Das Wärmeplanungsgesetz des Bundes (WPG) verpflichtet große Kommunen in Verbindung mit dem Niedersächsischen Klimagesetz (NKlimaG) zur Erstellung einer Wärmeplanung bis spätestens 30. Juni 2026. In Kooperation mit dem Energiedienstleister enercity hat die Verwaltung umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt und daraus mögliche Wärmeversorgungsgebiete abgeleitet. Diese sind nun als digitale Karten auf der Internetseite der Stadt veröffentlicht. „Die Wärmeplanung ist ein wichtiges strategisches Planungsinstrument, das zeigt, wie die Umstellung auf klimafreundliche Wärmeversorgungssysteme gelingen kann und welches Heizungssystem in welchem Bereich am besten geeignet ist. Wir haben die Planung so schnell erarbeitet und vorgelegt, um eine frühzeitige Orientierungshilfe zu bieten“, betont Oberbürgermeister Belit Onay und ordnet ein: „Damit machen wir auf dem Weg zur Wärmewende einen weiteren wichtigen Schritt.“
Hannover hat ausreichend erneuerbare und Abwärm-Potenziale zur Verfügung
Hannover hat den Berechnungen von Stadt und enercity zufolge ausreichend erneuerbare und Abwärme-Potenziale zur Verfügung, um den prognostizierten Wärmebedarf in Höhe von 3.200 Gigawattstunden im Jahr 2045 abzudecken. Dem Zielszenario zur Wärmeversorgung liegen gebietsbezogene Analysen der sogenannten Wärmegestehungskosten für eine Vielzahl möglicher Heizsystem-Varianten zugrunde. Die Wärmegestehungskosten sind die auf den Wärmebedarf bezogenen Gesamtkosten für die Erzeugung unter Berücksichtigung der Investitions-, Betriebs- und Instandhaltungskosten. Je niedriger diese vollständigen Wärmekosten sind, umso günstiger lässt sich eine Kilowattstunde Wärme mit dem jeweiligen Heizsystem erzeugen. Für die Definition der Wärmeversorgungsgebiete war das jeweils vorherrschende günstigste Heizsystem ausschlaggebend, das vor Ort verfügbar ist. Weitere wichtige Faktoren waren auch die Nähe zum Fernwärmenetz oder die Dichte der Bebauung. Für das Jahr 2045 verdoppelt sich der prognostizierte Anteil der Fernwärme am Wärmebedarf auf 56 Prozent, dezentrale Wärmepumpen erreichen 34 Prozent, während Nahwärmenetze zukünftig etwa 9 Prozent des Wärmebedarfs abdecken könnten.
„Hannover wird auch dank der Expertise von enercity zum Leuchtturm in der Wärmeplanung, was bundesweit starke Beachtung findet. Mit dem Ausbau der klimaneutralen Fernwärme, dem Aufbau von Wärmenetzen und der Installation von Wärmepumpen realisieren wir gemeinsam mit und für unsere Kundinnen und Kunden die Wärmewende“, sagt enercity-Vorstand Prof. Dr. Marc Hansmann.
Weitere Gebiete eignen sich zur Erweiterung
Eine wichtige Erkenntnis der Voruntersuchung ist, dass sich in Hannovers Nordstadt und Südstadt weitere Gebiete zur Fernwärmeversorgung und Erweiterung des bestehenden Satzungsgebietes eignen. Für Prüfgebiete für Nahwärme werden Machbarkeitsstudien zum Ausbau und zur Dekarbonisierung bestehender Nahwärmenetze sowie zur Neuerrichtung von Wärmenetzen empfohlen.
Beteiligungsverfahren startet
Mit der Bekanntgabe der Wärmekarten startet nun auch das öffentliche Beteiligungsverfahren. Bürger*innen, Unternehmen und die Träger öffentlicher Belange haben bis zum 29. Februar 2024 Gelegenheit, ihre Wünsche zur Gestaltung der Wärmeplanung in Hannover einzubringen. Interessierte können sich unter www.hannover.de/waermeplanung-lhh informieren. In der Beteiligungsphase sind Anregungen zur Wärmeversorgung eines Quartiers ebenso gefragt wie Ideen zum Ausbau des Informations- und Beratungsangebots.
Wirtschafts- und Umweltdezernentin Anja Ritschel erwartet eine rege Beteiligung. „In den nächsten Jahren wird jede*r vor der Frage stehen, wie die bestehende Wärmeversorgung ersetzt werden kann. Mit der Beteiligung haben die Bürger*innen die Möglichkeit, sich frühzeitig zu informieren und zu orientieren sowie Anregungen und Vorschläge einzubringen“, erläutert die Dezernentin.
Im Zuge der öffentlichen Beteiligung wird die Stadtverwaltung alle Anregungen prüfen und anschließend eine Drucksache zum Wärmeplan Hannover vorlegen. Diese wird in allen Stadtbezirken und den zuständigen Ratsgremien beraten und vom Rat voraussichtlich im Laufe dieses Jahres entschieden. Der Wärmeplan wird am Ende dieses Prozesses unter anderem auch Fragen wie individuelle Beratungs- und Fördermöglichkeiten beantworten.
Klimaschutzagentur Region Hannover bietet verschiedene Energieberatungen an
„Schon jetzt bietet die Klimaschutzagentur Region Hannover als unsere Partnerin eine Reihe an Heizungs- und Energieberatungen für Hauseigentümer*innen an“, sagt Anja Ritschel und nennt dabei zum Beispiel Online-Energieberatungen zu den Schwerpunktthemen Heizungserneuerung, Wärmepumpe, Photovoltaik und Solarthermie sowie energieeffiziente Sanierung der Gebäudehülle. Die Klimaschutzagentur bietet zudem einen Fördermittel-Kompass für Privathaushalte und wir prüfen laufend den Ausbau der Beratung. „Unsere Wärmeplanung wird also flankiert durch konkrete Beratungsangebote vor Ort und umfangreiche Förderung durch den Bund und den lokalen Förderfonds proKlima“, betont Anja Ritschel.
Hintergrundinformation: Rechtswirkung der kommunalen Wärmeplanung
Grundsätzlich ist die kommunale Wärmeplanung ein informelles, strategisches Instrument ohne rechtliche Außenwirkung. Die Gebietseinteilung in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete zeigt, wie die meisten Gebäude zukünftig am besten mit Wärme aus erneuerbaren Quellen und unvermeidbarer Abwärme versorgt werden können. Eine individuelle, projektbezogene Planung ersetzt die Darstellung nicht.
Für Wärmenetzgebiete besteht die Möglichkeit der verbindlichen Ausweisung per Satzungsbeschluss (Paragraf 26 Wärmeplanungsgesetz). In diesen Fällen greifen in den jeweiligen Satzungsgebieten die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes einen Monat nach Bekanntgabe der Satzungsentscheidung, spätestens am 30. Juni 2026. Gebäudeeigentümer*innen können in Satzungsgebieten von einer zusätzlichen Versorgungsoption mittels Wärmenetzanschluss profitieren.
Das Satzungsgebiet der geltenden Fernwärmesatzung Hannover könnte unter Berücksichtigung der Empfehlungen der vorliegenden Karte erweitert werden. Die Ausweitung des Fernwärmesatzungsgebietes erfordert einen Ratsbeschluss.