Wissenschaftler der Tierärztlichen Hochschule haben in der Immunabwehr von Pferden einen neuen Ansatz für die Hepatitis C-Forschung entdeckt.
Pferde sind nach einer überstandenen Infektion mit dem Nicht-primaten Hepacivirus (NPHV) vor einer erneuten Infektion geschützt. Dies fand ein Team von Wissenschaftlern aus der Klinik für Pferde, dem Institut für Virologie und dem Institut für Pathologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) gemeinsam mit dem TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, heraus. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie jetzt im renommierten Fachmagazin PNAS (www.pnas.org/content/early/2017/03/07/1619380114).
Verwandte des Hepatitis C-Virus
Das Nicht-primate Hepacivirus ist der engste bislang bekannte Verwandte des Hepatitis C-Virus – einem Hepacivirus, das beim Menschen Leberentzündungen auslösen kann, die in 70 bis 90 Prozent der Fälle Langzeitschäden wie Leberzirrhose oder Lebertumoren verursachen. Schätzungen zufolge leiden weltweit etwa 130 Millionen Menschen an einer chronischen Infektion mit dem Hepatitis C-Virus. Einen Impfstoff, der verhindert, dass sich Menschen mit dem Erreger anstecken, gibt es bislang nicht. Hepaciviren sind sehr stark an ihren Wirt angepasst. Versuchstiere wie Mäuse und Ratten lassen sich nicht mit Hepatitis C-Viren infizieren. Somit kann in Tierversuchen nicht getestet werden, ob ein möglicher Impfstoff wirksam ist, oder nicht – eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eines Impfstoffes.
Untersuchung von verschiedenen Hepaciviren
Um Rückschlüsse auf mögliche Abwehrmechanismen gegen das Hepatitis C-Virus zu ziehen, untersuchen Forscher andere Hepaciviren, wie NPHV. Für die aktuelle Studie überwachte das Forscherteam die Abwehrreaktion von drei Pferden nach einer NPHV-Infektion. Ander als bei Menschen, die meist dauerhaft mit dem Hepatitis C-Virus infiziert bleibt, konnten die Wissenschaftler der TiHo spätestens acht Wochen nach der Infektion kein NPHV mehr im Blut der Pferde nachweisen. Da sie keine starke allgemeine Immunreaktion beobachten konnten, vermuten die Wissenschaftler, dass die Abwehrreaktion des Immunsystems hauptsächlich in der Leber stattgefunden hat.
Immunisierung bei Pferden
Mit diesem Wissen gingen die Wissenschaftler eine Frage weiter: Schützt die abgewehrte Infektion vor einer erneuten Infektion mit NPHV? "Wir haben die Pferde dafür fünf Monate, nachdem sie die Infektionen abgewehrt hatten, erneut mit dem selben Virusstamm infiziert", erklärt Dr. Jessika Cavalleri aus der Klinik für Pferde der TiHo. „Die Pferde waren durch ihre vorherige Infektion geschützt. Die Erstinfektion wirkt also offenbar wie eine Impfung.“ Und auch gegen eine andere Variante des Virus waren die Pferde immun, wie weitere Infektionen einige Monate später zeigen konnten. Kurz: Das Immunsystem der Pferde konnte nach einer überstandenen Infektion verhindern, dass sich das Virus erneut im Körper vermehrt und dabei Schäden verursacht.
Untersuchung von Lebergewebeproben
Dass das NPH-Virus wie sein Verwandter bei den Menschen Leberveränderungen auslöst, konnte bereits mehrfach gezeigt werden. Zusätzlich untersuchten die Forscher für diese Studie eine Lebergewebeprobe mit einem Elektronenmikroskop und konnten Ansammlungen kleiner Vesikel in den Leberzellen darstellen. Ähnliche Veränderungen ruft auch das Hepatitis C-Virus während seiner Vermehrung hervor. "Die Vesikel in der Lebergewebeprobe des Pferdes könnten ein Hinweis dafür sein, dass die beiden Viren sich auf ähnliche Art und Weise vermehren", sagt Professor Dr. Eike Steinmann vom TWINCORE.
Neue Strategien gegen das Hepatitis C-Virus
Die Ergebnisse dieser Studie sind der erste Beweis dafür, dass sich Pferde auf natürliche Weise vor einer erneuten NPHV-Infektion schützen können. Sie zeigt, dass verschiedene Abwehrmechanismen eine Rolle spielen und liefert Ansatzpunkte für detailliertere Untersuchungen. Anhand der Veränderungen in der Leber konnten die Wissenschaftler zudem weitere Parallelen zum Hepatitis C-Virus und seinem biologischen Verhalten ziehen. All diese Erkenntnisse könnten helfen neue Strategien zu entwickeln, um einer Infektion mit dem Hepatitis C-Virus vorzubeugen.