Armut hat viele Gesichter, unterschiedliche Ursachen und vielfältige Folgen – die Region Hannover hat jetzt erstmals einen umfassenden Bericht zum Thema Armut vorgelegt, der das Ausmaß von Armutsbetroffenheit und -gefährdung in der Region Hannover zeigt.
Demnach wären 304.000 Menschen – 25,4 Prozent – in der Region Hannover armutsgefährdet, wenn sie keine Sozialleistungen bekämen. Rund 19 Prozent, 228.000 Menschen, gelten auch mit angerechneten Sozialleistungen noch als armutsgefährdet. Als Armutsgefährdungsschwelle gilt bundesweit ein Nettoeinkommen von 1.189 Euro pro Ein-Personen-Haushalt (Stand Jahresende 2022). Die Bundes-Armutsschwelle liegt bei 991 Euro.
„Armut ist keine Privatsache, sie geht uns alle an – Armut führt zu Ungleichheit, ist damit Nährboden für gesellschaftliche Unzufriedenheit, Spaltung und Entfremdung. Der Bericht macht ganz klar deutlich, wie wichtig die Themen Armut und Armutsrisiko in der Region sind. Rund 228.000 armutsgefährdete Einwohner*innen leben in der Region. Und hinter jeder Zahl steht ein eigenes, ganz persönliches Schicksal, in den meisten Fällen sind auch die Angehörigen mitbetroffen. Zu den zentralen Zielen der Region zählt es, Armut zu bekämpfen, gleiche Lebenschancen zu fördern und allen Menschen die Hilfen und Unterstützungen anzubieten, die dafür notwendig sind!“, so Dr. Andrea Hanke, Dezernentin für Soziales, Teilhabe, Familie und Jugend der Region Hannover.
Die Mindestsicherung fasst die staatlichen Grundsicherungsleistungen zur Sicherung des Existenzminimums zusammen: Arbeitslosengeld II, Bürgergeld (seit 2023), Grundsicherung im Alter oder Regelleistungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz (AsylbLG). Insgesamt hatten rund 145.000 Menschen Anspruch auf Mindestsicherungsleistungen, was 12,1 Prozent der Gesamtbevölkerung der Region Hannover entspricht. Damit benötigte nahezu jede*r achte Einwohner*in der Region Hannover finanzielle Unterstützung des Staates zur Absicherung des Existenzminimums.
Das Armutsrisiko ist besonders hoch bei Erwerbslosigkeit (49,7 Prozent), bei alleinerziehenden Elternteilen (44,8 Prozent) sowie bei Menschen mit Migrationshintergrund (41,8 Prozent). Auch in den Altersgruppen verteilt sich das Armutsrisiko sehr unterschiedlich: Sind 18- bis unter 24-Jährige mit 25,6 Prozent besonders betroffen, ist das Armutsrisiko bei 50- bis 64-Jährigen mit 13,5 Prozent knapp halb so hoch.
Der rund 100-seitige Bericht „Armut im Fokus“ gibt einen Überblick über die Entwicklungen der Armutsgefährdungen in der Region, vergleicht diese mit Bundestrends, erklärt allgemeine Grundlagen wie gesetzliche Grundlagen, Messbarkeit von Armut oder staatliche Leistungen zur Vermeidung von Armut. Ein Kapitel widmet sich ausgewählten Maßnahmen und Angeboten zur Bekämpfung und Prävention von Armut, die es in der Region Hannover gibt. Dazu gehören zum Beispiel die Clearingstelle, die Menschen ohne Krankenversicherungsschutz auffängt und unterstützt. Oder die Kampagne zur Grundsicherung im Alter, die Senior*innen über ihre Leistungsansprüche informiert, da diese Mindestsicherung noch längst nicht alle Berechtigten erreicht. Das Kita-Konzept der Region setzt früh und gezielt in besonders belasteten Einrichtungen für Kleinkinder an: Hier sind regelmäßig Fachkräfte vor Ort, die niedrigschwellig Ansprechpartner*innen für alle Fragen rund um Gesundheit, Förderung und Chancengleichheit sind. „Die Region hat schon eine Vielzahl an Anlaufstellen und Angeboten, um zu unterstützen. Es geht hier vor allem um Aufklärungsarbeit und um wirklich niedrigschwellige Zugänge und Erreichbarkeiten für alle Menschen in der Region, die von Armut betroffen sind. Nur so kann es gelingen, gemeinsam sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken“, betont Hanke.
Der gesamte Bericht „Armut im Fokus“ steht zum Download bereit: