Kolonial­geschichte

Landeshaupt­stadt setzt Beirat für ein de­kolo­nisie­rendes Er­in­ne­rungs­konzept ein

Hannover geht einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden dekolonisierenden Erinnerungskonzept. Die politischen Gremien der Landeshauptstadt Hannover werden über die Besetzung eines Beirates für diese Aufgabe entscheiden.

v.l.n.r.: Oberbürgermeister Belit Onay, Kultur- und Bildungswissenschaftlerin Brenda Davina, Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf 

Ende April dieses Jahres hatten die Ratsgremien beschlossen, dass ein Beirat eingerichtet werden soll, der die Verbindungen der Stadt Hannover zur Kolonialgeschichte und deren bis heute reichende Auswirkungen aufarbeitet, deren Zeichen in der Stadt hinterfragt und Handlungsempfehlungen benennt. Das ZeitZentrum Zivilcourage hat in den vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche geführt und eine Vorschlagsliste der künftigen Mitglieder des Beirates erarbeitet.

Beirat „Dekolonisierendes Erinnerungskonzept“

Der Beirat wird – vorbehaltlich des noch ausstehenden Beschlusses des Verwaltungsvorschlags – lokale und überregionale Expertise vereinen. Die künftigen Mitglieder haben Kompetenzen im Bereich der Geschichte des Kolonialismus und seiner Folgen, der Provenienzforschung sowie der dekolonisierenden Erinnerungskultur, aber auch in den Handlungsfeldern Rassismus, Empowerment und Teilhabe. Von zentraler Bedeutung ist die vorgesehene Einbindung von Menschen der Zivilgesellschaft, die sich intensiv für das Thema engagieren.

Gesellschaftliche Folgen des Kolonialismus

Neben historischen Fragestellungen und dem Umgang mit den Spuren des Kolonialismus im Stadtbild wird der Beirat auch die heute noch spürbaren gesellschaftlichen Folgen der Zeit des Kolonialismus thematisieren. Es gilt, das Bewusstsein dafür zu stärken, dass viele Lebensbereiche noch heute Bezüge zum Kolonialismus aufweisen. Der verbreitete Alltagsrassismus ist dafür ein zentraler Beleg. Aber auch weltweite Wirtschafts- und Handelsstrukturen, Schwerpunktsetzungen in Politik und Medien oder die unterschiedliche Betroffenheit der Weltregionen von den Folgen der Klimakatastrophe sind dafür Beispiele. Zentrale gegenwärtige politische Probleme sind nur dann umfassend zu verstehen und zu bearbeiten, wenn man die Geschichte des Kolonialismus und ihre nachhaltigen Folgen kennt.

Oberbürgermeister Belit Onay betrachtet die Einsetzung des Beirates als Meilenstein: „Ein dekolonisierendes Erinnerungskonzept ist nicht nur für die BPoC-Community in unserer Stadt bedeutend, es ist auch zentral für eine demokratische Gesellschaft, in der gleichberechtigte Teilhabe und Vielfalt hohe Bedeutung haben.“

Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf hebt die Bedeutung des nun begonnenen Prozesses hervor: „Eine plurale und diverse Stadt muss sich intensiv mit ihrem kolonialen Erbe beschäftigen, das bis heute prägend wirkt. Der Beirat wird uns in dieser Hinsicht wichtige Impulse geben.“

Koordinatorin „Koloniales Erbe“

Die Städtische Erinnerungskultur wird die Arbeit des Beirats begleiten und ab dem 1. Oktober 2023 Brenda Davina als wissenschaftliche Koordinatorin „Koloniales Erbe“ für die Bearbeitung dieses Themenfelds einsetzen. Die Kultur- und Bildungswissenschaftlerin Brenda Davina verfügt über langjährige und vielfältige Erfahrung in der Bildungsarbeit sowie der ehrenamtlichen Arbeit in den Vereinen Afrosources und Future of Ghana Germany.