Was ist eine Bruchmeister*in, woher kommt die Lüttje Lage und wann ist auf dem größten Schützenfest der Welt eigentlich am meisten los? Hier finden Sie Hintergrundwissen, mit dem Sie an jedem Tresen mitreden können.
Ballerkalle
Seit den Siebzigerjahren ist der "Ballerkalle" das Maskottchen des weltgrößten Schützenfestes. Im Jahre 1975 machte man sich Gedanken über eine Art Maskottchen für das Fest. Zahlreiche Vorschläge von Künstlern und Grafikern wurden eingereicht. Die Wahl fiel auf die kleine Zielscheibe mit Beinen und Schützenhut des Grafikers Klaus Kutzner. Für den Namen Ballerkalle entschieden sich die Hannoveraner*innen in einer Leserumfrage. Seit 2017 hat er außerdem eine kleine Schwester (siehe "Ballerina").
Ballerina
Im Rahmen der Neuausrichtung des hannoverschen Schützenfestes wurde 2017 "Ballerina", die kleine Schwester von Ballerkalle, vorgestellt. Die pinke Zielscheibe steht für "Volksfest pur" – lebensfroh, witzig, familientauglich, jung und spritzig, süß wie Zuckerwatte und stark wie Pippi Langstrumpf. Ballerkalle und sie sind die Werbefiguren des Schützenfestes und bei zahlreichen Aktionen und Terminen rund ums Fest anzutreffen.
Bruchmeister*innen
Bereits seit dem Jahre 1303 sind die "Magistris discipline" (Ordnungsherren) in den Schriften der Stadt Hannover zu finden. Als städtische Beamte waren sie seit jeher für die Aufrechterhaltung der Ordnung bei Festlichkeiten verantwortlich. Im Kontext des Schützenfestes wurden die Bruchmeister erstmals im Jahr 1710 erwähnt (wie eine im Jahr 2024 veröffentlichte Untersuchungen ergab). Ganz genau festgeschrieben ist indes, welche Eigenschaften ein Hannoveraner erfüllen muss, um Bruchmeister zu werden: "Ledig, unbescholten, von gutem Leumund und Charakter" muss er sein und außerdem einem der hannoverschen Schützenvereine angehören. Keiner der Bruchmeister darf über 35 Jahre alt sein. Mit dem Ehrenamt des Bruchmeisters sind heute zahlreiche repräsentative Aufgaben verbunden. Mehr Infos zu den Bruchmeistern. 2022 öffnete Hannover das Bruchmeisteramt für Kandidat*innen aller Geschlechter. 2023 gab es erstmals zwei Bruchmeisterinnen, 2024 eine.
Das erste Schützenfest Hannover
Die erste Ausgabe des größten Schützenfestes der Welt wurde 1529 von Herzog Erich I. ins Leben gerufen.
Fassanstich
Das Schützenfest wird durch den Fassanstich durch Hannovers Oberbürgermeister eröffnet. Dieser offizielle Akt fand bis 2019 in der Festhalle Marris, 2022 in der Bayern-Festhalle und 2023 erstmals am Rundteil der Neuen Presse statt. 2024 fand die Eröffnung am "Bä(h)renstarkes Rundteil" statt.
Festessen
Für die meisten Schütz*innen bildet der fünfte Tag das Highlight des gesamten Festes – beim Festessen (bis 2022 im Hauptfestzelt) werden die Stadtkönig*innen geehrt, im Anschluss gibt die Schützenstiftung ihre Ehrenzeichen aus. 2023 fand das Festessen erstmals am Mittwoch und im Alt Hanovera statt. So auch in 2024.
Gaypeople-Zelt
Als einziges Volksfest in ganz Deutschland besitzt das Schützenfest ein eigenes Gaypeople-Zelt, das von hetero- und homosexuellen Gästen gleichermaßen stark frequentiert wird.
Handwerker*innen
Man liest es, man hört es und fragt sich am Ende dennoch: Was ist das denn für ein Handwerker*innenabend? Die Lösung ist simpel: Handwerk hat auf dem Schützenfest und in der hannoverschen Stadtentwicklung generell seit jeher Tradition. Ohne Brauer*innen, Tischler*innen, Zimmermänner und Zimmerinnen sowie all die anderen Handwerke würde es gar nichts geben. Am allerwenigsten das Bier, das bei allen Volksfesten dazugehört. Die Kreishandwerkerschaft Hannover erinnert daran und lädt jährlich alle Handwerker*innen zur Feierstunde auf den Festplatz. Und weil Handwerker*innen gesellige und überall gern gesehene Menschen sind, kommen mit ihnen zahlreiche Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Verwaltung und Wirtschaft, um gemeinsam auf das Handwerk anzustoßen.
Holzpapagei
2013 präsentierte das Team des Hannoverschen Schützenfestes einen neuen Holzvogel für das Papagoyenschießen. Damit wird an eine alte Tradition (siehe "Ursprung") angeknüpft, die ins 14. Jahrhundert zurückreicht.
Kleiderordnung
Während die Schütz*innen viele Jahre in ziviler Kleidung antraten, entstand im Jahr 1837 eine neue Schützenordnung, die es ihnen gestattete, auch in gleichmäßig gekleideten Gruppen aufzutreten. Deshalb gilt dieses Jahr zeitgleich als Geburtsstunde der Schützenvereine, weil sich so verschiedene Vereinigungen von Schütz*innen aus gleichen Stadtteilen bildeten.
