Der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover hat, in Kooperation mit den beteiligten Projektpartner*innen - der Seedhouse Accelerator GmbH aus Osnabrück, Bonk Pflanzen Handels GmbH aus Bad Zwischenahn, Agvolution GmbH aus Göttingen und der mm-it4you/ IT-Beratung aus Bad Zwischenahn - die Bewilligung von Fördergeldern im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP Agri) „Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“ erhalten. Im Rahmen der EIP Agri werden grundsätzlich Innovationsprojekte gefördert, die einen Beitrag für eine wettbewerbsfähige, nachhaltig wirtschaftende und tiergerechte Agrar- und Ernährungswirtschaft leisten. Hannover und die Projektpartner*innen aus Osnabrück, Bad Zwischenahn und Göttingen hatten einen Antrag zur finanziellen Förderung des Projektes NuTree gestellt.
Am 14. März wurden für die Realisierung dieses Projektes aktuell Fördergelder in Höhe von rd. 495.000 Euro als Vollfinanzierung (100%) freigegeben. Davon erhält der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün für den hier zu realisierenden Projektanteil einen Förderbetrag von rd. 90.000 Euro.
Das Projekt in den niedersächsischen Kommunen
In dem niedersächsischen Gemeinschaftsprojekt mit einer Laufzeit von knapp drei Jahren (von März 2022 bis Dezember 2024) liegt der Fokus auf einer Sensor- und plattformgestützte Optimierung der Ressourcen-Effizienz für die Aufzucht, den Versatz (Standortwechsel) und den Erhalt unterschiedlicher Baumkulturen. Ziel ist die Sicherstellung von markt- und wettbewerbsfähigen Produkten / Kulturen entlang der „Wertschöpfungskette Baum“.
Um zu datenbasierten Entscheidungsgrundlagen zu kommen, werden im Rahmen des Projektes folgende Fragen bearbeitet: 1. Durch welche IT-gestützten Verfahren und Methoden kann die Aufzucht und Pflege von Bäumen in Baumschulen und öffentlicher und privater Grünanlagenbetreiber*innen langfristig, nachhaltig, effizient und wirtschaftlich gestaltet werden? Das Projekt fokussiert sich dabei auf den Wasserhaushalt als Grundlage für die Nährstoff-Bilanz der Bäume. 2. Wie sind die unter (1) optimierten Verfahren auf die Phasen der Wertschöpfungskette anzuwenden, um einen lückenlosen Nachweis des Gesundheitszustandes der Bäume zu gewährleisten?
Um diese Fragen zu beantworten, sollen im Rahmen des Projektes verschiedene Bäume in der Baumschule Bonk sowie in der städtischen Baumschule während ihres Transportes und am finalen Pflanzort mit einer Baumsensorik ausgestattet werden. Durch die Sensoren soll die kontinuierliche Nährstoffversorgung über die Wasserverfügbarkeit gemessen und sichergestellt werden.
Ziel ist es, entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also Aufzucht, Transport und Pflanzung des Baumes, einen für die Bäume stressfreien Ablauf zu erarbeiten, um damit die langfristige Widerstandsfähigkeit der Bäume sowie ihre zuverlässigen Anwuchserfolge zu gewährleisten. Die in dieser Kooperation zusammengeführten Expertisen der Projektteilnehmer*innen - von der Produktion über Soft- und Hardwareentwicklung bis hin zum Endverbraucher - ermöglichen einen ganzheitlichen Lösungsansatz. Die Landeshauptstadt nimmt dabei, aufgrund der vorhandenen städtischen Baumschule, eine Doppelrolle als Produzentin und Endverbraucherin ein. Die mit dem Projekt erlangten Erkenntnisse und Lösungsansätze werden für den langfristigen Umgang und den Erhalt von Bäumen für die Landeshauptstadt Hannover im Rahmen der Klimaanpassung eine wichtige Rolle spielen.
Hintergrund Klimawandel
Der Klimawandel mit seinen Hitzeperioden verändert weltweit auf rasante Art und Weise auch die Pflanzenproduktionssysteme. Baumschulen, Gärtnereien, private und öffentliche Grünanlagenbetreiber*innen müssen sich auf diese zunehmenden klimatischen Risiken einstellen. Klimaextreme und zusätzlicher Pflanzenstress führen zu erhöhten Bewirtschaftungskosten: So haben die zurückliegenden Trockenjahre auch in Hannover zu einer Verknappung des Bodenwasservorrats geführt. Deshalb mussten sogar gesunde Bäume mit einem ausgeprägten Wurzelwerk intensiv und kostspielig bewässert werden. Allein für die Stadt Hannover sind seit 2018 die Bewässerungskosten von 50.000 Euro auf über 220.000 Euro im Jahr gestiegen. Diese Explosion der Bewässerungskosten und der gestiegene Wasserverbrauch sind schon jetzt eine große finanzielle Belastung für Baumschulen und für öffentliche und private Grünanlagenbetreiber*innen.
Entlang des Lebenszyklus eines Baumes sind die Grünanlagenbetreiber*innen, wie der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover, lediglich die „Endnutzer*innen“ der vorher bereits kultivierten Pflanzen. Aber auch die Produktion der Bäume und ihre Veredelung werden durch die Klimaveränderung beeinflusst. Aus den klimatischen Herausforderungen leitet sich für viele Baumschulen ein erhöhter Arbeits- und Finanzeinsatz ab, um die Baumkulturen zu erhalten und aufzuziehen. Trotz des erhöhten Aufwandes und der Kosten, wie etwa bei der Bewässerung, basieren grundlegende Entscheidungen der Pflege auf der Erfahrung und dem „Bauchgefühl“ des Bewirtschaftenden. Dieses soll nun mit den im Projektzeitraum erhobenen und ausgewerteten Daten verlässlich dokumentiert und für die Zukunft umgesetzt werden.