Außerschulischer Lernort

Das ZeitZentrum Zivilcourage

Ansicht der Portraitwand im ZeitZentrum Zivilcourage

Ein Ort für Fragen an Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Menschen in Hannover. Wie können wir zusammen mutiger sein? Was hat das mit Geschichte und Demokratie zu tun?

Idee

Das ZeitZentrum Zivilcourage [Z] ist ein interaktiver Lernort zur hannoverschen Stadtgesellschaft im Nationalsozialismus und ein offener Diskussionsraum für Zivilcourage.

Der außerschulische Lernort ZeitZentrum Zivilcourage der Landeshauptstadt Hannover eröffnete am 12. März 2021 in zentraler Lage gegenüber dem Neuen Rathaus im Gebäudekomplex Rathauskontor und steht seither Schüler*innen als auch andere anderen Interessierten und Gruppen offen.

Das [Z] vermittelt die Geschichte der hannoverschen Stadtgesellschaft im Nationalsozialismus; thematisiert werden Verfolgung, aber auch Widerstand, Zuschauer- und Täterschaft. Unter den Leitfragen „Mitmachen oder Widerstehen“ und „Bleiben oder gehen?“ regt das [Z] Besucher*innen dazu an, sich kritisch mit den Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten der Menschen in der Vergangenheit auseinanderzusetzen und über ein demokratisches Zusammenleben in Gegenwart und Zukunft zu reflektieren.

 

Konzept: Lokal – Interaktiv – Biographisch

Die Portraitwand bildet das „Herzstück“ der Ausstellung im ZeitZentrum Zivilcourage

Wie haben sich Menschen im Nationalsozialismus entschieden? Wo waren die Grenzen?

Welche Orte waren für diese Menschen wichtig? Was ist dort passiert, wo wir heute leben?

Was verbindet die Geschichten der Menschen damals mit unserem Leben?

Wie prägt die Vergangenheit die Stadt Hannover bis heute?

Das  [Z] vermittelt die Geschichte des Nationalsozialismus am lokalen Beispiel der Stadt Hannover. Inhaltlich werden sowohl die Ursprünge der nationalsozialistischen Diktatur in Hannover als auch das Wirken rechtsextremer Organisationen und Personen bis in die Gegenwart einbezogen. Das Wissen über die NS-Zeit in Hannover zu vervollständigen und zu vermitteln ist eine Daueraufgabe der Städtischen Erinnerungskultur.

Das ZeitZentrum Zivilcourage verbindet die historische Darstellung mit interaktiven Vermittlungsangeboten. Mit den Mitteln des „erforschenden Lernens“ werden die Besucher*innen selbst zu Akteur*innen im [Z]. Durch die offene und vielschichtige Ausstellungsgestaltung und Workshop-Einheiten zu Demokratie und Zivilcourage werden die Besucher*innen dazu angeregt, sich ausgehend von ihren Fragen und Interessen die Inhalte selbst zu erschließen. 

Den Mittelpunkt der Ausstellung bildet der biographische Zugang. Die Biographien von insgesamt 46 Menschen in Hannover können in ihrem historischen Kontext im Spannungsfeld zwischen „MITMACHEN ODER WIDERSTEHEN“ erkundet werden. Mit dem Querschnitt der gesamten hannoverschen Stadtgesellschaft (von verfolgten Opfern, Widerstandskämpfer*innen bis hin zu den Mitgliedern der „Volksgemeinschaft“, Profiteuren und Täter*innen) wird die Komplexität des sozialen Geschehens eingefangen und ein multiperspektivischer und kontroverser Blick auf Geschichte und Erinnerung angeregt.

Konzept: Die Module

Die Chronik „Mein Erbe?“ im Erdgeschoss des ZeitZentrum Zivilcourage

Das ZeitZentrum Zivilcourage bietet vier Vermittlungsebenen. Im Zentrum steht:

Das Lernen an und mit Biografien

Davon ausgehend bietet der Lernort den Zugang über:

  • Die Chronologie der Ereignisse
  • Die Topographie der Stadt mit ihren historischen Spuren
  • Eine Gegenwartsorientierung.

 Diese vier Vermittlungsebenen finden sich in sechs Modulen auf über 600 qm wieder:

Modul "Menschen in Hannover": Startpunkt der 46 Lebensgeschichten.
Die Besucher*innen werden dazu eingeladen, die Geschichte des Nationalsozialismus in Hannover auf eine sehr persönlichen Weise zu erkunden.

Modul "Mein Erbe?": Geschichte und Nachwirkungen des Nationalsozialismus in Hannover
Das Modul vermittelt historisches Grundwissen durch eine Darstellung zentraler Ereignisse der hannoverschen Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945, einschließlich ihrer Bezüge zur Vor- und Nachgeschichte sowie der reichsweiten Geschichte.

Modul "Meine Nachbarn?": Das Leben in und außerhalb der „Volksgemeinschaft“
13 ausgewählte Lebensgeschichten werden in „Biografie-Kabinetten“ vertiefend dargestellt. Einzelthemen wie „Jugend“, "Volksgemeinschaft" und „Widerstand“ behandelt.

  • Modul "Meine Stadt?": Orte in Hannover und ihre Geschichte multimedial präsentiert
  • Modul "Meine Fragen?": Vertiefende Recherche analog und digital
  • Modul "Meine Welt?": Die Geschichte von Bex.  

Setzt auf die Verbindung von Geschichte und gegenwärtigen Lebenswirklichkeiten von jungen Menschen und behandelt das Thema „Rechtsextremismus“. Es kann nur in Rahmen von angemeldeten Gruppenangeboten besucht werden.

Konzept: Entstehung

Der wissenschaftliche Beirat berät Spezialthemen auch in Arbeitskreisen.

Das ZeitZentrum Zivilcourage [Z] ist im Auftrag des Rats der Landeshauptstadt Hannover entwickelt worden. Das Konzept für das [Z] wurde am 9. Juni 2017 im Kulturausschuss der Landeshauptstadt vorgestellt und einstimmig verabschiedet. Es wurde unter der Projektleitung von Dr. Karljosef Kreter von Historiker*innen der Städtischen Erinnerungskultur (Dr. Karljosef Kreter, Julia Berlit-Jackstien M.A., Dr. Edel Sheridan-Quantz und Dr. Florian Grumblies) entwickelt.

Seit Mai 2019 wird das Team der Städtischen Erinnerungskultur durch Dr. Wiebke Hiemesch und Marian Spode-Lebenheim M.A. komplettiert, die das pädagogische Konzept ausarbeiten und Angebote für Gruppen- und Einzelbesuche entwickeln.

Ein wissenschaftlicher Beirat aus Historiker*innen, Pädagog*innen und Gedenkstättenmitarbeiter*innen hat seit 2011 die Landeshauptstadt Hannover in der Herausformung eines erinnerungskulturellen Profils beraten und die Städtische Erinnerungskultur bei der konkreten Konzeptentwicklung umfassend unterstützt.

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats

  • Die Amtsinhaber*innen des Kulturdezernats
  • Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann, Leibniz-Universität Hannover, Sprecher des Beirats
  • Dr. Ulrich Baumann, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
  • PD Dr. Andreas Brämer, Institut für die Geschichte der deutschen Juden
  • Stefanie Burmeister, Gedenkstätte Ahlem der Region Hannover
  • Klaus Farin, Stiftung Respekt!
  • Dr. Karola Fings, El-De Haus Köln (Mitglied und Sprecherin bis 2016)
  • Friedrich Huneke, Leibniz Universität Hannover und St. Ursula-Schule
  • Bärbel Jogschies, Staatsschauspiel Hannover (bis 2019)
  • Dr. Horst Meyer, Netzwerk Erinnerung und Zukunft e.V. (bis 2020)
  • Ltd. MinRat a.D. Albrecht Pohle
  • Reinhard Schwitzer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Hannover i.R.
  • OStD Martin Thunich, Wilhelm-Raabe-Schule Hannover

Umsetzung

Wort-Bild-Marke des ZeitZentrum Zivilcouage

Das inhaltliche Konzept wurde von der Hamburger Firma GWF – Ausstellungen (Konzept und Gestaltung) in einen stimmigen Ausstellungsentwurf umgesetzt. Das erarbeitete Konzept konnte sich dabei in diesem spannenden dialogischen Prozess an manchen Stellen weiterentwickeln: Besonders das Modul „Meine Nachbarn?“ erhielt durch die Gestaltung der Inszenierung einen herausragenden Fokus. Zudem wurden die Weichen für das Mitdenken und Weiterdenken inklusiver Angebote im [Z] gestellt.

Die hannoversche Designagentur Identitätsstiftung entwickelte für das ZeitZentrum Zivilcourage im Auftrag der Landeshauptstadt Hannover ein eigenes Corporate Design, dass das Erscheinungsbild nach außen trägt. Das [Z] erhält mit der individuellen Wort-Bild-Marke, der eigenen Farb- und Bildwelt und der eigens entwickelten Typographie „Courage“ eine visuelle Identität, die es als eigene Marke in der hannoverschen Kultur- und Bildungslandschaft erkennbar macht.

Teilhabe und Zusammenarbeit

Workshop mit FSJler*innen der Türkischen Gemeinde Niedersachsen im Januar 2020

Das ZeitZentrum Zivilcourage ist Teil der Stadtgesellschaft. Er soll allen Menschen offenstehen – nicht nur für einen Besuch, sondern für einen produktiven Austausch. Das ZeitZentrum Zivilcourage ist als wachsendes System konzipiert, das sich an zukünftigen Anforderungen orientiert. Besonders wichtig ist daher auch die Zusammenarbeit mit anderen Bildungsinstitutionen wie der Leibniz Universität Hannover, dem Stadtarchiv und dem Historischen Museum Hannover sowie vor allem mit der Gedenkstätte Ahlem, aber auch mit den vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die lokal verortet wichtige Gedenk- und Vermittlungsarbeit leisten. Viele von ihnen sind im Netzwerk Erinnerung und Zukunft e.V. organisiert, mit dem eine enge Kooperation besteht.

Die Teilnehmer*nnen des Beteiligungsprojekts „Dein Zimmer. Dein Leben?“, 2018

Der zukünftige Lernort richtet sich in großen Bereichen auch an Schul- bzw. Jugendgruppen. Daher werden von Beginn an Jugendliche in die konkrete Umsetzungsphase durch Beteiligungsprozesse eingebunden. So hat eine Gruppe von jungen Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur oder Politik absolvieren, das Jugendzimmer für das Modul „Meine Welt?“ entwickelt. Die Beteiligung von FSJlern in Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung e.V. wird fortgeführt. Zudem fand über mehrere Semester ein Kooperationsseminar mit dem Historischen Seminar der Leibniz Universität Hannover statt. Hierbei wurden die jungen Studierenden unter anderem in einem Beteiligungsprojekt zur Namensfindung des außerschulischen Lernorts eingebunden.

Zukünftig wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Kooperation mit jungen (Bildungs-) Einrichtungen in der Stadt Hannover liegen.

Dokumente