden.

Bauleitplanverfahren

Im Januar 2024 beschloss der Verwaltungsausschuss der Landeshauptstadt Hannover die Rahmenbedingungen für den zweiten Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer. Es gibt nun konkrete Vorgaben zum städtebaulichen Entwurf, der städtebaulichen Dichte, der Größe der öffentlichen Grünflächen und eines Verkehrskonzeptes. Außerdem musste die Firma Papenburg einen beschlussfähigen Antrag auf Einleitung eines Vorhaben- und Erschließungsplans für die Neubebauung anstelle der zum Abriss vorgesehenen stadtbildprägenden Produktionsgebäude vorlegen. Dieser befindet sich im Gremienlauf (Stand April 2024). Im Anschluss daran werden die weiteren in Bauleitplanverfahren erforderlichen Verfahrensschritte durchgeführt. Hierzu zählen auch die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit sowie die öffentliche Auslage.