Dank einer Stuhltransplantation konnten Ärzte der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) einen Patienten von lebensbedrohlichen Durchfällen heilen.
Obwohl jeder täglich damit zu tun hat, gehört der Darm immer noch zu den größten Tabuthemen beim Gang zum Arzt. Dabei gehört dieser Teil des menschlichen Körpers doch genau so dazu wie alle anderen auch. Ärzten der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der MHH ist es nun dank einer ungewöhnlichen Therapie gelungen, einen Patienten von einer lebensbedrohlichen Durchfallerkrankung zu heilen. Dafür transplantierten sie fremden Stuhl in seinen Darm. Die Bakterien des gesunden Spenders verdrängten den krankheitserregenden Keim Clostridium difficile, der für immer wiederkehrende Infektionen gesorgt hatte.
Übeltäter: Bakterium Clostridium difficile
Die menschliche Darmflora besteht aus Hunderten unterschiedlicher Mikroorganismen. Gerät dieses sensible Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht, können Krankheiten entstehen. Daran kann zum Beispiel die Einnahme von Antibiotika Schuld sein, die die Darmflora durcheinander bringt, oder hartnäckige Erreger wie das als Krankenhauskeim bekannte Bakterium Clostridium difficile. "Clostridium difficile ist einer der aggressivsten Erreger von Durchfallerkrankungen. Trotz Antibiotika bekommt ein Viertel der darunter leidenden Patienten innerhalb weniger Wochen einen Rückfall", erklärt Privatdozent Dr. Oliver Bachmann, Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie.
Stuhltransplantation als neue Therapieform?
So auch der 74-jährige Rolf F. Aufgrund seiner Lungenerkrankung COPD war er im Februar in einem Krankenhaus gewesen - und hatte sich dort vermutlich mit dem Clostridium difficile angesteckt. Danach kamen immer wieder schlimme Durchfälle. "Für genau diese Situation ist die Stuhltransplantation eine vielversprechende Option", sagt Dr. Solbach von der MHH. In Deutschland ist die Stuhltransplantation zwar noch nicht als Therapie zugelassen, sie wird jedoch als individueller Heilversuch an einigen Kliniken durchgeführt. "Dabei wird dem Patienten während einer Darmspiegelung der aufbereitete Stuhl eines gesunden Spenders in den aufsteigenden Teil des Dickdarms gebracht", erklärt der Arzt das Verfahren.
Erfolgsquote: Über 80 Prozent
Hier siedeln sich die übertragenen Bakterien im Darm des Empfängers an. So sorgen sie wieder für ein gesundes Zusammenspiel der Mikroorganismen - die Krankheitserreger können verdrängt werden. Wirklich erforscht ist die Methode noch nicht. So ist beispielsweise noch unbekannt, welche Bakterien oder welcher Mechanismus genau dafür verantwortlich ist, dass Clostridium difficile im Darm zurückgedrängt wird. Die Erfolgsquote ist allerdings sehr hoch: Bei mehr als 80 Prozent der erkrankten Patienten führt sie zu einer Heilung. So auch bei Rolf F., der sich endlich wieder gesund fühlt und seiner geliebten Gartenarbeit nachgehen kann.