Auf einem Granitblock am südlichen Rande des Zooviertels sitzt seit 2007 eine kleine Kinderfigur mit einem großen Ohr in ihren Händen. Es ist die Bronze-Skulptur der Momo – dem barfüßigen Mädchen aus dem gleichnamigen Roman von Michael Ende, das zuhören konnte wie niemand sonst.
Momo macht Mut
Der Platz, an dem Momo so geduldig sitzt und auf Gesellschaft wartet, heißt Michael-Ende-Platz und wurde auf Initiative der "Freunde der Stadtparkallee e.V." angelegt – ein Verein, der sich seit vielen Jahren für die städtebauliche Aufwertung des Zooviertels einsetzt. Die Bronze-Skulptur ist eine Arbeit der seit 1972 in Hannover ansässigen Bildhauerin Ulrike Enders, die unter anderen auch die beiden lebensgroßen Bronzefiguren "Leute im Regen" (1983) am Kröpke und den "Lindener Butjer" (Bronzefigur auf einem roten Stahlgestell; 1990) vor der Volksbank in Hannover-Linden geschaffen hat.
Die kleine Momo auf ihrem Granitquader sowie kleinere Steinblöcke und eine Sitzbank laden zum Verweilen, Nachdenken und Erzählen ein. "Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war Zuhören", schreibt Michael Ende (1929-1995) in seinem 1973 erschienenen Buch über ein kleines Mädchen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. "Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. [...] Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. [...] Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden."
Warum sich nicht mal wieder etwas Zeit nehmen?
Das weltweit über sieben Millionen Mal verkaufte Buch von Michael Ende (noch erfolgreicher war sein Roman "Die unendliche Geschichte" von 1979) trägt ja den Untertitel "Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte" – und um die Zeit, und was sie mit uns macht, dreht sich auch alles am Momo-Denkmal auf dem Michael-Ende-Platz im Zooviertel von Hannover.
Wer sich etwas Zeit nimmt, der kann in aller Ruhe seine Sorgen und Nöte in das große Ohr flüstern, das die Momo-Figur mit beiden Händen sanft gegen ihre Brust drückt, und dann frohen Mutes wieder weiter gehen im Leben. Denn in der wunderbaren Geschichte von Michael Ende schafft es Momo schließlich, nur mit einer Stundenblume und einer Schildkröte unter dem Arm, die gestohlene Zeit aller Menschen zu befreien und sie ihnen zurückzugeben: "Und in der großen Stadt sah man, was man seit langem nicht mehr gesehen hatte: Kinder spielten mitten auf der Straße, und die Autofahrer, die warten mussten, guckten lächelnd zu, und manche stiegen aus und spielten einfach mit. Überall standen Leute, plauderten freundlich miteinander und erkundigten sich ausführlich nach dem gegenseitigen Wohlergehen. Wer zur Arbeit ging, hatte Zeit, die Blumen in einem Fenster zu bewundern oder einen Vogel zu füttern. […] Die Arbeiter konnten ruhig und mit Liebe zur Sache arbeiten, denn es kam nicht mehr darauf an, möglichst viel in möglichst kurzer Zeit fertig zu bringen. Jeder konnte sich zu allem so viel Zeit nehmen, wie er brauchte und haben wollte, denn von nun an war ja wieder genug davon da."