Im September 1941 ordnete der NSDAP-Gauleiter Hartmann Lauterbacher den Umzug aller hannoverschen Jüdinnen und Juden in 16 "Judenhäuser" an. Eine der Sammelwohnungen wurde ausgerechnet in einem Schulgebäude der Israelitischen Gartenbauschule eingerichtet. Die heute 81-jährige Ruth Gröne war acht Jahre alt, als sie mit ihren Eltern (ihr Vater war jüdischen Glaubens) in das Judenhaus nach Ahlem ziehen musste. Drangsalierungen und sadistische Quälerei durch Gestapobeamte mitzuerleben, gehörte von nun an zu ihrem Alltag. Von einem Toilettenfenster aus beobachtete sie die Ermordung von Zwangsarbeitern in der Laubhütte. Ihren Vater Erich sah sie irgendwann nur noch durch die Gitterstäbe des Gestapo-Gefängnisses. Weil er ein paar Körner vom Hof aufgefegt hatte, war Erich Kleeberg dort eingesperrt worden. Kurz vor Kriegsende wurde er im Lager Sandbostel ermordet. Ihre Großeltern wurden von Ahlem aus in das KZ in Riga deportiert, wo sie ebenfalls getötet wurden. Die Geschichte ihres Vaters können Besucherinnen und Besucher in der Gedenkstätte wiederfinden.
Heute ist Ruth Gröne eine der aktivsten Zeitzeuginnen in Hannover. Aus Ahlem ist sie nie weggezogen. "Ich bin doch die Einzige, die hier alles miterlebt hat", erklärt sie ihre tiefe Bindung an den Ort. Das Gedenken an die Opfer der Judenverfolgung am Leben zu halten, empfindet sie als ihre Lebensaufgabe. Ihr Lebenswerk ist das 1994 errichtete Mahnmal für das Konzentrationslager Ahlem bei Velber, für dessen Errichtung sie sich über zehn Jahre einsetzte. 2013 wurde sie für ihre Gedenkstättenarbeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In der damaligen Dankesrede wünschte sie sich, die Einweihung der neuen Gedenkstätte zu erleben. Ruth Grönes Erinnerungen "Spuren meines Vaters" sind in der Schriftenreihe der Gedenkstätte Ahlem als 5. Band erschienen.
(Text von Mario Moers)