Lüttje Lage
Kein Schützenfest ohne Lüttje Lage. Das Kultgetränk besteht aus Bier und Korn, die in separaten Gläsern gereicht werden. Die Kunst ist es, den Korn aus dem pyramidenförmigen Glas beim Trinken in das darunter liegende Glas mit Bier fließen zu lassen, während man dieses trinkt. Da dieser "Akt" bei Ungeübten häufig daneben geht, liegen an einigen Ständen kleine Schürzen oder Lätzchen bereit. Der Ursprung der Lüttje Lage geht ins 16. Jahrhundert zurück. Damals braute der Stöckener Cord Broyhan erstmals das obergärige Broyhan-Bier, das bald darauf mit Branntwein getrunken wurde. Heute ebenfalls gängig: Fanta oder sogar Energy Lage.
Schützenausmarsch
Traditionell am ersten Sonntag des Festes ziehen die Schütz*innen auf einer rund 3,5 Kilometer langen Strecke durch die Innenstadt zum Festplatz. Der Festzug hat eine Länge von stolzen zehn Kilometern. Mehr als 12.000 Teilnehmer*innen sind dabei, rund 5.000 Schützinnen und Schützen sowie Musiktreibende nehmen teil. Über 50 Festwagen und rund 100 Kapellen und Spielmannszüge aus ganz Deutschland (und teils aus dem Ausland) vervollständigen das beeindruckende Bild, das jährlich von mehreren Hunderttausenden von Menschen verfolgt wird. Der NDR überträgt das Spektakel jedes Jahr live im Fernsehen.
Schützensenator*in
Über 70 Jahre lang gab es auf dem hannoverschen Schützenfest keine*n Schützensenator*in mehr – 2016 wurde dieses ehrwürdige Amt jedoch wieder besetzt. Der Niedersächsische Ministerpräsident und Schützenfest-Freund Stephan Weil wurde am 1. Juli zum Schützensenator ernannt und steht in dieser Funktion ein Jahr lang repräsentativ für das Fest. Dass das Amt durch eine*n Politiker*in bekleidet wird, ist übrigens überaus passend. Schon im 15. Jahrhundert wurde die Bezeichnung "Senator" im hannoverschen Raum für städtische Politiker verwendet. Hunderte Jahre später fiel die Rolle des Schützensenators stets Politikern zu, die sich als solches auch für die Belange der Schützinnen und Schützen eingesetzt haben. Als erster Schützensenator des 21. Jahrhunderts erhielt Stephan Weil eine eigens angefertigte Kette, die er ein Jahr lang trug und bei der Eröffnung des Schützenfestes 2017, nach einer angemessenen Laudatio, an seinen Nachfolger, Dr. Eckhard Scholz (Vorsitzender des Markenvorstands Volkswagen Nutzfahrzeuge) überreichte. Auf ihn folgte 2018 Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann von der Hochschule für Musik, Theater und Medien als erste Schützensenatorin. 2022 übernahm der ehemalige Polizeipräsident Volker Kluwe das Amt und übergab dieses 2023 an Staatssekretärin Sabine Tegtmeyer-Dette. 2024 übernahm Regionspräsident Steffen Krach das Amt.
Sperrstunde
Im Gegensatz zum Münchner Oktoberfest gibt es auf dem Schützenfest Hannover keine Sperrstunde. Der Betrieb auf dem Festplatz startet täglich um 15 Uhr, am Wochenende auch eher, und endet irgendwann in den Morgenstunden. Davon ausgenommen sind lediglich die Fahrgeschäfte, die (je nach Besucher*innenaufkommen) gegen Mitternacht schließen. Der letzte Tag beginnt um 11 Uhr und endet um 24 Uhr.
Standarte
Der Brauch mit den Standarten stammt aus dem Mittelalter. Damals war Hannover in vier Stadtbezirke unterteilt, die durch vier große Straßen "repräsentiert" wurden: Köbelingerstraße, Leinstraße, Marktstraße und Osterstraße. Jeder dieser Straßen war ein Bruchmeister zugeordnet, die zur besseren Unterscheidung mit einer Fahne ausgestattet wurden. Ihr Ziel war es, die Bürger*innen bei Bränden oder Unruhen wegzuführen. Die Fahne half bei der Orientierung. Die Originale wurden während des Zweites Weltkriegs zerstört. Heute gibt es die Farben Weiß, Rot, Gelb und Grün.
Ursprung
Die erste urkundliche Erwähnung des hannoverschen Schützenwesens geht zurück ins Jahr 1468. Damals hatte sich Herzog Wilhelm der Ältere, in einem Brief an den Rat über die wehrsportlichen Übungen der Hannoveraner*innen beschwert. Ihm war zu Ohren gekommen, dass die Hannoveraner*innen nach einem auf einer Stange befestigten bunten Holzpapageien schossen, wenn sie mit ihrem Landesherren in Fehde lagen. Das geschah damals noch mit Armbrüsten. Als rund 60 Jahre später die Erlaubnis zu einem jährlichen Fest der Schütz*innen erteilt wurde, hatten auch die Hannoveraner*innen bereits auf Feuerwaffen umgerüstet. Aus den sportlichen Wettkämpfen in Friedenszeiten ergab es sich sehr bald, dass die besten Schützen*innen mit Preisen und Auszeichnungen geehrt wurden.
Weltgrößtes Schützenfest
Das Schützenfest Hannover ist das größte Schützenfest der Welt. Bisher konnte kein anderes Schützenfest die Zahl der Großfahrgeschäfte, Festzelte und Eventbereiche oder die Veranstaltungsfläche an sich überbieten.
Zapfenstreich
Nach zehn Tagen endet das Schützenfest mit dem Zapfenstreich, der an der Marktkirche stattfindet. 2014 wurde der Zapfenstreich einmalig an die HDI-Arena verlegt.